Dipl.-Kfm. Michael Scherer
Rz. 16
Die Ermittlung der Gegenstandswerte zur Berechnung der Anwaltsgebühren für Tätigkeiten des RA in Familiensachen erfolgt nach dem FamGKG. In einem gerichtlichen Verfahren wird gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 RVG der Anwaltsgebührenwert nach genau denselben Vorschriften des FamGKG ermittelt, wie der Wert für die Berechnung der Gerichtsgebühren. Auch wenn entweder keine Gerichtsgebühr oder nur eine Festgebühr für das gerichtliche Verfahren bestimmt ist, wird der Anwaltsgebührenwert nach dem FamGKG berechnet (§ 23 Abs. 1 S. 2 RVG). Selbst wenn der RA nur außergerichtlich tätig wird, richten sich nach § 23 Abs. 1 S. 3 RVG die Anwaltsgebührenwerte nach dem FamGKG, wenn der Gegenstand der Anwaltstätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte.
Merke:
Die Gegenstandswerte zur Berechnung der Anwaltsgebühren werden nach dem FamGKG bestimmt und entsprechen den vom Familiengericht festgesetzten Werten.
I. Allgemeine Wertvorschriften des FamGKG
Rz. 17
Das FamGKG enthält in den §§ 33 bis 42 allgemeine Wertvorschriften. Diese entsprechen weitgehend den allgemeinen Wertvorschriften der §§ 39, 40, 43, 44, 45 und 47 des GKG. Deshalb wird hierzu auch auf die Ausführungen in § 3 Rdn 31 ff. dieses Buches verwiesen.
Wichtige Wertvorschriften des FamGKG stellen sich zu einer kurzen Übersicht zusammengefasst wie folgt dar:
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Mehrere Verfahrensgegenstände werden im selben Verfahren und in derselben Instanz grundsätzlich zusammengerechnet (§ 33 FamGKG). |
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Für den Zeitpunkt der Wertberechnung ist der Tag der Antragstellung für das Verfahren beim Familiengericht entscheidend (§ 34 FamGKG). |
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Bei einer Geldforderung ist deren Höhe für den Wert ausschlaggebend (§ 35 FamGKG), außer in besonderen Fällen, wie z. B. bei Unterhalt. |
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Der Wert einer Genehmigungserklärung bemisst sich nach dem Wert des Gegenstands, um den es geht, jedoch beträgt der Höchstwert einer Genehmigung 1 Million Euro (§ 36 FamGKG). Es sind § 38 GNotKG und andere Bewertungsvorschriften des GNotKG anzuwenden, d. h., Verbindlichkeiten, die auf einem Gegenstand lasten, werden grundsätzlich nicht bei der Bewertung abgezogen. |
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Nebenforderungen wie Zinsen und Kosten dürfen bei der Wertermittlung nicht berücksichtigt werden, es sei denn, es geht nur um solche Nebenforderungen als Hauptsache (§ 37 FamGKG). |
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Wenn antragsgemäß ein Verfahren in Stufen verlaufen soll, ist nur der höchste Wert aus einer der Stufen maßgebend (§ 38 FamGKG); dies entspricht der Stufenklage in der ZPO (§ 44 GKG; siehe hierzu § 3 Rdn 60 ff.). |
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Bei einem Antrag und Widerantrag werden deren Werte addiert, aber nur wenn es um verschiedene Gegenstände geht (§ 39 FamGKG); dies entspricht der Widerklage in der ZPO (§ 45 GKG, siehe hierzu § 3 Rdn 70 ff.). |
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Im Rechtsmittelverfahren kommt es für den Wert grundsätzlich auf den Antrag des Rechtsmittelführers an (§ 40 FamGKG). |
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Bei einstweiligen Anordnungen wird in der Regel die Hälfte des Wertes genommen, der für das Hauptverfahren zu nehmen wäre (§ 41 FamGKG). |
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Sollte ein Wert nach den vorstehenden Vorschriften nicht zu ermitteln sein, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen, also muss er entsprechend der Sachlage angemessen sein. In nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu bestimmen, jedoch darf er in diesem Fall nicht höher als 500.000 Euro sein. Sollte es überhaupt nicht möglich sein, den Wert zu schätzen, ist als Auffangwert ein Wert von 5.000 Euro vorgesehen (§ 42 FamGKG). |
II. Besondere Wertvorschriften des FamGKG
Rz. 18
Die besonderen Wertvorschriften für die Verfahren in Familiensachen sind in den §§ 43 bis 52 FamGKG enthalten. Sie regeln die Ermittlung des Verfahrenswertes bei Sachverhalten, deren Wert sich nicht ohne Weiteres ergibt und deshalb aufgrund einer Wertvorschrift berechnet werden muss.
1. Die Bestimmung des Gegenstandswertes in Ehesachen
Rz. 19
Ehesachen selbst sind nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten. Der Wert des Eheverfahrens bestimmt sich über § 23 Abs. 1 S. 1 RVG nach den §§ 43 und 44 FamGKG.
Die Wertberechnung in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten wird unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen des Gerichts bestimmt (§ 43 Abs. 1 FamGKG). Falls Ihnen diese Formulierung bekannt vorkommt, so liegt das daran, dass Sie eine ähnliche Vorschrift schon bei den Rahmengebühren des § 14 RVG kennen gelernt haben. Wegen der durchzuführenden Überlegungen sei also auch auf § 2 Rdn 111 ff. verwiesen. Jedoch sind diese Überlegungen nicht vollständig übertragbar, sodass im Folgenden insbesondere die Unterschiede dargestellt werden sollen.
Rz. 20
Der Gegenstandswert in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten muss ganz allgemein nach folgendem Schema bestimmt werden, wobei in jedem Einzelfall alle Umstände zu berücksichtigen sind:
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Schema zur Ermittlung des Verfahrenswertes in Ehesachen |
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(1) |
Feststellung eines Ausgangswertes. In Ehesachen ergibt sich dieser im Einzelfall aus dem in den drei Monaten erzielten zusammengerechneten Nettoeinkommen der Eheleu... |