1. Unterbrechung des Prozesses
Rz. 498
Stirbt eine Partei während eines laufenden Rechtsstreits (in erster oder zweiter Instanz), so wird dieser mit dem Tod unterbrochen, § 239 Abs. 1 ZPO. Der Erbe hat das Recht, den Rechtsstreit aufzunehmen und fortzuführen. War die Partei anwaltlich vertreten, so tritt die Unterbrechung nur auf Antrag ein, § 246 Abs. 1 ZPO. Ist der Rechtsstreit durch den Tod des Klägers unterbrochen worden, so kann die Aufnahme auch durch einen einzelnen Miterben erfolgen, der gem. § 2039 BGB zur Geltendmachung des Klageanspruchs berechtigt ist.
Rz. 499
Wird während des laufenden Rechtsstreits Nachlassverwaltung oder das Nachlassinsolvenzverfahren angeordnet, so wird der Rechtsstreit unterbrochen (§ 240 ZPO: Nachlassinsolvenzverfahren; § 1984 Abs. 1 S. 3 BGB, § 241 Abs. 3 ZPO: Nachlassverwaltung). Die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens führt zu einer Unterbrechung aller Aktiv- und Passivprozesse der Erben, die diese als solche führen. Die Wirkung des § 240 ZPO tritt nur hinsichtlich solcher Prozesse nicht ein, die ausschließlich das nicht zum Nachlass gehörende persönliche Vermögen der Erben betreffen. Der Nachlassverwalter bzw. Nachlassinsolvenzverwalter kann den Rechtsstreit aufnehmen.
2. Haftungsbeschränkungsvorbehalt im Urteilstenor
Rz. 500
Nimmt der Erbe den Rechtsstreit auf, so muss er darauf achten, dass er sich durch entsprechende Antragstellung die Möglichkeit, seine Haftung auf den Nachlass zu beschränken, vorbehält. Dafür sieht § 780 Abs. 1 ZPO vor, dass ein Vorbehalt in den Urteilstenor aufgenommen wird. Die Aufnahme des Vorbehalts in die Urteilsgründe reicht nicht. Der entsprechende Antrag auf Aufnahme des Vorbehalts ist spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz zu stellen. Eine Beschränkung der Revisionszulassung auf die Aufnahme des Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung ist zulässig. Die Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil kann sich auch darauf beschränken, sich gegen die Zurückweisung des Antrages auf Vorbehalt der Beschränkung der Erbenhaftung zu wenden, ohne dass es dafür des Erreichens der Berufungssumme bedürfte.
Greift der Kläger in der Revision allein den Ausspruch des Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung an, ist diese mangels Beschwer jedenfalls dann unzulässig, wenn der Vorbehalt nach § 780 Abs. 2 ZPO entbehrlich war.
Durch den zugunsten des Beklagten erfolgten Ausspruch des Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung nach § 780 Abs. 1 ZPO ist der Kläger regelmäßig beschwert. Denn ein solcher Vorbehalt ist zugleich mit der Feststellung verbunden, dass das Gericht vom Vorliegen einer reinen Nachlassverbindlichkeit (§ 1967 BGB) ausgeht, wodurch im Falle der Rechtskraft des den Vorbehalt aussprechenden Urteils das nachfolgende Gericht bei Erhebung einer – auf diesen Vorbehalt gestützten – Vollstreckungsabwehrklage des Beklagten an diese Beurteilung gebunden (sog. Präjudizialität) und der Kläger mit (erneuten) Einwänden gegen die Einordnung der Schuld als reine Nachlassverbindlichkeit ausgeschlossen (sog. Tatsachenpräklusion) wäre.
Rz. 501
Hinweis
Haftungsbeschränkungsvorbehalt auch bezüglich der Prozesskosten: Da der Rechtsstreit noch vom Erblasser begonnen wurde, sind die Kosten des Rechtsstreits zweifellos Nachlassverbindlichkeiten. Will der Erbe auch bezüglich der Kosten nur beschränkt haften, dann muss der Vorbehalt nicht nur bezüglich der Hauptsache, sondern auch bezüglich der Prozesskosten aufgenommen und zuvor entsprechend beantragt werden.
Rz. 502
Es kommt nicht darauf an, ob die Haftungsbeschränkung des Erben bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung tatsächlich bereits eingetreten ist oder nicht. In jedem Falle kann sich der Erbe seine beschränkte Haftung rein vorsorglich vorbehalten, und zwar selbst dann, wenn noch nicht einmal klar ist, ob die Voraussetzungen für Haftungsbeschränkungsmaßnahmen überhaupt jemals eintreten werden.
Rz. 503
Hinweis
Vorsichtshalber wird deshalb jeder Erbe den Vorbehalt für seine beschränkte Haftung in den Urteilstenor aufnehmen lassen, weil eine spätere Korrektur nicht möglich ist und er damit auf jeden Fall Gefahr läuft, mit seinem Eigenvermögen für die titulierte Forderung zu haften.
Rz. 504
Ein beantragter, aber im Urteil vergessener Vorbehalt kann gem. § 321 ZPO noch in den Urteilstenor aufgenommen werden (Achtung: Zwei-Wochen-Frist, vgl. Muster Rdn 270).
Nur wenn die Bescheidung des Antrags auf Aufnahme eines Haftungsbeschränkungsvorbehalts vollständig unterblieben ist, darüber also auch nichts in den Urteilsgründen steht, ist eine Ergänzung nach § 321 ZPO möglich. Fehlt der Haftungsbeschränkungsvorbehalt lediglich im Urteilstenor, ist er aber in den Urteilsgründen erwähnt, dann liegt ein Fall für eine Urteilsberichtigung nach § 319 ZPO vor.