Martin Lindenau, Dominikus Arweiler
I. Notwendigkeit einer Bestimmung des Grundverhältnisses
Rz. 46
Um Unklarheiten zu vermeiden, die sich daraus ergeben können, dass das Grundverhältnis stets anhand des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen ist, ist es ratsam, im Zusammenhang mit der Vollmachtserteilung eine eindeutige Ausgestaltung hinsichtlich des Grundverhältnisses vorzunehmen.
Rz. 47
Praxistipp
Sofern keine der Rechtsfolgen, die sich aus dem Auftragsrecht ergeben, im Widerspruch zu den Intentionen der Mandantschaft stehen und soweit keine Entgeltlichkeit angedacht ist, empfiehlt es sich, das Grundverhältnis stets ausdrücklich als Auftragsverhältnis auszugestalten. Auf diese Weise können die bereits dargestellten Unsicherheiten, die sich daraus ergeben, dass weder aus dem Gesetz, der Rechtsprechung oder der Literatur ersichtlich ist, in welchen Fällen von welchem rechtlichen Grundverhältnis gesichert ausgegangen werden kann, umschifft werden.
Rz. 48
Muster 11.2: Als Auftragsverhältnis ausgestaltetes Grundverhältnis
Muster 11.2: Als Auftragsverhältnis ausgestaltetes Grundverhältnis
Der Vollmacht- und Auftraggeber _________________________ und der Bevollmächtigte/Auftragnehmer _________________________ treffen die folgenden Vereinbarungen zur Ausgestaltung des Grundverhältnisses der am _________________________ erteilten Vorsorgevollmacht:
Der Bevollmächtigte/Beauftragte verpflichtet sich _________________________
Sofern vorstehend keine abweichenden Vereinbarungen getroffen wurden, soll das Auftragsrecht gemäß den gesetzlichen Bestimmungen in den §§ 662 ff. BGB zur Anwendung gelangen.
Rz. 49
Insbesondere dann, wenn man sich auf den Standpunkt stellt, dass sich das Grundverhältnis gesichert nach den Normen des Auftragsrechtes richtet, und wenn keine explizite Regelung zur Ausgestaltung des Grundverhältnisses getroffen werden soll, kann im Zuge der Vollmachtserteilung auch schlicht darauf hingewiesen werden, dass auf eine Ausgestaltung des Grundverhältnisses verzichtet wird.
Rz. 50
Muster 11.3: Baustein Grundmuster – Keine Ausgestaltung des Grundverhältnisses
Muster 11.3: Baustein Grundmuster – Keine Ausgestaltung des Grundverhältnisses
(Standort im Grundmuster I und II: § 4)
Eine Ausgestaltung des Grundverhältnisses mit dem Vollmachtnehmer möchte ich nicht vornehmen.
II. Zulässigkeit und (faktische) Möglichkeit vertraglicher Modifikationen des Grundverhältnisses
Rz. 51
Im Rahmen der dem deutschen Recht immanenten und der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG entspringenden Vertragsfreiheit steht es den Parteien frei, das Grundverhältnis entsprechend den eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen auszugestalten. Von den gesetzlichen Normierungen hinsichtlich des Auftragsrechtes kann somit durch ausdrückliche Vereinbarung abgewichen werden.
Rz. 52
Praxistipp
Die jeweilige Möglichkeit und Notwendigkeit derartiger Anpassungen ist stets mit der Mandantschaft zu erörtern. Die Grenzen der Vertragsfreiheit, insbesondere aufgrund von gesetzlichen Verboten und Sittenwidrigkeiten (§§ 134, 138, 242 BGB), bleiben zu beachten.
Rz. 53
Dem Vollmachtgeber steht es somit frei, mit dem Bevollmächtigten von den gesetzlichen Regelungen des Auftragsrechtes abweichende Vereinbarungen zu treffen. Diese können, im Rahmen des rechtlich Zulässigen, freilich eine Verschärfung oder eine Erleichterung beinhalten. Da es sich im Rahmen der Vorsorgevollmacht zumeist um ein unentgeltliches Tätigwerden einer Vertrauensperson handelt, finden sich neben den allgemeinen Anweisungen zur Wahrnehmung der persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten zumeist Erleichterungen hinsichtlich der aus dem Auftragsrecht erwachsenden Verpflichtungen des Bevollmächtigten und nur in seltenen Fällen zusätzliche Verschärfungen.
Rz. 54
Praxistipp
Die bei der Vorsorgevollmacht häufig anzutreffende und paradoxe Situation, dass diese eine der weitreichendsten Vollmachten ist, die eine Person in ihrem Leben erteilt, und dass diese Vollmacht zugleich auch derart ausgestaltet ist, dass der bevollmächtigten Person diverse (Haftungs-)Erleichterungen gewährt werden, ist der besonderen Situation und dem besonderen Einsatzfeld der Vorsorgevollmacht geschuldet. Zum einen wird die Vollmacht in den meisten Fällen einer Person erteilt, zu welcher ein starkes Vertrauensverhältnis besteht. Darüber hinaus ist das zentrale Ziel des Vollmachtgebers bei der Errichtung der Vorsorgevollmacht, dass dieser für den Fall seiner vorübergehenden oder dauerhaften Verhinderung durch eine Vertrauensperson und nicht durch einen gerichtlich bestellten Betreuer vertreten wird. Insoweit soll durch die diversen Erleichterungen, die dem Vollmachtnehmer zugesprochen werden, gewährleistet werden, dass dieser in eben jener Situation, in welcher der Vollmachtgeber nicht mehr in der Lage ist, seine Angelegenheiten und somit auch seine Vertretung selbst zu besorgen, tatsächlich tätig wird. Zentrales Motiv des Vollmachtgebers ist es somit, zu gewährleisten, dass die Vertretung für den Vertreter nicht derart belastend und/oder riskant ist, dass dieser von der Wahrnehmung der Vertretung und der Ausübung der Rechte aus der Vollmacht Abstand...