Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
1. Umfangreiche Rechtsprechung aufgrund vorgezogener Einreichpflichten
Rz. 135
Da sowohl Schleswig-Holstein als auch Bremen die elektronische Einreichpflichten in Fachgerichtsbarkeiten teilweise vorgezogen hatten, siehe hierzu § 3 Rdn 44 in diesem Werk, und einige Anwälte in Deutschland den elektronischen Rechtsverkehr selbst frühzeitig eingesetzt haben, existiert bereits heute – obwohl die bundesweite Einreichpflicht weitgehend erst zum 1.1.2022 in Kraft trat – eine Fülle an Rechtsprechung aus dem Bereich der besonderen Gerichtsbarkeiten. Hinzu kommt, dass viele Verfahrensordnungen die Pflicht zur elektronischen Einreichung nahezu wortidentisch wie die ZPO regeln. So lässt sich diese Rechtsprechung analog auch auf die Zivilgerichtsbarkeit (zu der es zwar auch bereits Rechtsprechung, aber deutlich weniger gibt) anwenden. Im Nachstehenden wird die Rechtsprechung thematisch sortiert dargestellt.
2. Einfache elektronische Signatur
a) Maschinenschriftliche Namenswiedergabe
Rz. 136
Für die Anbringung einer einfachen elektronischen Signatur genügt der maschinenschriftlich wiedergegebene Namenszug, siehe auch Rdn 11 ff. in diesem Kapitel. Die
Zitat
"einfache Signatur soll – ebenso wie die eigenhändige Unterschrift oder die qualifizierte elektronische Signatur – die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen",
so das BAG, das damit die ständige Rechtsprechung zu § 130 Nr. 6 ZPO im Hinblick auf Sinn und Zweck einer Unterschrift bestätigt.
Rz. 137
Das OLG Braunschweig fordert bei fehlender qualifizierter Signatur ebenfalls zu Recht die Anbringung einer einfachen elektronischen Signatur und Namensgleichheit mit dem sendenden Postfachinhaber, wobei das im Nachgang auf den richterlichen Hinweis zur unwirksamen elektronischen Einreichung per Fax eingereichte Rechtsmittel am Ende trotzdem nicht wirksam eingereicht war, denn hier hatte der angestellte Anwalt einer Anwalts-GmbH die Berufungsschrift im Auftrag (i.A.) unterschrieben:
Zitat
"1." |
Die wirksame Einreichung einer Berufungsschrift über das besondere elektronische Anwaltspostfach setzt gem. § 130a III ZPO eine Übereinstimmung der unter dem Dokument befindlichen einfachen Signatur mit der als Absender ausgewiesenen Person voraus, wenn eine qualifizierte elektronische Signatur fehlt. |
2. |
Die Einreichung einer Berufungsschrift über das besondere elektronische Anwaltspostfach unter Aufbringung einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur erfüllt nicht die Voraussetzungen an die wirksame Einreichung eines elektronischen Dokuments gem. § 130a III ZPO. |
3. |
Eine wirksame Einreichung bestimmender Schriftsätze aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach ist ohne qualifizierte elektronische Signatur nur möglich, wenn der Aussteller das Dokument eigenhändig aus seinem Postfach versendet. |
4. |
Wird eine Rechtsanwalts-GmbH mandatiert, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass nur ihr und nicht darüber hinaus jedem einzelnen für sie tätigen Rechtsanwalt die Prozessvollmacht erteilt worden ist.“ |
Rz. 138
Hinweis
Fehlt die einfache elektronische Signatur und sendet der RA selbst, ist nicht wirksam eingereicht; es genügt also nicht, dass im Prüfprotokoll (irgend-)ein vertrauenswürdiger Herkunftsnachweis (VHN) ausgewiesen ist, siehe hierzu § 2 Rdn 104 sowie § 5 Rdn 66 in diesem Werk. Erst die Kombination von einfacher elektronischer Signatur und dem VHN des namensgleichen Postfachinhabers erfüllt die Voraussetzung des § 130a Abs. 3 S. 1 Alt. 2 ZPO.
Rz. 139
Wichtig: Da § 130a Abs. 3 S. 1 ZPO verlangt, dass das elektronische Dokument von der verantwortenden Person signiert sein muss, reicht die einfache Signatur im beA-Nachrichten-Textfeld nicht aus. Es ist zwingend, das eigentliche elektronische Dokument, d.h. der Schriftsatz selbst, einfach elektronisch zu signieren – und zwar am Ende des Schriftsatzes. Der am Ende wiedergegebene Name schließt das Dokument ab, wodurch die verantwortende Person die inhaltliche Verantwortung für das Dokument übernimmt, wobei die einfache Signatur mit dem von einem sicheren Übermittlungsweg nutzenden Absender identisch sein muss. Sofern die Identität nicht feststellbar ist, ist das elektronische Dokument nicht wirksam eingereicht.
Rz. 140
Es wird angenommen, dass die Rechtsprechung des BGH zur schriftlichen Einreichung, dass ohne Unterschrift eine wirksame Einreichung nur vorliegen kann, wenn aufgrund anderer Begleitumstände, die sich ohne Beweisaufnahme erschließen, zweifelsfrei angenommen werden kann, dass die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernommen wird, auf das Fehlen einer einfachen elektronischen Signatur angewendet werden kann. Dabei stellt sich die Frage, welche Begleitumstände dies sein könnten. Ein beschriebenes Textfeld einer beA-Nachricht wird von den Gerichten nicht ausgelesen; beglaubigte Abschriften sind bei elektronischer Einreichung nicht erforderlich (vgl. § 133 Abs. 1 S. 2 u. § 253 Abs. 5 S. 2 ZPO).
Rz. 141
Rechtsanwälte können zwar Mitarb...