I. Antrag auf Ehescheidung oder -aufhebung
Rz. 24
Ein formal richtig gestellter und durch Zustellung rechtshängig gewordener Scheidungs- oder Eheaufhebungsantrag ist Voraussetzung für den Ausschluss des gesetzlichen Ehegattenerbrechts, §§ 124, 133 FamFG, §§ 253, 261 ZPO. Die Gleichstellung mit den Rechtsfolgen einer rechtskräftigen Auflösung der Ehe beruht auf der Überlegung, dass die Beteiligung des überlebenden Ehegatten am Nachlass nach Rechtshängigkeit eines auf Beendigung der Ehe gerichteten gerichtlichen Verfahrens nicht mehr von dem Zufall abhängen soll, ob der Erblasser die Rechtskraft eines eheauflösenden Urteils noch erlebt, § 131 FamFG. Es entspricht deshalb dem mutmaßlichen Willen des Erblassers, den Ausschluss des gesetzlichen Erbrechts des Ehegatten schon an die auf Ehescheidung gerichteten Prozesshandlungen des Erblassers zu knüpfen.
Rz. 25
Kein Antrag i.S.v. § 1933 BGB stellt der reine Verfahrenskostenhilfeantrag dar.
Rz. 26
Bei einverständlicher Scheidung ist streitig, ob die Einigung gem. § 133 Abs. 1 Nr. 2 FamFG Voraussetzung für den Ausschluss des Erbrechts gem. § 1933 BGB ist. Teilweise wird vertreten, ohne Einigung über die Folgesachen (§ 133 Abs. 1 Nr. 2 FamFG) und allein auf der Basis der Zerrüttungsvermutung komme ein Ausschluss des gesetzlichen Ehegattenerbrechts nicht in Betracht. Andererseits wird vertreten, auf die Einigung i.S.v. § 133 Abs. 1 Nr. 2 FamFG komme es nicht an, weil diese Voraussetzung in § 1933 BGB nicht genannt sei.
II. Vorliegen der Scheidungsvoraussetzungen
Rz. 27
Als weitere Voraussetzung für den Ausschluss des Ehegattenerbrechts verlangt § 1933 BGB das Vorliegen eines Scheidungsgrundes (§§ 1565–1568 BGB). Die Ehe muss gescheitert sein; die Voraussetzungen des § 1565 BGB müssen für den Zeitpunkt des Erbfalls vorliegen. Für die Prognose, ob zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen einer Scheidung der Ehe vorgelegen haben, kann auf die unwiderlegliche Vermutung des § 1566 Abs. 1 BGB abgestellt werden.
Rz. 28
Das Erbrecht des überlebenden Ehegatten ist gem. § 1933 BGB nur dann ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Todes des antragstellenden Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt hatte. Hatte ein Erblasser zwar die Scheidung beantragt, kann allerdings nicht festgestellt werden, dass bei seinem Tod die Voraussetzungen der Scheidung gegeben waren, so beurteilt sich dies nach § 1565 BGB. Nach dessen Abs. 1 S. 1 kann eine Ehe geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Nach S. 2 der Vorschrift ist die Ehe dann gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen.
Ist jedoch die Prognose nicht gerechtfertigt, die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft sei nicht zu erwarten, so liegen die Scheidungsvoraussetzungen nicht vor.
III. Anwendung ausländischen Scheidungs- und Trennungsrechts
1. Rom III-VO – Scheidungsstatut
Rz. 29
Seit 21.6.2012 ist die Rom III-Verordnung in allen EU-Mitgliedstaaten in Kraft, so dass gem. Art. 8a) dieser Verordnung für die Ehescheidung das Recht des Staates, in welchem beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anwendung findet.
Hinweise
Die Rom III-VO ist am 21.6.2012 in Kraft getreten:
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Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20.12.2010 zur Durchführung einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts |
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Scheidungsstatut: Recht des gemeinsamen Aufenthalts-Staates |
2. Beachtung ausländischer Rechtshängigkeit analog § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO
Rz. 30
Ist vor einem deutschen Gericht ein Streitgegenstand bereits rechtshängig, so steht einer erneuten Rechtshängigkeit gem. § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO der Einwand der früheren Rechtshängigkeit entgegen. Damit hat dasjenige Gericht über den Rechtsstreit zu entscheiden, bei dem der Rechtsstreit früher anhängig gemacht wurde.
Die später bei einem anderen Gericht bzgl. desselben Streitgegenstandes und zwischen denselben Parteien erh...