Rz. 411
Für jeden einzelnen Miterben gilt § 1958 BGB, wonach vor der Annahme der Erbschaft die Erfüllung einer Nachlassverbindlichkeit verweigert werden kann.
Rz. 412
Wenn die Miterben ihre Haftung durch eines der allgemeinen Mittel für eine Haftungsbeschränkung einschränken, so ist das neben der besonderen Haftungsbeschränkung von § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB nicht bedeutungslos. Einmal endet eine allgemeine Haftungsbeschränkung nicht mit der Nachlassteilung und zum andern entzieht eine allgemeine Haftungsbeschränkung auch den Teil des Eigenvermögens den Nachlassgläubigern, den § 2059 Abs. 1 S. 1 BGB ihnen noch gelassen hatte, nämlich den Anteil des einzelnen Miterben am Nachlass, § 1975 BGB, also den Erbteil.
Rz. 413
Für die allgemeinen Haftungsbeschränkungsmittel gelten im Übrigen bei einer Erbengemeinschaft folgende Besonderheiten: Die Nachlassverwaltung entzieht den Erben das gemeinschaftliche Verfügungsrecht nach § 2040 BGB. Deshalb können sie nur gemeinschaftlich dieses Recht gem. § 1981 Abs. 1 BGB dadurch aufgeben, dass sie den Antrag auf Nachlassverwaltung stellen, § 2062 Hs. 1 BGB.
Rz. 414
Nach der Erbteilung können die Miterben die Anordnung der Nachlassverwaltung nicht mehr beantragen, § 2062 Hs. 2 BGB. Mit der Teilung verlieren die Erben dieses Mittel der Haftungsbeschränkung. Auch die Erbeserben sind berechtigt, nach § 1981 Abs. 1 BGB die Anordnung der Nachlassverwaltung zu beantragen. Das bedeutet, dass die Miterben im Hinblick auf ihre externe gesamtschuldnerische Haftung nach Erbteilung gem. § 2058 BGB ein Haftungsrisiko tragen, wenn sie die Bestimmung des § 2046 BGB missachten, wonach vor der Erbteilung (§ 2047 BGB) die Nachlassverbindlichkeiten zu tilgen sind. Der Rechtsberater sollte aus diesem Grund streng darauf bedacht sein, dass vor der Erbteilung alle Nachlassverbindlichkeiten, insbesondere Steuerschulden, erfüllt wurden. Die Nachlassverbindlichkeiten sind gem. § 2046 BGB vor der Teilung des Nachlasses zu erfüllen. Eine Erbteilungsklage ist vor Erfüllung aller Nachlassverbindlichkeiten nicht begründet und wäre deshalb abzuweisen. Solange der Nachlass aber nicht geteilt ist, steht jedem Erben, wenn er als Gesamtschuldner (§ 2058 BGB) in Anspruch genommen wird, die Einrede des ungeteilten Nachlasses nach § 2059 Abs. 1 BGB zu. Deshalb ist vor der Erbteilung jeder Miterbe vor unbeschränkter Haftung geschützt, auch wenn kein gemeinsamer Antrag für die Nachlassverwaltung gestellt wird.
Auch ein Nachlassgläubiger könnte nach der Erbteilung die Nachlassverwaltung nicht mehr beantragen. Ist die Erbteilung durch Vereinigung aller Erbteile in einer Hand (Erbteilskauf und -übertragung, §§ 2371 ff., 2033 BGB) erfolgt, so ist die Nachlassverwaltung dennoch zulässig.
Rz. 415
Beim Nachlassinsolvenzverfahren könnte sich der Antrag der Miterben verzögern, wenn alle zustimmen müssten. Das würde den Interessen der Nachlassgläubiger zuwiderlaufen. Deshalb kann jeder Miterbe einzeln den Insolvenzantrag stellen, § 317 Abs. 1 InsO.
Rz. 416
Da nach § 455 Abs. 1 FamFG jeder Miterbe einzeln den Antrag auf Erlass des Aufgebots stellen darf, kann jeder einzeln die Ausschließungseinrede des § 1973 BGB erheben. Auch die Verschweigungseinrede des § 1974 BGB kommt jedem Miterben einzeln zustatten.