Martin Lindenau, Dominikus Arweiler
Rz. 13
Die Erteilung der Vollmacht (§ 167 BGB) erfolgt durch eine einseitige und empfangsbedürftige Willenserklärung des Vollmachtgebers. Die durch die Erteilung entstehende Vollmacht und das zugehörige Grundverhältnis sind unabhängig voneinander und somit strikt zu trennen (Abstraktionsprinzip/-grundsatz). Das Grundverhältnis ist insoweit, im Gegensatz zur Vollmachtserteilung, ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, welches jedoch auch stillschweigend/konkludent (z.B. durch die spätere Aufnahme der Tätigkeit als Bevollmächtigter) entstehen kann.
Rz. 14
Aus dem Gesetz geht die Zweiteilung zwischen Vollmacht und Grundverhältnis eindeutig hervor. Die Normierung in § 168 BGB besagt insoweit unmissverständlich, dass die Vollmacht grundsätzlich auch bei Fortbestehen des Grundverhältnisses widerrufen werden kann, wenn sich nicht aus dem Grundverhältnis etwas anderes ergibt. Wirksamkeit und Inhalt der Vollmacht sind somit im Regelfall gänzlich unabhängig von dem zugehörigen Grundgeschäft.
Rz. 15
Das Grundgeschäft kann in Ausnahmefällen sogar gänzlich fehlen (sogenannte isolierte Vollmacht), sei es deshalb, weil von Beginn an keine Regelung des Grundverhältnisses gegeben war (so häufig bei bloßen Gefälligkeiten), oder sei es deshalb, weil das zugehörige Grundverhältnis fehlerhaft (z.B. nichtig) war. In diesen Fällen tritt spätestens mit der Verwendung der Vollmacht ein gesetzliches Schuldverhältnis zu Tage, sodass zumindest die Grundsätze über die Geschäftsführung ohne Auftrag zur Anwendung gelangen. In der Regel liegt der Vollmacht jedoch ein Grundverhältnis zugrunde, welches sodann, in Abhängigkeit von dem jeweiligen Einzelfall und der jeweiligen Ausgestaltung, als ein bestimmtes Rechtsverhältnis zu qualifizieren ist.
Rz. 16
Die Vollmacht umfasst die dem Vertreter vom Vertretenen gewährte Ermächtigung, diesen rechtswirksam gegenüber Dritten zu vertreten und zu binden. Sie bestimmt insoweit das rechtliche Können des Vertreters im Außenverhältnis. Das zur Vollmacht zugehörige Rechtsverhältnis im Inneren (Grundverhältnis), zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter, bestimmt insoweit das rechtliche Dürfen des Vertreters, welches sich nicht mit dem zugehörigen rechtlichen Können im Außenverhältnis decken muss. Diese Zweiteilung ermöglicht es insoweit auch, dass die Vollmacht im Außenverhältnis unbeschränkt erteilt werden kann, im Grundverhältnis jedoch Regelungen getroffen werden, mit welchen sich der Bevollmächtigende absichern und eine Begrenzung der Vollmacht erreichen kann. Eine solche Zweiteilung ist zumeist sinnvoll und ratsam, denn auch wenn eine gleichzeitige Beschränkung der Vollmacht im Außen- und Innenverhältnis eine bessere Absicherung der Bevollmächtigenden gewährleisten würde, so brächte diese den Nachteil mit sich, dass Dritte vor einer Kontrahierung detailliert prüfen müssten, ob das angedachte Rechtsgeschäft von der Vollmacht umfasst ist. Die Funktionalität der Vollmacht leidet insoweit, wenn diese auch im Außenverhältnis eingeschränkt wird. Dies gereicht letztlich gerade dem Vollmachtgeber zum Nachteil, da eine wirksame und schnelle Vertretungsmöglichkeit durch den Vorsorgebevollmächtigten gegenüber Dritten häufig nicht gegeben ist. Insoweit empfiehlt es sich, die Vollmacht im Außenverhältnis stets unbeschränkt zu erteilen und die Zweiteilung (Außenverhältnis/Grundverhältnis) dahingehend zu nutzen, die gewünschten Einschränkungen im Grundverhältnis – und auch nur innerhalb von diesem – zu regeln.
Rz. 17
Muster 11.1: Baustein Grundmuster – Im Außenverhältnis unbedingte Vollmacht
Muster 11.1: Baustein Grundmuster – Im Außenverhältnis unbedingte Vollmacht
(Standort im Grundmuster I und II: § 2)
Im Innenverhältnis, d.h. ohne Einschränkung der Vertretungsmacht nach außen, gilt Folgendes:
Der Bevollmächtigte wird angewiesen, von der Vollmacht erst dann Gebrauch zu machen, wenn ich durch Krankheit, Unfall oder Alter oder aus sonstigen Gründen an der Besorgung meiner Angelegenheiten gehindert bin.
Ggf. Aufnahme weiterer Regelungen gemäß Rdn 60 ff.
Der Bevollmächtigte wird weiterhin angewiesen _________________________.
Auf Weisung des Vollmachtgebers darf der Bevollmächtigte im Einzelfall bereits vor dem Eintritt einer der obigen Voraussetzungen im Namen des Vollmachtgebers Rechtshandlungen vornehmen.
Im Außenverhältnis ist die Vollmacht hingegen unbedingt erteilt und wirksam, sobald der Bevollmächtigte ein Original oder eine Ausfertigung der Vollmacht vorlegen kann.
Der Bevollmächtigte muss insoweit gegenüber Dritten gerade nicht den Nachweis dessen erbringen, dass ich durch Krankheit, Unfall oder Alter oder aus sonstigen Gründen an der Besorgung meiner Angelegenheiten gehindert bin (Betreuungsbedürftigkeit beziehungsweise Geschäftsunfähigkeit).
Rz. 18
Praxistipp
Selbst auf den ersten Blick unbedenklich erscheinende Beschränkungen der Vollmacht im Außenverhältnis sollten nur mit äußerster Vorsicht vorgenommen werden, da jede Einschränkung im Außenverhältnis den reibungslosen Einsatz der Vollmacht ge...