1. Vor Annahme der Erbschaft

 

Rz. 510

Gemäß § 1958 BGB kann eine Nachlassverbindlichkeit vor Annahme der Erbschaft nicht eingeklagt werden; dabei handelt es sich um eine Zulässigkeitsvoraussetzung, die von Amts wegen zu beachten ist. Eine Klage, die dies missachtet, wäre als unzulässig abzuweisen.

 

Rz. 511

Die Klagepflegschaft: Auf Antrag eines Nachlassgläubigers hat das Nachlassgericht einen Nachlasspfleger zu bestellen, wenn die Erbschaft entweder noch nicht angenommen oder der Erbe unbekannt oder ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat, § 1961 BGB. Dies korrespondiert mit der Vorschrift des § 1958 BGB, wonach vor der Annahme der Erbschaft eine Klage gegen den Erben als unzulässig abzuweisen wäre. Die Klagepflegschaft dient dazu, diesen Zeitraum für einen Gläubiger, der seinen Anspruch gegen den Nachlass geltend machen will, zu überbrücken (zur Problematik des besonderen Vollstreckungsvertreters gem. § 779 Abs. 2 ZPO siehe Rdn 548). Sollte ein Erbscheinsantrag eines Vollstreckungsgläubigers nach § 792 ZPO keinen Erfolg haben, so könnte er ebenfalls die Anordnung einer Klagepflegschaft beantragen.[409] Besonders hinzuweisen ist darauf, dass auch Pflichtteilsberechtigte und Vermächtnisnehmer Nachlassgläubiger sind und deshalb eine Klagepflegschaft beantragen können, um ihre Ansprüche geltend zu machen (vgl. auch Rdn 549 ff.).

Der Beschluss für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft muss eine einzelfallbezogene Begründung der gesetzlichen Voraussetzungen enthalten. Eine Begründung, die lediglich floskelhaft den Gesetzeswortlaut wiederholt, genügt nicht.[410]

Dem Nachlassgläubiger steht gegen die Aufhebung der Klagepflegschaft ein Beschwerderecht nach § 59 FamFG zu.[411]

[409] LG Oldenburg Rpfleger 1982, 105.
[410] OLG Köln ZErb 2018, 33 = ZEV 2018, 49.
[411] OLG Hamm Rpfleger 1987, 416.

2. Nach Annahme der Erbschaft

 

Rz. 512

Wenn der Erbe seine Möglichkeit der Beschränkung der Haftung auf den Nachlass wahrnehmen will, muss er ebenfalls die Aufnahme eines Vorbehalts in das Urteil nach § 780 ZPO beantragen.

 

Rz. 513

Kosten des Rechtsstreits: Es entspricht allgemeiner Meinung, dass Kosten eines Rechtsstreits, den der Erbe im Hinblick auf den Nachlass führt, Nachlasserbenschulden sind, und dass deshalb ein Vorbehalt der Beschränkung der Erbenhaftung sich nur auf die Hauptsache, nicht aber auf die Kosten bezieht.[412]

 

Rz. 514

Will der Erbe der persönlichen Haftung wegen der Kosten der gerichtlichen Geltendmachung entgehen, dann bleibt ihm nur der Weg, unter den Voraussetzungen des § 93 ZPO den Anspruch unter Vorbehalt der Beschränkung der Erbenhaftung anzuerkennen.[413]

 

Rz. 515

 

Wichtiger Praxishinweis

Will der Erbe seine Haftung auch bezüglich der Kosten des Rechtsstreits auf den Nachlass beschränken, so muss der Haftungsbeschränkungsvorbehalt auch bezüglich der Kostenentscheidung des Urteils in den Tenor aufgenommen werden, eine Nachholung im Kostenfestsetzungsverfahren ist nicht mehr möglich.[414]

 

Rz. 516

Vgl. LG Leipzig (ZEV 1999, 234):

Zitat

"Ist einer erstattungspflichtigen Partei in einer Entscheidung die beschränkte Erbenhaftung nicht uneingeschränkt vorbehalten worden, kommt eine Beschränkung der Erbenhaftung im Kostenfestsetzungsbeschluss nicht in Betracht."

 

Rz. 517

 

Formulierungsbeispiel

Dem Beklagten bleibt die Beschränkung seiner Haftung bezüglich Hauptsache, Nebenforderungen und Kosten auf den Nachlass des am (…) verstorbenen (…) vorbehalten.

 

Rz. 518

Wird auf Klägerseite ein Prozess für den Nachlass geführt – insbesondere, wenn der Erbe einen vom Erblasser begonnenen Rechtsstreit auf Klägerseite fortführt –, so kann bei vollem oder teilweisem Unterliegen den Kläger ebenfalls die Kostentragungspflicht ganz oder teilweise treffen. Deshalb muss auch in einem solchen Fall bezüglich etwaiger Kosten der Antrag auf Aufnahme des Haftungsbeschränkungsvorbehalts mit dem Klageantrag gestellt werden.[415]

Eine Aufnahme des Rechtsstreits gem. § 239 ZPO ist nur durch den/die Erben zulässig, nicht aber durch den Vermächtnisnehmer.[416]

[412] OLG Frankfurt Rpfleger 1977, 372; OLG Stuttgart JurBüro 1976, 675; MüKo/Küpper, § 1967 BGB Rn 37.
[414] KG MDR 1981, 851; LG Leipzig ZEV 1999, 234; LG Berlin JurBüro 1987, 710 m.w.N.
[415] BGH ZEV 2001, 113 = FamRZ 2001, 282; der BGH geht ohne weiteres davon aus, dass ein Haftungsbeschränkungsvorbehalt nach § 780 ZPO auch zugunsten des Klägers in das Urteil aufgenommen werden kann. Siehe dazu im Einzelnen Rdn 87, 501 ff.

3. Muster: Aufnahme des Rechtsstreits durch den Erben auf Klägerseite mit Antrag auf Haftungsbeschränkungsvorbehalt (§ 780 ZPO)

 

Rz. 519

Muster 11.36: Aufnahme des Rechtsstreits durch den Erben auf Klägerseite mit Antrag auf Haftungsbeschränkungsvorbehalt (§ 780 ZPO)

 

Muster 11.36: Aufnahme des Rechtsstreits durch den Erben auf Klägerseite mit Antrag auf Haftungsbeschränkungsvorbehalt (§ 780 ZPO)

An das

Landgericht

– Zivilkammer –

_________________________

zu Az. _________________________

Aufnahme eines unterbrochenen Rechtsstreits

In der Rechtssache

des Herrn _________________________

– Klägers –

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt _________________________

gegen

Fr...

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