1. Zweck
Rz. 322
Ob der Erbe seine Haftungsbeschränkung durch eines der zwei förmlichen Nachlassverfahren (Nachlassverwaltung, Nachlassinsolvenzverfahren) herbeiführt, wird oft davon abhängen, wie hoch die Nachlassverbindlichkeiten sind. Deshalb gibt das Gesetz dem Erben mit dem Aufgebotsverfahren ein Mittel an die Hand, sich darüber einen Überblick zu verschaffen. Dieses Verfahren setzt nach § 455 Abs. 1 FamFG einen Antrag des Erben beim Nachlassgericht voraus. Das Aufgebot droht den Nachlassgläubigern, die sich nicht rechtzeitig melden, gem. § 458 FamFG an, dass sie vom Erben nur insoweit Erfüllung verlangen können, als sich nach Erfüllung der nicht ausgeschlossenen Gläubigerforderungen noch ein Überschuss ergibt. Zum Aufgebotsverfahren vgl. Rdn 323 ff.
2. Verfahrensrecht
a) Zuständigkeit
Rz. 323
Zuständig für das Aufgebotsverfahren ist das Amtsgericht, bei dem das Nachlassgericht seinen Sitz hat, § 454 FamFG, und zwar örtlich dasjenige, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte, § 343 FamFG. Funktionell zuständig für den Erlass des Aufgebotsbeschlusses ist der Rechtspfleger, § 3 Nr. 1 lit. c RPflG. Nach Ablauf der Aufgebotsfrist, die mindestens sechs Wochen betragen muss, wird vom Richter ein Ausschließungsbeschluss erlassen, § 439 Abs. 1 FamFG. Gegen diesen Ausschließungsbeschluss ist die befristete Beschwerde statthaft, § 439 Abs. 2 FamFG.
b) Antragsrecht
Rz. 324
Der nicht unbeschränkt haftende Erbe kann den Aufgebotsantrag stellen, § 455 Abs. 1 FamFG. Sein Antragsrecht beginnt mit Annahme der Erbschaft, eine Frist ist dafür nicht einzuhalten, § 455 Abs. 3 FamFG. Für den bereits umfassend haftenden Erben gäbe das Aufgebot keinen Sinn mehr.
Rz. 325
Bei einer Miterbengemeinschaft ist jeder Miterbe antragsberechtigt, § 455 Abs. 1 FamFG. Beantragt nur einer von mehreren Miterben das Aufgebot, so kommen seine Wirkungen auch den übrigen Miterben zustatten, § 460 Abs. 1 FamFG. Haftet einer der Miterben bereits allen Nachlassgläubigerin gegenüber unbeschränkt, so hat dieser kein Antragsrecht mehr, § 455 Abs. 1 FamFG, § 2013 BGB. Haften jedoch einzelne noch beschränkbar, so gelten die Sonderregeln der § 2060 Nr. 1 BGB, § 460 Abs. 1 S. 2 FamFG.
Rz. 326
Außer dem Erben steht ein Antragsrecht dem Testamentsvollstrecker und dem Nachlasspfleger – mit Verwaltungsbefugnis – zu, § 455 Abs. 2 FamFG. Aber erst nach Erbschaftsannahme können Erbe und Testamentsvollstrecker den Antrag stellen, § 455 Abs. 3 FamFG.
Rz. 327
Auch Vor- und Nacherbe sind antragsberechtigt; der Antrag des Vorerben kommt dem Nacherben zugute, §§ 461, 460 FamFG.
Rz. 328
Antragsberechtigt ist auch der Erbteilserwerber, § 463 FamFG. Besonderheiten gelten, wenn sich ein Gesamtgutsanteil einer Gütergemeinschaft im Nachlass befindet; vgl. insofern § 462 FamFG, für die fortgesetzte Gütergemeinschaft § 464 FamFG.
Rz. 329
Form: Der Erbe hat seinem Antrag ein Verzeichnis der ihm bisher bekannt gewordenen Nachlassgläubiger beizufügen und auf Verlangen die Richtigkeit des Verzeichnisses eidesstattlich zu versichern, §§ 456, 439 Abs. 1 FamFG.
c) Muster: Antrag auf Erlass eines Gläubigeraufgebots
Rz. 330
Muster 11.22: Antrag auf Erlass eines Gläubigeraufgebots
Muster 11.22: Antrag auf Erlass eines Gläubigeraufgebots
An das
Amtsgericht
– allgemeine Zivilabteilung –
_________________________
Nachlasssache des Herrn _________________________, zuletzt wohnhaft in _________________________
hier: Aufgebot der Nachlassgläubiger
Hiermit beantrage ich namens meines Mandanten, des Herrn _________________________, in dessen Eigenschaft als Alleinerbe des am _________________________ in _________________________ gestorbenen Herrn _________________________
das Aufgebot der Nachlassgläubiger
und danach den Erlass des entsprechenden Ausschlussbeschlusses. Eine auf mich lautende Vollmacht füge ich bei – Anlage 1 –.
Ausweislich der beigefügten begl. Abschrift des Erbscheins, der am _________________________ unter Az. _________________________ vom Amtsgericht – Nachlassgericht – _________________________ erteilt wurde, wurde mein Mandant Alleinerbe des Erblassers – Anlage 2 –.
Unter Bezugnahme auf § 460 FamFG teile ich mit, dass mein Mandant bisher weder allgemein noch gegenüber einem einzelnen Nachlassgläubiger unbeschränkt haftet.
Mein Mandant hat alle ihm bekannten Nachlassgläubiger in der beigefügten Liste – Anlage 3 – erfasst und die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Liste an Eides statt versichert.
Entstehende Kosten können mir aufgegeben werden.
(Rechtsanwalt)
d) Verfahrensgang
Rz. 331
Meldet ein Gläubiger eine Forderung an, so hat er den Gegenstand und den Grund der Forderung anzugeben und alle in Betracht kommenden Beweisstücke urschriftlich oder abschriftlich beizufügen, § 459 FamFG. Versäumt ein Gläubiger seine Anmeldung innerhalb der Aufgebotsfrist, so kann er dies noch nachho...