a) Reichweite von § 780 ZPO
Rz. 523
Nach § 780 Abs. 1 ZPO kann der als Erbe verurteilte Beklagte die Beschränkung der Erbenhaftung nur geltend machen, wenn sie ihm im Urteil vorbehalten wurde. Dabei zeigt sich, dass die Vorschrift einen doppelten Regelungsinhalt hat:
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Für den Erben beinhaltet sie eine Präklusion, die eine verspätete Geltendmachung der beschränkten Erbenhaftung ausschließt. Dies wird durch die berufungsrechtlichen Vorschriften der §§ 530, 531 ZPO noch verschärft. |
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Für das Prozessgericht handelt es sich um eine Verfahrensnorm. |
Rz. 524
Aus letzterer Erkenntnis ergibt sich bereits eine wichtige Kompetenzverteilung zwischen Erkenntnisverfahren und Vollstreckungsverfahren: Das Prozessgericht braucht die rechtzeitig geltend gemachte Haftungsbeschränkung nicht zu prüfen, es behält sie dem Erben lediglich für die spätere Geltendmachung vor. Trifft nicht den Beklagten, sondern den Kläger eine Kostentragungspflicht, so ist auch zu seinen Gunsten ein Haftungsbeschränkungsvorbehalt aufzunehmen.
§ 780 ZPO gilt für jede bisher behandelte gegenständliche Beschränkung der Erbenhaftung.
Rz. 525
Die Vorschrift gilt aber nicht für
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die vorläufigen Einreden der §§ 2014, 2015 BGB, weil es hier nicht um eine gegenständliche Haftungsbeschränkung geht, sondern nur um eine zeitlich bezogen vorübergehende; |
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die Geltendmachung der Teilhaftung von Miterben nach § 2060 BGB, denn dabei geht es wiederum nicht um eine gegenständliche Beschränkung der Haftung auf den Nachlass. |
b) Entbehrlichkeit des Vorbehalts
aa) Gesetzlich geregelte Fälle
Rz. 526
§ 780 Abs. 2 ZPO nennt Fälle, in denen ein Vorbehalt entbehrlich ist und im Falle seiner Aufnahme gegenstandslos wäre:
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Verurteilung des Fiskus als Erbe, |
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Verurteilung eines Nachlassverwalters, |
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Verurteilung eines (anderen) Nachlasspflegers, |
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Verurteilung eines Verwaltungstestamentsvollstreckers. |
bb) Aus dem Normzweck sich ergebende Fälle
Rz. 527
Aus dem Normzweck von § 780 ZPO kann sich ergeben, dass ein Vorbehalt entbehrlich ist. In § 780 Abs. 1 ZPO wird dem Prozessgericht die Möglichkeit eröffnet, die Entscheidung über die Haftungsbeschränkung in das Vollstreckungsverfahren zu verlagern. So vertritt das OLG Oldenburg die Ansicht, einer Beweisaufnahme bedürfe es zur Klärung der Frage, ob Dürftigkeit des Nachlasses zu bejahen ist, im Erkenntnisverfahren nicht, sie könne in der Zwangsvollstreckung geklärt werden:
Zitat
"Eine grundsätzlich wegen der Einrede der Unzulänglichkeit des Nachlasses gem. § 1990 BGB zur Dürftigkeit des Nachlasses in Betracht kommende Beweisaufnahme muß im Erkenntnisverfahren nicht notwendig durchgeführt werden."
Die Frage der effektiven Haftungsbeschränkung bleibt dann offen, in das Urteil wird lediglich der Haftungsbeschränkungsvorbehalt nach § 780 ZPO aufgenommen.
Rz. 528
Eines Vorbehalts bedarf es aber nicht, wenn das Prozessgericht selbst über die Haftungsbeschränkung entscheidet. In einem solchen Fall ist im Verhältnis unter den Parteien rechtskräftig entschieden, ob die Haftung für die Klageforderung auf den Nachlass beschränkt ist oder nicht. Dafür kommen vier Fälle in Betracht:
Rz. 529
(1) Hat das Prozessgericht die vom Erben geltend gemachte Beschränkung der Erbenhaftung geprüft und verneint, so verurteilt es den Erben ohne Vorbehalt. Will der Erbe in einem solchen Falle die beschränkte Erbenhaftung geltend machen, so kann dies nur im Rechtsmittelweg geschehen. Eine Geltendmachung in der Vollstreckung ist nach § 780 ZPO ausgeschlossen.
Rz. 530
(2) Hat das Gericht die vom Erben geltend gemachte Haftungsbeschränkung geprüft und bejaht, so weist es die Klage ab, wenn feststeht, dass keine Haftungsmasse mehr vorhanden ist, der Nachlass bspw. erschöpft ist.
Rz. 531
(3) Hat das Gericht die vom Erben geltend gemachte Beschränkung der Erbenhaftung geprüft und bejaht, so verurteilt es zur Leistung aus dem Nachlass. Es handelt sich dabei nicht um den bloßen Vorbehalt gem. § 780 Abs. 1 ZPO, sondern es ist diejenige Situation geschaffen, die nach dem von §§ 780, 781, 785 ZPO vorgesehenen regulären Verfahren erst durch eine haftungsbeschränkende Klage nach § 785 ZPO hergestellt werden kann.
Wird aufgrund des auf Leistung aus dem Nachlass lautenden Urteils in einen nicht zum Nachlass gehörenden Gegenstand vollstreckt, so kann der Erbe auf Unzulässigerklärung dieses Zugriffs klagen. Es handelt sich dabei nicht um eine Vollstreckungsgegenklage, sondern um eine Variante der Drittwiderspruchsklage. Für diese Widerspruchsklage des Erben ist bereits rechtskräftig geklärt, dass nur der Nachlass haftet. Es bedarf nur noch einer Entscheidung über die Nichtzugehörigkeit der betreffenden Sache zum Nachlass. Ist ein nicht zum Nachlass gehörender Gegenstand gepfändet, so erklärt das Gericht die Vollstreckungsmaßnahme für unzulässig.
Rz. 532
(4) Steht nicht nur die Haftungsbeschränkung auf den Nachlass, sondern auch die gegenständliche Begrenzung des Nachlasses fest, so kann das gesamte Verfahren des § 785 ZPO vorweggenommen und eine solche Klage entbehrlich gemacht werden, indem der Erbe nur zur Duldung der Zwangsvollstreckung in bestimmte Gegens...