1. Allgemeines
Rz. 54
Der Erblasser kann gemäß § 2136 BGB die Beschränkungen des Vorerben hinsichtlich des Nachlasses teilweise aufheben. Zu unterscheiden ist zwischen einer Beschränkung, z.B. einem Verfügungsverbot (§ 2113 Abs. 1 BGB), und einer Verpflichtung, z.B. der Verpflichtung zur Rechnungslegung (§ 2130 BGB). Im Einzelnen kann der Vorerbe von folgenden Vorschriften sowohl alternativ als auch kumulativ befreit werden:
2. Befreiung vom Verfügungsverbot über Grundstücke
Rz. 55
Gemäß § 2113 Abs. 1 BGB kann der Vorerbe von dem Verbot, über ein Grundstück oder ein Recht an demselben zu verfügen, befreit werden. Gleiches gilt für eingetragene Schiffe und Schiffsbauwerke. Von dem Verfügungsverbot umfasst sind alle dinglichen Rechte, die im Grundbuch eingetragen werden müssen. Die Unwirksamkeit einer dennoch getätigten Verfügung tritt allerdings erst mit Eintritt des Nacherbfalls ein. Schwierigkeiten bestehen z.B. dann, wenn sich ein Grundstück im Gesamthandsvermögen befindet und dieses auf den Vorerben übergeht.
Rz. 56
Muster 11.10: Befreiung vom Verfügungsverbot über Grundstücke und Grundstücksrechte
Muster 11.10: Befreiung vom Verfügungsverbot über Grundstücke und Grundstücksrechte
Befinden sich zum Zeitpunkt des Erbfalls Grundstücke in meinem Nachlass, dann sind die Vorerben vom Verbot der Verfügung über Grundstücke oder einem Recht an einem Grundstück gemäß § 2113 BGB ausdrücklich von dieser Beschränkung befreit. Gleiches gilt für ein vorhandenes Erbbaurecht oder eine Eigentumswohnung (§ 1 WEG). Im Übrigen bleibt es jedoch in vollem Umfang bei den gesetzlichen Beschränkungen und Verpflichtungen des Vorerben.
3. Verfügungsbeschränkung hinsichtlich Hypothekenforderungen und Grundschulden; Befreiung von der Hinterlegung von Wertpapieren und Bargeld (§§ 2114, 2116, 2119 BGB)
Rz. 57
Während in der Praxis das Verfügungsverbot über Grundstücke geläufig ist, machen sich viele Erblasser über die sonstigen Beschränkungen und Verpflichtungen wenig Gedanken. Ihre Auswirkungen sind jedoch, wenn sie in der Praxis wirklich umgesetzt werden, von weitreichender Bedeutung. Sie führen in der Tat zu dem berechtigten Vergleich, dass der Vorerbe keine bessere Stellung als der Nießbraucher hat.
Rz. 58
Nach § 2114 BGB ist der Vorerbe grundsätzlich berechtigt, Hypothekenforderungen, Grundschulden oder Rentenschulden zu kündigen und einzuziehen, wobei das Kapital nur mit Zustimmung des Nacherben an ihn ausgezahlt und ansonsten für ihn und den Nacherben hinterlegt wird. Ähnlich verhält es sich mit den im Nachlass befindlichen Wertpapieren und mit Barvermögen.
Nach § 2116 BGB hat der Vorerbe auf Verlangen des Nacherben Wertpapiere mit der Bestimmung zu hinterlegen, dass diese nicht ohne Zustimmung des Nacherben ausgehändigt werden. Erfolgt keine Hinterlegung, kann der Vorerbe im Rahmen der §§ 2112 ff. BGB hierüber verfügen. Zu den hinterlegungspflichtigen Papieren zählen im Einzelnen Inhaberpapiere und Orderpapiere, nicht aber Legitimationspapiere wie z.B. Sparkassenbücher oder Pfandscheine.
Rz. 59
Um dem Nacherben auch das Kapital zu erhalten, ist das zum Nachlass gehörende Geld entsprechend den Vorschriften der §§ 1806 ff. BGB anzulegen (§ 2119 BGB). Das gilt auch für Geld, das als Surrogat erworben wurde. § 2119 BGB bezieht sich allerdings nur auf das Barvermögen, welches nach den Regeln der ordnungsgemäßen Wirtschaft anzulegen ist. Wann dies der Fall ist, ist nicht ausdrücklich geregelt und im Einzelfall nach objektiven Kriterien zu entscheiden.
Ist vom Erblasser nicht gewollt, den Vorerben in seiner Verfügungsmöglichkeit derart zu beschränken und soll auch kein Streit provoziert werden, dann ist es durchaus sinnvoll, diese Beschränkungen ausdrücklich auszuschließen.
Rz. 60
Muster 11.11: Befreiung von der Hinterlegungs- und Anlegungspflicht hinsichtlich Wertpapieren und Barvermögen
Muster 11.11: Befreiung von der Hinterlegungs- und Anlegungspflicht hinsichtlich Wertpapieren und Barvermögen
Der Vorerbe ist ausdrücklich von den §§ 2116, 2118 und 2119 BGB, der Pflicht, Wertpapiere zu hinterlegen und das im Nachlass befindliche oder aufgrund Surrogats erlangte Geld gemäß den Vorschriften der §§ 1806 ff. BGB anzulegen, befreit. Im Übrigen bleibt es in vollem Umfang bei den gesetzlichen Beschränkungen des Vorerben.
4. Befreiung von ordnungsgemäßer Verwaltung und Rechnungslegung
Rz. 61
Nach der Vorschrift des § 2130 BGB kann vom Gebot ordnungsmäßiger Verwaltung und der damit verbundenen Rechnungslegungspflicht, ebenso von der Haftung gemäß § 2131 BGB befreit werden, mit der Folge, dass der insoweit befreite Vorerbe entsprechend der Regelung des § 2138 Abs. 1 BGB auch nur die bei ihm noch vorhandenen Erbschaftsgegenstände herauszugeben hat, dem Nacherben aber nach Eintritt des Nacherbfalls bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2138 Abs. 2 BGB zum Schadensersatz verpflichtet ist.
5. Befreiung von der Verpflichtung zum Wertersatz, § 2134 BGB
Rz. 62
Außerdem kann der Erblasser den Vorerben von der Verpflichtung zum We...