Norbert Schneider, Lotte Thiel
I. Überblick
Rz. 6
Die Gegenstandswerte in einstweiligen Anordnungsverfahren richten sich gem. § 23 Abs. 1 S. 1 RVG nach den Wertvorschriften des FamGKG. Insoweit sieht das Gesetz im Gegensatz zum früheren Recht davon ab, besondere Wertvorschriften für die jeweiligen einstweiligen Anordnungsverfahren vorzugeben. In einstweiligen Anordnungsverfahren ist daher grundsätzlich vom jeweiligen Wert der Hauptsache auszugehen.
Rz. 7
Soweit die einstweilige Anordnung allerdings eine geringere Bedeutung gegenüber der Hauptsache hat, ist von einem geringeren Wert auszugehen. Der Hauptsachewert ist dann entsprechend der geringeren Bedeutung zu ermäßigen (§ 41 S. 1 FamGKG).
Rz. 8
Fehlen Anhaltspunkte für eine konkrete Ermäßigung, ist vom hälftigen Wert der Hauptsache auszugehen (§ 41 S. 2 FamGKG).
Rz. 9
Die Hälfte der Hauptsache oder ein anderweitig ermäßigter Wert darf dabei aber nicht grundsätzlich angesetzt werden. Zu prüfen ist vielmehr stets, ob das einstweilige Anordnungsverfahren tatsächlich eine geringere Bedeutung als die Hauptsache hat. Davon ist nicht auszugehen, wenn die einstweilige Anordnung die Hauptsache faktisch vorwegnimmt (hierzu siehe insbesondere Rdn 34, 37).
II. Einzelfälle
1. Ehewohnungssachen
Rz. 10
Soweit das einstweilige Anordnungsverfahren eine geringere Bedeutung hat (§ 41 S. 1 FamGKG), ist grundsätzlich vom hälftigen Wert der Hauptsache auszugehen (§ 41 S. 2 FamGKG). Bei Ansprüchen nach § 1361b BGB ist folglich von einem Regelwert in Höhe von 1.500,00 EUR auszugehen und bei Ansprüchen nach § 1568a BGB von 2.000,00 EUR.
Beispiel 5: Einstweilige Anordnung Ehewohnung für die Zeit der Trennung
Der Anwalt beantragt für seinen Mandanten beim FamG im Wege der einstweiligen Anordnung die Überlassung der Ehewohnung für die Zeit der Trennung.
Auszugehen ist gem. §§ 48 Abs. 1, 41 FamGKG grundsätzlich von einem Wert in Höhe von 1.500,00 EUR.
Beispiel 6: Einstweilige Anordnung Ehewohnung für die Zeit nach der Scheidung
Der Anwalt beantragt für seinen Mandanten beim FamG im Wege der einstweiligen Anordnung die Überlassung der Ehewohnung für die Zeit nach der Scheidung.
Auszugehen ist gem. §§ 48 Abs. 1, 41 FamGKG grundsätzlich von einem Wert in Höhe von 2.000,00 EUR.
Rz. 11
Kommt die Überlassung der Ehewohnung aufgrund einstweiliger Anordnung dagegen einer Hauptsacheentscheidung gleich oder nimmt es diese faktisch vorweg, ist kein Grund mehr für eine Ermäßigung gegeben, so dass vom Hauptsachewert auszugehen ist.
Rz. 12
In einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffend die Überlassung der Ehewohnung bleibt es auch dann gem. § 41 FamGKG bei dem ermäßigten Verfahrenswert für das einstweilige Anordnungsverfahren, wenn die Beteiligten im Rahmen des summarischen Verfahrens einen Vergleich über die dauerhafte Wohnungsüberlassung schließen. Es liegt dann allerdings ein Mehrwert in Höhe der Hauptsache vor (siehe unter Rdn 60).
Beispiel 7: Einstweilige Anordnung Ehewohnung mit Vergleich zur Hauptsache
Der Anwalt beantragt für seinen Mandanten beim FamG im Wege der einstweiligen Anordnung die Überlassung der Ehewohnung für die Zeit der Trennung. Im Termin zur mündlichen Verhandlung schließen die Beteiligten einen Vergleich, in dem sie die Überlassung für die gesamte Trennungszeit endgültig regeln.
Das Verfahren hat einen Wert von 1.500,00 EUR. Der Vergleich hat dagegen einen (Mehr-)Wert in Höhe von 3.000,00 EUR.
Rz. 13
Wird hier in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anlässlich der Trennung sogar eine endgültige Regelung für die Zeit nach der Scheidung getroffen, liegt ein weiterer Mehrwert vor (siehe auch § 7 Rdn 96).
Beispiel 8: Einstweilige Anordnung Ehewohnung für die Zeit der Trennung mit Vergleich für Trennungs- und Nachscheidungszeit
Der Anwalt beantragt für seinen Mandanten beim FamG im Wege der einstweiligen Anordnung die Überlassung der Ehewohnung für die Zeit der Trennung. Im Termin zur mündlichen Verhandlung schließen die Beteiligten einen Vergleich, in dem sie die Überlassung für die gesamte Trennungszeit und die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung endgültig regeln.
Das Verfahren hat einen Wert von 1.500,00 EUR. Der Vergleich hat dagegen einen (Mehr-)Wert in Höhe von (3.000,00 EUR + 4.000,00 EUR =) 7.000,00 EUR.
2. Elterliche Sorge
Rz. 14
Gem. § 41 FamGKG ist grundsätzlich vom hälftigen Wert der Hauptsache auszugehen, so dass sich ein Regelwert von 1.500,00 EUR ergibt, der je nach den Umständen des Einzelfalls aber auch höher oder niedriger festgesetzt werden kann.
Beispiel 9: Einstweilige Anordnung zur elterlichen Sorge
Der Anwalt beantragt für seinen Mandanten beim FamG im Wege der einstweiligen Anordnung eine Regelung zur elterlichen Sorge.
Auszugehen ist gem. §§ 45 Abs. 1 Nr. 1, 41 FamGKG grundsätzlich von einem Wert in Höhe von 1.500,00 EUR.
Rz. 15
Dieser Wert gilt grundsätzlich auch in Abänderungsverfahren.
Rz. 16
Werden mehrere Anträge zu Teilbereichen der elterlichen Sorge gestellt, führt dies grundsätzlic...