Rz. 12

Wie bereits angesprochen (vgl. § 10 Rdn 34 ff.), besteht bei der Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft oftmals die Problematik, dass der Erblasser sich zum einen bereits festlegen muss, wen er zum Nacherben bestimmt, er zum anderen aber möglicherweise noch gar nicht weiß, ob diese Personen später tatsächlich auch als Nachfolger geeignet sind und seinen Vorstellungen entsprechen. In der Literatur wurde daher unter dem Stichwort "Dieterle-Klausel"[16] die Problematik diskutiert, inwieweit die Vor- und Nacherbschaft so geregelt werden kann, dass zum Nacherben derjenige bestimmt wird, den der Vorerbe zu seinem eigenen Erben (seines Eigenvermögens) bestimmt.[17] Das OLG Frankfurt/Main hat eine solche Formulierung, dass Nacherbe derjenige wird, der auch Erbe des Vorerben wird, als unzulässig erachtet.[18] In einem aktuellen Beschluss hat das OLG Hamm allerdings in der Bestimmung des Ersatzerben dergestalt, dass dies der (gewillkürte) Rechtsnachfolger des Erben sein soll, keinen Verstoß gegen § 2065 BGB angenommen.[19]

 

Rz. 13

Die Problematik besteht bei derartigen Klauseln darin, dass es gemäß § 2075 BGB grundsätzlich zulässig ist, eine Zuwendung und somit auch den Eintritt einer Nacherbfolge an eine auflösende Bedingung zu knüpfen. Zulässig ist es darüber hinaus, dass der Eintritt dieser Bedingung vom Willen des Bedachten abhängig sein kann (Potestativbedingung).[20]

Verfügt der Erblasser dergestalt, dass er die Nacherbfolge unter die auflösende Bedingung stellt, dass der Vorerbe insgesamt nicht anderweitig verfügt, so ist dies durch die Rechtsprechung als zulässig anerkannt.[21] Wird hingegen die Bestimmung des Nacherben insgesamt vom Willen eines anderen abhängig gemacht, so ist gemäß der Entscheidung des OLG Frankfurt von einem Verstoß gegen § 2065 Abs. 2 BGB auszugehen, da in diesem Fall die Person des Nacherben, wenn auch nur mittelbar, frei zur Disposition des Vorerben stünde. Der Nacherbe wäre danach derjenige, den der Vorerbe zum Erben seines freien Vermögens bestimmt. Insoweit hätte es der Vorerbe völlig frei in der Hand, wer Nacherbe werden würde. Es ist daher dem Rat Kanzleiters zu folgen, bis zu einer gesicherten Rechtsprechung auf eine derartige Gestaltung zu verzichten und lieber den Weg über die Vermächtnislösung nach §§ 2151 ff. BGB zu gehen.[22]

Allenfalls kann eine Gestaltung über die auflösend bedingte Nacherbfolge empfohlen werden. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 14.7.1972[23] jedenfalls festgestellt, dass die auflösende Bedingung für die Nacherbeneinsetzung bei mehreren Nacherben auch nur für einzelne möglich ist, was in der Literatur zu der Auffassung geführt hat, dass hinsichtlich des weggefallenen Nacherbenanteils Anwachsung bei den übrigen Nacherben angeordnet werden kann.[24]Frank[25] macht dazu folgenden Formulierungsvorschlag:

 

Rz. 14

Muster 11.1: Auflösend bedingte Nacherbfolge

 

Muster 11.1: Auflösend bedingte Nacherbfolge

Zum Vorerben bestimme ich meine Ehefrau _________________________. Nacherben sind meine Kinder _________________________ und _________________________. Die Einsetzung als Nacherben entfällt, wenn dieser nicht auch als Erbe des Vorerben berufen wird (auflösende Bedingung). In diesem Fall wächst der Nacherbenanteil den anderen Nacherben zu gleichen Teilen an. Soweit eine solche auflösend bedingte Nacherbeneinsetzung als rechtlich unzulässig angesehen wird, soll die gesamte Anordnung der Nacherbfolge entfallen, wenn der Vorerbe letztwillige Verfügungen trifft und durch diese keine anderen Personen als unsere gemeinsamen Kinder bedacht sind.

[16] Dieterle, BWNotZ 1971, 15.
[17] Vgl. Wagner, ZEV 1998, 255; kritisch J. Mayer, ZEV 1995, 247.
[18] OLG Frankfurt/Main FamRZ 2000, 1667; a.A. und kritische Anmerkung Ivo, DNotZ 2002, 260.
[20] Staudinger/Otte, § 2065 Rn 27.
[21] Vgl. etwa OLG Hamm MittBayNot 2000, 47; BayObLG ZEV 2001, 483; BGHZ 59, 220.
[22] Kanzleiter, DNotZ 2001, 149.
[23] BGHZ 59, 220.
[24] Frank, MittBayNot 1987, 235; Staudinger/Otte, § 2065 Rn 23.
[25] Frank, MittBayNot 1987, 235.

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