Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
Rz. 101
Ein Zeitstempel (time-stamp) dient dazu, ein Ereignis (wie z.B. den Zugang eines Schriftstücks) einem eindeutigen Zeitpunkt zuzuordnen. Ein Klassiker im herkömmlichen Sinn ist der Posteingangsstempel, der jedoch nicht die Uhrzeit, sondern lediglich das Datum des Posteingangs festhält. Zeitstempel können auch zur revisionssicheren E-Mail-Archivierung eingesetzt werden. Es kann so besser nachgewiesen werden, wann etwas einem Archiv hinzugefügt wurde und dass ab diesem bestimmten Zeitpunkt keine Veränderung mehr erfolgt ist. Mit Blick auf die e-Discovery-Verfahren in den USA ist damit zu rechnen, dass auch in Deutschland im Hinblick auf die Beweiskraft-Notwendigkeit von E-Mail-Verfahren und anderer elektronischer Korrespondenz für Gerichtsverfahren Entwicklungen in diese Richtung fortschreiten. Eine Archivierung des Mail-Verkehrs sollte gesetzeskonform, revisionssicher und automatisch nach GoBD (= Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff; ersetzt GDPdU und GoBS), HGB, AO, Basel II sowie BSI TR 03125, dem höchsten deutschen Standard, erfolgen.
Rz. 102
Im elektronischen Bereich dienen digitale Zeitstempel nichts anderem, weshalb es wichtig ist, dass diese bestimmte Standards erfüllen, um eine entsprechende Beweiskraft zu haben (Unveränderbarkeit!). Das time-stamp protocol RFC 3161 und RFC 5816 regelt die Übertragung der Informationen eines Zeitstempeldienstes im Internet.
Rz. 103
Wegen der global unterschiedlichen Zeitzonen werden Zeitstempel im Internet entweder generell in der koordinierten Weltzeit UTC angegeben oder mit einer Angabe ergänzt, welche lokale Abweichung zur Weltzeitzone besteht, sodass Zeitstempel in verschiedene lokale Zeiten umgerechnet werden können. Man kennt dies auch von E-Mails, wo grundsätzlich in Deutschland die Zeit nach MEZ (Mitteleuropäische Zeit = UTC + 1 Stunde) oder MESZ (Mitteleuropäische Sommerzeit = UTC + 2 Stunden) mit angegeben wird.
Rz. 104
Gem. Art. 42 eIDAS-VO müssen "qualifizierte elektronische Zeitstempel" mindestens folgende Anforderungen erfüllen:
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Sie verknüpfen Datum und Zeit so mit Daten, dass die Möglichkeit der unbemerkten Veränderung der Daten nach vernünftigem Ermessen ausgeschlossen ist. |
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Sie beruhen auf einer korrekten Zeitquelle, die mit der koordinierten Weltzeit verknüpft ist. |
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Sie werden mit einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur unterzeichnet oder einem fortgeschrittenen elektronischen Siegel des qualifizierten Vertrauensdiensteanbieters versiegelt oder es wird ein gleichwertiges Verfahren verwendet. |
Rz. 105
Aufsichtsführende Behörde ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 lit. a VDG die Bundesnetzagentur. Dabei hat die Bundesnetzagentur gem. § 16 Abs. 5 VDG u.a.
Zitat
"eine Vertrauensinfrastruktur zur dauerhaften Prüfbarkeit qualifizierter elektronischer Zertifikate und qualifizierter elektronischer Zeitstempel einzurichten, zu unterhalten und laufend zu aktualisieren."
Nur Zertifizierungsdiensteanbieter, die bei der Bundesnetzagentur akkreditiert sind, § 17 Abs. 1 VDG, wie z.B. wie D-TRUST (Trustcenter der Bundesdruckerei), sind berechtigt, qualifizierte Zeitstempel auszustellen. Dabei bestimmt nicht ein lokaler Computer die Zeitangabe, sondern es wird das sichere DC F77-Zeitsignal zugrunde gelegt. Sommerzeit und Schaltsekunden werden automatisch korrigiert; es soll sich hier eine maximale Abweichung von 100 Millisekunden, bei Zeitsignalausfall von max. 500 Millisekunden innerhalb von 24 Stunden ergeben.
Rz. 106
Für qualifizierte elektronische Zeitstempel gilt die Vermutung der Richtigkeit des Datums und der Zeit, die darin angegeben sind, sowie der Unversehrtheit der mit dem Datum und der Zeit verbundenen Daten, Art. 41 Abs. 2 eIDAS-VO.
Rz. 107
Praxistipp
Wichtig ist, dass die Einstellung der Uhrzeit auf dem Server/Rechner nicht mehr als 30 Sekunden bis fünf Minuten von der koordinierten Weltzeit abweicht, da dann eine entsprechende Fehlermeldung herausgegeben wird, siehe hierzu auch § 24 Rdn 9 in diesem Werk.
Rz. 108
Wenn eine Nachricht örtlich nahe der Tagesgrenze auf den Weg gebracht werden soll, könnte folgende Warnung erscheinen:
Abb. 11: Warnung bei Sendung kurz vor Tageswechsel
Rz. 109
Abhilfe schafft hier ein früherer Start der Versendung. Wichtig ist uns, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass auch Zeitzonen-Grenzen die beschriebenen Probleme verursachen können und Fristen nach Möglichkeit hier nicht bis zur letzten Stunde ausgereizt werden sollten. Wer will schon aus solchen Gründen eine Ersatzeinreichung vornehmen bzw. einen Wiedereinsetzungsantrag stellen müssen, vor allem, wenn die fristgerechte Ersatzeinreichung aufgrund Zeitablaufs auch nicht mehr möglich ist.
Rz. 110
Nachstehend haben wir die aktuellen Zeit-Zonen kurz beschrieben. Zu beachten ist, dass zur Zeit der Drucklegung dieses Werks Überlegungen in der Politik getroffen wurden, die Umstellung auf die sog. Sommer- bzw. Winterzeit einzustellen. Bitte beachten Sie daher diesbezüg...