a) Geltung für den Erben
Rz. 671
Ob die Restschuldbefreiungsmöglichkeit der §§ 286 ff. InsO auch für den oder die Erben als Schuldner der Nachlassgläubiger gilt, ist nicht ganz eindeutig. In Betracht dürfte sie kommen, wenn der Alleinerbe oder ein Miterbe (gesamtschuldnerisch gem. § 2058 BGB) den Nachlassgläubigern unbeschränkt haftet, also seine Haftungsbeschränkungsmöglichkeit verloren hat.
b) Erwerb von Todes wegen durch den Schuldner
Rz. 672
Unter einem anderen Gesichtspunkt ist jedoch in Bezug auf das Erbrecht des Insolvenzschuldners die Restschuldbefreiung von Bedeutung:
Um die Restschuldbefreiung erreichen zu können, muss der Schuldner einen entsprechenden Antrag stellen (§ 287 Abs. 1 InsO), dem er eine Erklärung beizufügen hat, dass er seine pfändbaren Forderungen für die Zeit von sieben Jahren nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder abtritt (§ 287 Abs. 2 S. 1 InsO).
Während der Laufzeit der Abtretungserklärung obliegt es dem Schuldner, Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht – also im Wege vorweggenommener Erbfolge – erwirbt, zur Hälfte des Wertes an den Treuhänder herauszugeben, § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Die Beschränkung der Abführungspflicht in diesen Fällen auf die Hälfte des erworbenen Vermögens soll für den Schuldner einen Anreiz dafür bieten, eine Erbschaft nicht auszuschlagen bzw. eine Zuwendung anzunehmen. Es ist fraglich, ob die Ausschlagung einer Erbschaft oder die Nichtannahme einer Zuwendung als Verletzung einer Obliegenheit i.S.v. § 296 InsO gelten kann mit der Folge, dass die Restschuldbefreiung verweigert werden könnte, § 296 InsO. Verstirbt der Insolvenzschuldner nach Ablauf der Wohlverhaltensphase und vor Erteilung der Restschuldbefreiung, so unterliegt das Recht auf Erteilung der Restschuldbefreiung der Vererblichkeit nach § 1922 BGB.
Das Recht, eine Erbschaft auszuschlagen, steht nach wie vor dem Insolvenzschuldner zu, § 83 Abs. 1 S. 1 InsO. Dies gilt sowohl für eine vor der Insolvenzeröffnung angefallene Erbschaft als auch für eine danach angefallene. Auch die nach Verfahrenseröffnung angefallene Erbschaft gehört zur Insolvenzmasse gem. § 35 InsO.
c) Tod des Schuldners vor der endgültigen Schuldbefreiung
Rz. 673
Stirbt der Schuldner während der siebenjährigen "Wohlverhaltenszeit" des § 287 InsO, so ist über die endgültige Restschuldbefreiung gem. § 300 InsO zu entscheiden.
d) Widerruf der Restschuldbefreiung
Rz. 674
Aus der Möglichkeit, dass auch noch nach dem Tod des Schuldners die ihm einmal gewährte Restschuldbefreiung innerhalb eines Jahres gem. § 303 InsO widerrufen werden kann, erwachsen für den Erben Haftungsrisiken, die er mit Hilfe eines Aufgebotsverfahrens gem. §§ 1970 ff. BGB minimieren kann.