I. Zwei Nachlassverfahren
1. Nachlassverwaltung
Rz. 359
Ebenso wie die Nachlassgläubiger oft versuchen, sich des Eigenvermögens des Erben zu bemächtigen, versuchen die Eigengläubiger, ihre Forderung aus dem Nachlass zu erfüllen. Dem können die Interessen des Erben entgegenstehen, vor allem aber die der Nachlassgläubiger. Daher haben sowohl der Erbe, der Testamentsvollstrecker als auch der Nachlassgläubiger nach § 1981 Abs. 1 und 2 BGB das Recht, die Nachlassverwaltung zu beantragen. Die Nachlassverwaltung dient – aus der Sicht eines Erben – in erster Linie der Abwehr einer Vollstreckung in das Eigenvermögen des Erben. Auch die Erbeserben sind berechtigt, nach § 1981 Abs. 1 BGB die Anordnung der Nachlassverwaltung zu beantragen.
Rz. 360
Auch diejenigen Nachlassgläubiger haben ein Interesse daran, die Eigengläubiger vom Nachlass fernzuhalten, die auf das Eigenvermögen nicht mehr zugreifen können, denen der Erbe also nur noch beschränkt haftet. Daher haben sie in gleicher Weise wie die anderen Nachlassgläubiger ein Antragsrecht. Dies ergibt sich aus § 2013 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB, der den § 1981 BGB nicht nennt.
Rz. 361
Der Erbe andererseits, der allen Nachlassgläubigern unbeschränkt haftet, kann gem. § 2013 Abs. 1 S. 1 Hs. 2, Abs. 2 BGB die Nachlassverwaltung nicht mehr beantragen. Nur noch Nachlassgläubiger können dann den Nachlass vor den Eigengläubigern mit einer Nachlassverwaltung schützen. In diesem Falle führt die Nachlassverwaltung zwar zu einer Abwehr der Eigengläubiger vom Nachlass, nicht aber zu einer Abriegelung der Nachlassgläubiger vom Eigenvermögen. Der Nachlassverwalter kann nach § 1984 Abs. 2 BGB, §§ 784 Abs. 2 und 1, 785, 767 ZPO Vollstreckungsgegenklage gegen die Vollstreckung von Eigengläubigern in den Nachlass erheben.
Rz. 362
Hat ein Eigengläubiger des Erben vor der Anordnung der Nachlassverwaltung gegen eine Nachlassforderung aufgerechnet, so wird die Aufrechnung nach § 1977 Abs. 2 BGB rückgängig gemacht. Ist der Erbe Schuldner einer Nachlassforderung, so macht § 1976 BGB das Erlöschen der Forderung wieder rückgängig. Hat der Erbe freiwillig aus dem Nachlass an einen Eigengläubiger geleistet, so haftet er dem Nachlassgläubiger nach §§ 1978 Abs. 1 S. 1, 667, 280 BGB auf Schadensersatz.
2. Nachlassinsolvenzverfahren
Rz. 363
Nachlassgläubiger und jeder Erbe können einen Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens stellen, § 317 InsO. Der Nachlassgläubiger muss seine Forderung glaubhaft machen. Nach § 321 InsO gewähren Maßnahmen der Einzelzwangsvollstreckung in den Nachlass, die vor Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens erfolgt sind, kein Recht zur abgesonderten Befriedigung. Einer späteren Einzelvollstreckung steht § 89 InsO entgegen.
3. Beendigung der förmlichen Nachlassverfahren
Rz. 364
Nach Beendigung der zwei förmlichen Verfahren (Nachlassverwaltung, Nachlassinsolvenzverfahren) können die Eigengläubiger den Nachlass wieder in Anspruch nehmen. Es ist also anders als beim Zugriff der Nachlassgläubiger auf Eigenvermögen: Er bleibt auch nach Beendigung der Verfahren unzulässig.
II. Testamentsvollstreckung
1. Sondervermögen
Rz. 365
Unterliegt der Nachlass der Verwaltung durch einen Testamentsvollstrecker, so tritt auf diese Weise bereits eine Nachlasssonderung ein wie bei Nachlassverwaltung und Insolvenzverwaltung.
2. Haftung des Nachlasses
a) Nachlassgläubiger
Rz. 366
Gläubiger von Nachlassverbindlichkeiten können jedoch sowohl gegen den Testamentsvollstrecker als auch gegen den Erben vorgehen, § 2213 Abs. 1 BGB.
Rz. 367
Der Testamentsvollstreckung unterliegendes Nachlassvermögen zählt bei Anordnung des Nachlassinsolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse.
Dazu das OLG Köln:
Zitat
"Das Nachlassvermögen, hinsichtlich dessen Testamentsvollstreckung angeordnet wurde, ist der Insolvenzmasse zuzurechnen. Der unter Testamentsvollstreckung stehende Nachlass ist nicht schlechthin unpfändbar und damit von der Insolvenzmasse ausgenommen. Er ist nur – zeitlich bis zur Beendigung der Testamentsvollstreckung – dem Zugriff der Gläubiger des Schuldners entzogen. Sind die sich aus dem Pflichtteilsrecht ergebenden Ansprüche bereits zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet, stellen sie Insolvenzforderungen dar."
b) Eigengläubiger
Rz. 368
Der Erblasser kann seinen gesamten Nachlass oder einen Teil davon vor den Eigengläubigern seines Erben durch eine Verfügung von Todes wegen schützen, indem er eine Testamentsvollstreckung anordnet, §§ 2197–2200 BGB: Dann können die Eigengläubiger sich nicht an die der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlassgegenstände halten, § 2214 BGB; gegen eine Vollstreckung wehrt sich der Testamentsvollstrecker mit der Erinnerung nach § 766 ZPO.
Rz. 369
Insolvenz des Erben: Ein der Testamentsvollstreckung unterliegender Nachlass fällt mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Erben in die Insolvenzmasse. Der unter Testamentsvollstreckung stehende Nachlass, der in di...