Norbert Schneider, Lotte Thiel
a) Überblick
Rz. 46
Auch in einstweiligen Anordnungsverfahren kann eine Terminsgebühr entstehen. Sie kommt sowohl unter den Voraussetzungen der Vorbem. 3 Abs. 3 VV als auch in den Fällen der Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV in Betracht.
b) Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV
aa) Gerichtlicher Termin
Rz. 47
Unter den Voraussetzungen der Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV entsteht eine 1,2-Terminsgebühr, wenn das Gericht über den Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung mündlich erörtert oder verhandelt.
Beispiel 36: Einstweilige Anordnung mit Erörterung
Der Kindesvater beantragt den Erlass einer einstweiligen Anordnung zum Umgangsrecht. Über die einstweilige Anordnung wird im Termin erörtert. Der Verfahrenswert wird auf 1.500,00 EUR festgesetzt.
Es entsteht neben der Verfahrensgebühr auch eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
149,50 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
138,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
307,50 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
58,43 EUR |
Gesamt |
|
365,93 EUR |
Rz. 48
Die Terminsgebühr entsteht unabhängig davon, ob vor der Entscheidung mündlich verhandelt wird oder erst auf Antrag nach § 54 Abs. 2 FamFG.
Beispiel 37: Einstweilige Anordnung mit nachträglicher mündlicher Verhandlung
Der Kindesvater beantragt den Erlass einer einstweiligen Anordnung zum Umgangsrecht, die ohne mündliche Verhandlung ergeht. Auf Antrag der Kindesmutter gem. § 54 Abs. 2 FamG wird mündlich verhandelt. Der Verfahrenswert wird auf 1.500,00 EUR festgesetzt.
Jetzt ist die Terminsgebühr zunächst nicht angefallen, da die Anordnung ohne mündliche Verhandlung ergangen ist (siehe Rdn 51). Die Terminsgebühr ist jedoch entstanden, nachdem mündlich verhandelt worden ist. Da insoweit nur eine Angelegenheit vorliegt, entsteht keine neue Verfahrensgebühr.
Abzurechnen ist wie in im vorangegangenen Beispiel.
Rz. 49
Die Terminsgebühr kann auch aus einem geringeren Wert als die Verfahrensgebühr anfallen.
Beispiel 38: Einstweilige Anordnung mit mündlicher Verhandlung über geringeren Wert
Die Kindesmutter beantragt eine einstweilige Anordnung auf zukünftigen Unterhalt in Höhe von 500,00 EUR monatlich. Das Gericht erlässt die einstweilige Anordnung ohne mündliche Verhandlung über Unterhalt in Höhe von 300,00 EUR monatlich. Der Ehemann beantragt nach § 54 Abs. 2 FamG aufgrund mündlicher Verhandlung neu zu entscheiden.
Geht man vom hälftigen Wert der einstweiligen Anordnung aus (siehe Rdn 32 ff.), ergibt sich ein Verfahrenswert von 3.000,00 EUR. Die Terminsgebühr wäre dann nur aus 1.800,00 EUR entstanden.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
261,30 EUR |
|
(Wert: 3.000,00 EUR) |
|
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
180,00 EUR |
|
(Wert: 1.800,00 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
461,30 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
87,65 EUR |
Gesamt |
|
548,95 EUR |
bb) Besprechung mit dem Gegner oder einem Dritten
Rz. 50
Die Terminsgebühr entsteht auch unter den Voraussetzungen der Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV, also bei Mitwirkung an einer Besprechung zur Erledigung des Verfahrens. Dies galt auch schon vor Änderung der Vorbem. 3 Abs. 3 VV, da der BGH davon ausgeht, dass es sich wegen der Vorschrift des § 54 Abs. 2 FamFG bei einem einstweiligen Anordnungsverfahren um ein Verfahren mit obligatorischer mündlicher Verhandlung handelt.
Beispiel 39: Einstweilige Anordnung mit Besprechung
Der Kindesvater beantragt den Erlass einer einstweiligen Anordnung zum Umgangsrecht. Nach Zustellung des Antrags führt der Anwalt des Antragsgegners mit dem Anwalt des Antragstellers eine Besprechung zur Erledigung des Verfahrens. Da eine Einigung nicht zustande kommt, entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung.
Die Terminsgebühr ist jetzt gem. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV entstanden.
Abzurechnen ist wie im Beispiel 38.
c) Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV
aa) Entscheidung im schriftlichen Verfahren
Rz. 51
Eine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV bei einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren kommt hier ebenfalls in Betracht, da nach der Rspr. des BGH eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist.
Rz. 52
Im Falle einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung muss es sich aber um eine solche handeln, die aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ergeht. Kann das Gericht aus anderen Gründen ohne mündliche Verhandlung entscheiden – insbesondere im Fall des § 51 Abs. 2 S. 2 FamFG –, kommt eine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV nicht in Betracht. Daher hat diese Variante in der Praxis kaum Bedeutung.
Beispiel 40: Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (I)