Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
Rz. 9
Ferner kann anlässlich einer konkret anstehenden streitigen Auseinandersetzung noch eine Schiedsvereinbarung geschlossen werden. Weil mit einer derartigen Abrede der Rechtsweg zu den Amts- und Landgerichten endgültig ausgeschlossen wird, sollte sorgfältig geprüft werden, ob für den Streitfall die Nachteile hinreichend abgeschätzt werden können und die Vorteile insgesamt überwiegen.
I. Vor- und Nachteile einer Schiedsvereinbarung
Rz. 10
Die Vor- und Nachteile eines Schiedsverfahrens im Vergleich zu einem Prozess vor einem staatlichen Gericht stellen sich wie folgt dar.
1. Vorteile
Rz. 11
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Der Streit findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, weil im Gegensatz zu den staatlichen Gerichten die Verhandlung nicht öffentlich ist. Dadurch ist auch die Verhandlungsatmosphäre entspannter. |
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Zudem kann die Vertraulichkeit des Verfahrens vereinbart werden. |
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Die Parteien bestimmen die Schiedsrichter. Sie können also Richter mit besonderem Sachverstand benennen, u.U. erübrigt sich dadurch ein Sachverständigengutachten. Die Parteien können einen Schiedsrichter auch absetzen. |
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Die Parteien können den Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens vereinbaren. Das Schiedsgericht kann daher auch ein neutrales Forum bieten, das keiner Partei einen "Heimvorteil" gibt. |
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Das Verfahren bestimmen die Parteien weitestgehend selbst; z.B. hinsichtlich der Verhandlungssprache, des Erfordernisses einer mündlichen Verhandlung oder in Bezug auf das anzuwendende Recht. |
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Das Verfahren kann wesentlich schneller ablaufen als vor den staatlichen Gerichten, insbesondere, weil es regelmäßig nur eine Instanz gibt. |
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Bei Verfahren mit hohem Streitwert kann das Schiedsverfahren kostengünstiger sein. |
2. Nachteile
Rz. 12
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Die Vereinbarung, dass im Streitfall ein Schiedsgericht zu entscheiden hat, wird oft vertraglich durch die wirtschaftlich stärkere Vertragspartei vorgegeben, sodass die andere Partei nicht immer vom Schiedsverfahren überzeugt ist. |
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Die Parteien verlieren ihren Anspruch auf rechtliches Gehör vor einem staatlichen Gericht. Die Parteien geben ihren Anspruch auf eine Entscheidung durch ein staatliches Gericht auf. |
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Bedenklich kann sein, dass jede Partei einen Schiedsrichter benennt. Den Richtern fehlt daher nicht selten die innere Unabhängigkeit. Wenn auch Ablehnungsmöglichkeiten bestehen, ist dennoch nicht gewährleistet, dass eine unparteiische Entscheidung erfolgen wird. |
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Verfahrensregeln können beschränkt werden, z.B. dass keine anderen Beweismittel als Urkunden zugelassen werden. Dadurch wird möglicherweise die Wahrheitsfindung begrenzt. |
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Es gibt keine Berufung, sondern nur einen Aufhebungsantrag und Einwendungen im Vollstreckbarkeitsverfahren. Es gibt also nur eine Instanz. Dadurch wird die Gefahr von nicht korrigierbaren falschen Urteilen erhöht. |
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Die Verfahrenskosten können in Einzelfällen höher ausfallen als vor staatlichen Gerichten. |
II. Urteilswirkung
Rz. 13
Der Schiedsspruch wirkt zwischen den Parteien wie ein rechtskräftiges zivilrichterliches Urteil, § 1055 ZPO. Sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, entscheidet das Schiedsgericht auch darüber, zu welchem Anteil die Parteien die Kosten (insbesondere auch Rechtsanwaltsgebühren) zu tragen haben, § 1057 ZPO. Die Kostenentscheidung trifft das Schiedsgericht nach pflichtgemäßem Ermessen. Der Ausgang des Verfahrens, also das Obsiegen und Unterliegen, spielt dabei eine wesentliche Rolle.
III. Vollstreckung des Urteils
Rz. 14
Schiedssprüche, die von einem deutschen Schiedsgericht gefällt worden sind, haben zunächst nur feststellenden Charakter. Um daraus die Zwangsvollstreckung betreiben zu können, muss der Spruch von einem staatlichen Gericht für vollstreckbar erklärt werden, § 1060 ZPO. Dazu ist ein entsprechender Antrag an das vertraglich vereinbarte Oberlandesgericht zu richten. Haben sich die Parteien in der Schiedsvereinbarung nicht auf ein bestimmtes Oberlandesgericht geeinigt, bestimmt sich seine Zuständigkeit danach, in welchem Bezirk der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens liegt, § 1062 ZPO.