a) Haftungsbeschränkung – § 1629a Abs. 1 BGB
Rz. 447
Nach § 1629a Abs. 1 BGB hat das volljährig gewordene Kind die Möglichkeit, die Haftung für Verbindlichkeiten, die seine Eltern (oder sonstige vertretungsberechtigte Personen wie bspw. Mitgesellschafter, Prokuristen und Testamentsvollstrecker) ihm gegenüber bei Ausübung der Vertretungsmacht begründet haben, und für Verbindlichkeiten, die durch einen in der Zeit der Minderjährigkeit eingetretenen Erwerb von Todes wegen begründet wurden, auf den Bestand desjenigen Vermögens zu beschränken, das im Zeitpunkt des Eintritts der Volljährigkeit vorhanden ist.
Rz. 448
Die Haftungsbeschränkung erfolgt in entsprechender Anwendung der §§ 1990, 1991 BGB (wohl als Rechtsfolgenverweisung) auf das bei Eintritt der Volljährigkeit vorhandene Vermögen, § 1629a Abs. 1 BGB.
Rz. 449
Die Haftungsbeschränkungsmöglichkeit wirkt bei Gesellschaftsverhältnissen in zweifacher Richtung:
1. |
Im Innenverhältnis der Gesellschafter wirkt sie sich auf alle Ansprüche aus, die der Gesellschaft bzw. den Gesellschaftern in ihrer gesamthänderischen Bindung gegen den minderjährigen Gesellschafter zustehen. In der Personengesellschaft betrifft dies vor allem die Ansprüche auf Beitragsleistung. |
2. |
Im Außenverhältnis besteht eine Haftungsbeschränkung gegenüber Gläubigern auf das im Zeitpunkt der Volljährigkeit vorhandene Vermögen des Minderjährigen. |
b) Sonderkündigungsrecht des volljährig Gewordenen – Idee des "Neustarts bei Null"
Rz. 450
Ist der Minderjährige Mitglied einer Erbengemeinschaft, Inhaber eines Handelsgeschäfts oder unbeschränkt haftender Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft, OHG oder KG, so wird die Anordnung der Haftungsbeschränkung nach § 1629a Abs. 1 BGB um das in § 723 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 BGB ausdrücklich niedergelegte Recht ergänzt, die Position im Geschäftsleben mit Eintritt der Volljährigkeit endgültig aufzugeben, um auf diese Weise eine vollständige Haftungsentledigung zu erreichen. In § 723 BGB ist die Vollendung des 18. Lebensjahres als wichtiger Grund zur Kündigung der BGB-Gesellschaft festgelegt worden, wobei diese Kündigung innerhalb von drei Monaten erklärt werden muss, § 723 Abs. 1 S. 4 BGB. Über die Verweisungsnormen §§ 105 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB gilt dies auch für OHG und KG. Zumindest ist ein wichtiger Grund i.S.v. § 133 HGB anzunehmen.
c) Beweislastregelung des § 1629a Abs. 4 S. 1 BGB
Rz. 451
Das Sonderkündigungsrecht steht im Zusammenhang mit der Beweislastverteilung, die in § 1629a Abs. 4 S. 1 BGB aufgenommen wurde.
Ist ein volljährig gewordener Minderjähriger Miterbe an einer Erbengemeinschaft, so wird in § 1629a Abs. 4 BGB vermutet, dass die Verbindlichkeit nach Vollendung des 18. Lebensjahres begründet wurde und damit nicht der Haftungsbeschränkung des Absatzes 1 unterliegt, sofern der jetzt volljährige Miterbe nicht binnen drei Monaten nach Erreichen der Volljährigkeit seine Miterbenstellung aufgegeben hat, d.h., er muss innerhalb dieses Zeitraumes das Auseinandersetzungsverlangen nach § 2042 BGB stellen, wobei der Eintritt der Volljährigkeit als wichtiger Grund i.S.v. §§ 749 Abs. 2 S. 1, 2042 Abs. 2 BGB angesehen wird. Bei der Fortführung eines Handelsgeschäfts muss es binnen drei Monaten eingestellt worden sein.