Rz. 12

Eine weitere Ausnahme von den oben dargestellten Grundsätzen des §§ 1795, 181 BGB liegt zudem vor, wenn das Rechtsgeschäft dem vertretenen Kind einen lediglich rechtlichen Vorteil verschafft.[4] Ist das Rechtsgeschäft für das Kind somit lediglich rechtlich vorteilhaft oder zumindest rechtlich neutral, ist der Schutzzweck der Vertretungsbeschränkungen nicht erforderlich, da es sich um eine reine Begünstigung des Kindes handelt, der § 181 BGB wird dann in Anlehnung an § 107 BGB teleologisch reduziert.[5] Der gesetzliche Vertreter ist dann zur Vertretung des Minderjährigen berechtigt.

 

Rz. 13

Ein neutrales Rechtsgeschäft liegt vor, wenn dem Minderjährigen durch das Rechtsgeschäft weder ein rechtlicher Vorteil noch rechtliche Nachteile drohen.[6] Dies sind z.B. Rechtsgeschäfte, die der Minderjährige in Vertretung eines anderen vornimmt (§ 165 BGB) oder die Veräußerung einer fremden Sache an einen gutgläubigen Erwerber (§ 923 BGB).[7]

 

Rz. 14

Für die Praxis bedeutsamer ist jedoch die Definition der lediglich rechtlichen Vorteilhaftigkeit. Ein solcher Vorteil liegt immer dann vor, wenn das Rechtsgeschäft für den Minderjährigen ausschließlich mit Verpflichtungen verbunden ist, für die er nur dinglich mit der erworbenen Sache und nicht persönlich mit seinem sonstigen Vermögen haftet.[8] Es ist allein auf die rechtliche Vorteilhaftigkeit abzustellen, die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist unerheblich.[9]

 

Rz. 15

Ein Schenkungsvertrag (schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft) ist für den Minderjährigen stets lediglich rechtlich vorteilhaft,[10] sodass das dingliche Erfüllungsgeschäft stets in der Erfüllung einer Verbindlichkeit bestehen würde. Gemäß § 181 letzter Hs BGB könnte daher auch das eigentlich rechtlich nachteilige Erfüllungsgeschäft durch den gesetzlichen Vertreter geschlossen werden, ohne die §§ 107, 181 BGB zu umgehen.[11] Dies ist jedoch mit dem bezweckten Minderjährigenschutz unvereinbar, sodass sich der BGH lange Zeit für eine Gesamtbetrachtung des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäftes und des dinglichen Erfüllungsgeschäftes entschied, nach welcher zu beurteilen war, ob die Schenkung insgesamt für den Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft ist.[12]

Diese Gesamtbetrachtung ist zur Wahrung des Abstraktionsprinzips und dem damit verbundenen Schutzbedarf des Minderjährigen mittlerweile weitestgehend von einer teleologischen Reduktion des § 181 letzter Hs. BGB abgelöst worden.[13]

[4] BGH, Beschl. v. 25.11.2004 – V ZB 13/04, NJW 2005, 415, 416 ff.; BGH, Urt. v. 27.9.1972 – IV ZR 225/69, NJW 1972, 2262, 2263; Palandt/Ellenberger, § 107 Rn 1; Palandt/Götz, § 1795 Rn 13.
[5] Staudinger/Schilken, § 181 Rn 32; MüKo/Schubert, § 181 Rn 32.
[6] Palandt/Ellenberger, § 107 Rn 7; MüKo/Spickhoff, § 107 Rn 54.
[7] Palandt/Ellenberger, § 107 Rn 7; Staudinger/Klumpp, § 107 Rn 77, 79.
[8] OLG Köln, Beschl. v. 11.6.2003 – 2 Wx 18/03, RNotZ 2003, 515, 517; BGH, Beschl. v. 9.7.1980 – V ZB 16/79, NJW 1981, 109, 110.
[9] BGH, Beschl. v. 25.11.2004 – V ZB 13/04, NJW 2005, 415, 418; Palandt/Ellenberger, § 107 Rn 2.
[10] Palandt/Ellenberger, § 107 Rn 6.
[11] Kölmel, RNotZ 2010, 1, 8 f.
[12] BGH, Beschl. v. 25.11.2004 – V ZB 13/04, NJW 2005, 415, 416 f.; BGH, Beschl. v. 9.7.1980 – V ZB 16/79, NJW 1981, 109, 111; Palandt/Ellenberger, § 107 Rn 6; MüKo/Spickhoff, § 107 Rn 52.
[13] BGH, Beschl. v. 30.9.2010 – V ZB 206/10, FamRZ 2010, 2065, 2066; BGH, Beschl. v. 25.11.2004 – V ZB 13/04, NJW 2005, 415, 416 f.; Staudinger/Schilken, § 181 Rn 32; MüKo/Schubert, § 181 Rn 97.

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