Rz. 7

Gemäß § 1629 Abs. 2 S. 1 BGB können die Eltern das Kind nicht vertreten, wenn nach § 1795 BGB auch der Vormund von der Vertretung des Minderjährigen ausgeschlossen wäre. Dies soll den Minderjährigen vor den Folgen möglicher Interessensgegensätze zwischen ihm und seinem gesetzlichen Vertreter schützen.[2]

[2] Palandt/Götz, § 1629 Rn 14; MüKo/Huber, § 1629 Rn 42; Pauli, ZErb 2016, 131, 132.

a) Grundsatz §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 BGB

 

Rz. 8

Die Eltern oder der Vormund dürfen gem. § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB keine Rechtsgeschäfte für den Minderjährigen vornehmen, wenn der jeweilige Ehegatte, Lebenspartner oder ein Verwandter in gerader Linie (z.B. Großeltern etc.) auf der anderen Seite des Rechtsgeschäftes steht. Da die Eltern das Kind gemeinschaftlich vertreten, greifen die Ausschlüsse auch dann, wenn nur ein Elternteil Vertragspartner werden soll oder nur für einen Elternteil die Ausschließungsgründe des § 1975 Abs. 1 BGB gelten.[3]

Gem. § 1795 Abs. 2 BGB bleibt zudem der § 181 BGB unberührt, sodass sowohl die Eltern als auch der Vormund keine Rechtsgeschäfte für den Minderjährigen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten vornehmen dürfen.

[3] Palandt/Götz, § 1629 Rn 14; MüKo/Huber, § 1629 Rn 43; Bamberger/Roth/Veith, § 1629 Rn 28.

aa) Insichgeschäft § 181 1. Alt BGB

 

Rz. 9

Der gesetzliche Vertreter ist von der Vertretung des Minderjährigen ausgeschlossen, wenn er (oder bei mehreren, insbesondere den Eltern, einer von ihnen) sowohl im eigenen Namen als auch im Namen des Kindes handelt (Insichgeschäft gem. § 181 1. Alt BGB). Ein solches Insichgeschäft liegt beispielsweise vor, wenn die Eltern bei der Gründung einer Gesellschaft unter Beteiligung des Minderjährigen zugleich selbst ebenfalls Gesellschafter der Gesellschaft werden sollen.

bb) Mehrfachvertretung § 181 2. Alt BGB

 

Rz. 10

Ein Vertretungsausschluss liegt auch dann vor, wenn der gesetzliche Vertreter im Namen des Minderjährigen und zugleich im Namen eines Dritten Rechtsgeschäfte abschließt (Mehrfachvertretung gem. § 181 2. Alt. BGB). Eine solche kommt beispielsweise in Betracht, wenn der gesetzliche Vertreter bei der Gesellschaftsgründung mehrere Minderjährige vertreten will, zwischen denen somit Rechtsbeziehungen begründet werden.

b) Ausnahme bei Erfüllung einer Verbindlichkeit

 

Rz. 11

Eine Vertretungshandlung des gesetzlichen Vertreters ist gem. §§ 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 2, 181 BGB jedoch wirksam, wenn das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.

c) Ausnahme bei lediglich rechtlichem Vorteil

 

Rz. 12

Eine weitere Ausnahme von den oben dargestellten Grundsätzen des §§ 1795, 181 BGB liegt zudem vor, wenn das Rechtsgeschäft dem vertretenen Kind einen lediglich rechtlichen Vorteil verschafft.[4] Ist das Rechtsgeschäft für das Kind somit lediglich rechtlich vorteilhaft oder zumindest rechtlich neutral, ist der Schutzzweck der Vertretungsbeschränkungen nicht erforderlich, da es sich um eine reine Begünstigung des Kindes handelt, der § 181 BGB wird dann in Anlehnung an § 107 BGB teleologisch reduziert.[5] Der gesetzliche Vertreter ist dann zur Vertretung des Minderjährigen berechtigt.

 

Rz. 13

Ein neutrales Rechtsgeschäft liegt vor, wenn dem Minderjährigen durch das Rechtsgeschäft weder ein rechtlicher Vorteil noch rechtliche Nachteile drohen.[6] Dies sind z.B. Rechtsgeschäfte, die der Minderjährige in Vertretung eines anderen vornimmt (§ 165 BGB) oder die Veräußerung einer fremden Sache an einen gutgläubigen Erwerber (§ 923 BGB).[7]

 

Rz. 14

Für die Praxis bedeutsamer ist jedoch die Definition der lediglich rechtlichen Vorteilhaftigkeit. Ein solcher Vorteil liegt immer dann vor, wenn das Rechtsgeschäft für den Minderjährigen ausschließlich mit Verpflichtungen verbunden ist, für die er nur dinglich mit der erworbenen Sache und nicht persönlich mit seinem sonstigen Vermögen haftet.[8] Es ist allein auf die rechtliche Vorteilhaftigkeit abzustellen, die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist unerheblich.[9]

 

Rz. 15

Ein Schenkungsvertrag (schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft) ist für den Minderjährigen stets lediglich rechtlich vorteilhaft,[10] sodass das dingliche Erfüllungsgeschäft stets in der Erfüllung einer Verbindlichkeit bestehen würde. Gemäß § 181 letzter Hs BGB könnte daher auch das eigentlich rechtlich nachteilige Erfüllungsgeschäft durch den gesetzlichen Vertreter geschlossen werden, ohne die §§ 107, 181 BGB zu umgehen.[11] Dies ist jedoch mit dem bezweckten Minderjährigenschutz unvereinbar, sodass sich der BGH lange Zeit für eine Gesamtbetrachtung des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäftes und des dinglichen Erfüllungsgeschäftes entschied, nach welcher zu beurteilen war, ob die Schenkung insgesamt für den Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft ist.[12]

Diese Gesamtbetrachtung ist zur Wahrung des Abstraktionsprinzips und dem damit verbundenen Schutzbedarf des Minderjährigen mittlerweile weitestgehend von einer teleologischen Reduktion des § 181 letzter Hs. BGB abgelöst worden.[13]

[4] BGH, Beschl. v. 25.11.2004 – V ZB 13/04, NJW 2005, 415, 416 ff.; BGH, Urt. v. 27.9.1972 – IV ZR 225/69, NJW 1972, 2262, 2263; Palandt/Ellenberger, § 107 Rn 1; Palandt/Götz, § 1795 Rn 13.
[5] Staudinger/Schilken, § 181 Rn 32; MüKo/S...

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