aa) Erbteil als besondere Erscheinungsform des Erblasservermögens
Rz. 384
§ 2059 Abs. 1 BGB beschränkt aber die Haftung nicht soweit, wie es die allgemeinen Haftungsbeschränkungsvorschriften tun. Diese beschränken die Haftung auf den Nachlass und schließen jede Haftung des Eigenvermögens des Erben aus. § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB lässt die Haftung eines Gegenstands des Eigenvermögens des Erben bestehen: die Haftung des Erbteils.
Rz. 385
Der Erbteil ist ein besonderes, vom Nachlass selbst zu unterscheidendes Recht. Der Miterbe kann es nach § 2033 Abs. 1 BGB veräußern. Mit dem Erbfall hat sich die Erscheinungsform des Vermögens des Erblassers gewissermaßen verdoppelt: Es erscheint einmal als der gesamthänderisch gebundene Nachlass, bestehend aus den einzelnen zum Nachlass gehörenden Sachen und Rechten, und zum anderen bei jedem einzelnen Miterben als der Anteil an diesem noch ungeteilten Nachlass. Die zweite Erscheinungsform, der Erbteil, gehört zum Eigenvermögen des Miterben.
bb) Pfändung des Erbteils
(1) Vor dem Erbfall
Rz. 386
Der erbvertraglich eingesetzte Erbe oder auch der sog. Schlusserbe beim "Berliner Testament" hat vor dem Tode des Erblassers – beim Berliner Testament des überlebenden Ehegatten bzw. des überlebenden eingetragenen Lebenspartners (§ 10 LPartG) – kein übertragbares Anwartschaftsrecht, das schon pfändbar wäre. Auch außerhalb eines gemeinschaftlichen Testaments oder Erbvertrags ist die bloße Aussicht, Erbe, Vermächtnisnehmer oder Pflichtteilsberechtigter am Nachlass einer noch lebenden Person zu werden, nicht pfändbar.
(2) Nach dem Erbfall
Rz. 387
Hat der Gläubiger nur gegen einen oder gegen einzelne Miterben einen Vollstreckungstitel – also nicht gegen alle Miterben –, weil er nur insofern einen Geldanspruch hat, so kann er nicht in den Nachlass als solchen vollstrecken, denn dazu bräuchte er nach § 747 ZPO einen vollstreckbaren Titel gegen alle Miterben. Er kann in einem solchen Fall nur den Erbteil des betreffenden Erben pfänden, § 859 Abs. 2 ZPO. Zu diesem Erbteil gehört das Guthaben, das bei der Erbteilung auf den betreffenden Miterben entfällt, also das Auseinandersetzungsguthaben.
Rz. 388
Für die Erbteilspfändung sind die Vorschriften über die Forderungspfändung anwendbar, § 857 Abs. 1 ZPO. Der Gläubiger muss also den Erbteil pfänden und ihn sich zur Einziehung überweisen lassen, damit er die Erbauseinandersetzung betreiben kann und auf diese Weise Zugang zum Auseinandersetzungsguthaben erlangt. Eine Überweisung an Zahlung statt ist nicht denkbar, weil der Erbteil keinen Euro-Nennwert hat.
Rz. 389
Nach dem Erbfall ist auch das Anwartschaftsrecht des Nacherben pfändbar, § 2108 Abs. 2 BGB.
cc) Muster: Pfändung eines Erbteils
Rz. 390
Muster 11.27: Pfändung eines Erbteils
Muster 11.27: Pfändung eines Erbteils
An das
Amtsgericht
– Vollstreckungsabteilung –
_________________________
Antrag auf Pfändung eines Erbteils
Mit beiliegender Vollmacht zeige ich an, dass ich die Firma _________________________ vertrete. Ihr steht gegen Herrn _________________________ eine Kaufpreisforderung in Höhe von _________________________ EUR nebst jährlich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem _________________________ und _________________________ EUR Kosten für das Versäumnisurteil des _________________________gerichts _________________________ vom _________________________ Az. _________________________ zu.
Das Urteil ist rechtskräftig, es wurde dem Schuldner am _________________________ zugestellt. Vollstreckungsklausel und Zustellungsnachweis sind beigefügt.
Die Kosten der bisherigen Zwangsvollstreckung betragen _________________________ EUR gemäß den folgenden ebenfalls beigefügten Unterlagen: _________________________
Der Schuldner ist Miterbe zu einem Drittel am Nachlass seines am _________________________ verstorbenen Vaters, des Herrn _________________________, zuletzt wohnhaft in _________________________.
Beweis: Begl. Abschrift des Erbscheins des Amtsgerichts – Nachlassgericht – _________________________
vom _________________________
Wegen der zuvor genannten Forderungen meiner Mandantin und wegen der Kosten des vorliegenden Pfändungsverfahrens beantrage ich
a) |
die Pfändung und Überweisung zur Einziehung des Erbteils des Schuldners von einem Drittel am Nachlass seines Vaters einschließlich des Auseinandersetzungsanspruchs, des Anspruchs auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie auf Grundbuchberichtigung. |
b) |
bei Auseinandersetzung des Nachlasses die Herausgabe beweglicher Sachen gem. § 847 ZPO an den Gerichtsvollzieher. |
Weiter sind Miterben des Erblassers geworden:
1. |
_________________________ (Name, vollständige Anschrift) |
2. |
_________________________ (Name, vollständige Anschrift) |
Es ist weder Nacherbfolge noch Testamentsvollstreckung angeordnet. Ich bitte um Vermittlung der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an die Drittschuldner.
(Rechtsanwalt)
dd) Aufhebung der Pfändung durch die Miterben
Rz. 391
Wenn ein Nachlassgläubiger einen Erbteil gepfändet hat, so brauchen die Miterben nur eine Nachlassverwaltung herbeizuführen, dann ...