Rz. 39

Mit Rechtskraft der Scheidung wird eine letztwillige Verfügung, durch die der Erblasser seinen Ehegatten bedacht hat, unwirksam, § 2077 Abs. 1 S. 1 BGB, es sei denn, dass anzunehmen ist, der Erblasser hat die Verfügung auch für diesen Fall getroffen, § 2077 Abs. 3 BGB. § 2077 BGB erweitert damit die Fälle der Unwirksamkeit eines Testaments – mit Geltung auch für das gemeinschaftliche Testament gem. § 2268 BGB[47] – und ergänzt damit die allgemeinen Regeln über die Nichtigkeit von Verfügungen von Todes wegen (wegen Formverstoßes: § 125 BGB, wegen Gesetzesverstoßes: § 134 BGB, wegen Sittenwidrigkeit: § 138 BGB). Das Gleiche gilt für ein gemeinschaftliches Testament unter eingetragenen Lebenspartnern bei Aufhebung der Lebenspartnerschaft, § 10 Abs. 5 LPartG.

 

Rz. 40

Entgegen dem Wortlaut von § 2077 Abs. 1 S. 1 und § 2077 Abs. 2 BGB ("ist unwirksam") handelt es sich nach ganz überwiegender Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum um eine dispositive Auslegungsregel und nicht um eine gesetzliche Vermutung; dies ergibt sich klar aus § 2077 Abs. 3 BGB.[48] Für die Kautelarpraxis wird empfohlen, bei der Gestaltung letztwilliger Verfügungen zugunsten des Ehegatten ausdrücklich zu bestimmen, dass die Verfügungen den Bestand der Ehe bis zum Tod des erstversterbenden Ehegatten voraussetzen – oder eben auch im Falle des Scheiterns der Ehe gelten sollen.[49]

[47] Bleibt ein gemeinschaftliches Testament gem. § 2268 Abs. 2 BGB allerdings wirksam, so kann es, sofern es wechselbezüglich ist, auch nach der Scheidung der Testatoren nicht mehr geändert werden. Dazu BGH: Über § 2268 Abs. 2 BGB fortgeltende wechselbezügliche Verfügungen behalten auch nach Scheidung der Ehe ihre Wechselbezüglichkeit und können nicht gemäß § 2271 Abs. 1 S. 2 BGB durch einseitige Verfügung von Todes wegen aufgehoben werden (BGH, Urt. v. 7.7.2004 – IV ZR 187/03, FamRZ 2004, 1565 = ZErb 2004, 319 = ZEV 2004, 423 = NJW 2004, 3113 = Rpfleger 2004, 626 = DNotI-Report 2004, 146 = FamRB 2004, 362).
[48] BGH FamRZ 2003, 870, 871; OLG Zweibrücken NJW-RR 1998, 941; BayObLG NJW-RR 1993, 12 und 1997, 8.
[49] Reimann/Bengel/Mayer/J. Mayer, Testament und Erbvertrag, Teil D Rn 12; J. Mayer, ZEV 1997, 280, 282.

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