Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
A. Unterzeichnung im elektronischen Zeitalter
Rz. 1
Mit der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) war eine der wichtigsten Fragen zu klären: "Wie "unterschreibt" man eigentlich elektronisch? Bei der Suche nach einer Antwort sind die vom BGH in ständiger Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu Sinn und Zweck einer handschriftlichen Unterschrift i.S.v. § 130 Nr. 6 ZPO hilfreich:"
Zitat
"Die Unterschrift soll die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen."
Diese Verantwortungsübernahme muss auch im ERV dargestellt werden. Anstelle der Unterschrift werden hier Signaturen eingesetzt. Aber natürlich ist die Vertrauenswürdigkeit von elektronischen Signaturen nicht nur dem ERV vorbehalten; auch im allgemeinen Geschäftsverkehr ist durch die technische Entwicklung in den vergangenen Jahren das Bedürfnis gestiegen, Personen, Behörden und Firmen elektronisch zu identifizieren und auf elektronische Transaktionen vertrauen zu können.
Rz. 2
Bei der Einreichung z.B. von Schriftsätzen ist daher anstelle der Unterschrift mit Signaturen zu arbeiten. Die Anforderungen regelt für Zivilsachen § 130a Abs. 3 ZPO. Korrespondierende Vorschriften finden sich in anderen Verfahrensordnungen. Es ist dabei jeweils immer gesondert zu prüfen, in welchem Rechtsgebiet eine Tätigkeit erfolgt, was getan werden soll und welche Anforderungen das hierfür geltende Verfahrensrecht aufstellt.
B. Elektronische Signaturen nach eIDAS-VO
I. Grundlegendes zur eIDAS-VO
Rz. 3
Es gibt drei Arten von elektronischen Signaturen, die gesetzlich definiert sind. Erste Anfänge einer gesetzlichen europaweiten Definition gab es durch die Signaturrichtlinie 1999/93/EG, mit der die qualifizierte elektronische Signatur der handschriftlichen Unterschrift gleichgesetzt und mit Rechtswirkung versehen wurde. Am 28.8.2014 hat die Europäische Kommission die EU-Verordnung 910/2014 (kurz: eIDAS-Verordnung) über die elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG veröffentlicht. Die Verordnung ersetzt die zuvor genannte Signaturrichtlinie. Sie wurde am 17.9.2014 wirksam und gilt seit dem 1.7.2016 unmittelbar in den Mitgliedsstaaten, ohne dass es eines besonderen Umsetzungsrechtsakts bedarf. Signaturgesetz und Signaturverordnung galten dort weiter, wo sie der eIDAS-VO nicht widersprachen. Am 29.7.2017 ist Art. 1 des Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.7.2014 über die elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (eIDAS-Durchführungsgesetz) in Kraft getreten; Signaturgesetz und Signaturverordnung sind zum selben Tag außer Kraft getreten. In Art. 1 dieses eIDAS-Durchführungsgesetzes ist das national geltende Vertrauensdienstegesetz (VDG) geregelt. Die eIDAS-VO regelt somit auch die Rahmenbedingungen für den deutschen Online-Ausweis. Dabei legt die eIDAS-VO die technischen Bedingungen und Verfahren für elektronische Identifizierungsmittel fest; wobei zwischen einem "niedrigen", "substantiellen" und "hohen" Sicherheitsniveau unterschieden wird. Für die deutsche Online-Ausweisfunktion existiert das Sicherheitsniveau "hoch". Mit dem Gesetz zur Förderung des elektronischen Identitätsnachweises wurde das Verfahren vorangetrieben. Zum 1.9.2021 ist das Gesetz zur Einführung eines elektronischen Identitätsnachweises mit einem mobilen Endgerät in Kraft getreten, welches u.a. einige Änderungen im Personalausweisgesetz mit sich brachte. Zur Verbesserung der digitalen Verwaltungsdienstleistungen wird (Datum zum Zeitpunkt der Drucklegung noch offen) das Registermodernisierungsgesetz in Kraft treten. Hierdurch wird die Steuer-Identifikationsnummer als ein übergreifendes "Ordnungsmerkmal" für Register, wie z.B. das Melderegister, Personenstandsregister und Fahrzeugregister, eingesetzt werden. Die Erbringung dieser Online-Verwaltungsdienstleistungen, zu denen sich mit dem Onlinezugangsgesetz Bund, Länder und Kommunen für (bisher) 575 Verwaltungsleistungen selbst verpflichtet haben, soll durch eine elektronische Übermittlung der vorhandenen Daten zu einer Person deutlich beschleunigt und erleichtert werden ("once only").
Rz. 4
Wichtige Inhalte der eIDAS-Verordnung sind:
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Festlegung der Bedingungen zur Anerkennung elektronischer Identifizierungsmittel für natürliche und juristische Personen unter den Mitgliedsstaaten |
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Vorschriften für Vertrauensdienste – insbesondere elektronische Transaktionen |
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Festlegung des Rechtsrahmens für
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elektronische Signaturen |
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elektronische Siegel |
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elektronische Zeitstempel |
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elektronische Dokumente |
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Dienste für die Zustellung elektronischer Einschreiben |
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Zerti... | |