Martin Lindenau, Dominikus Arweiler
Rz. 24
Erfolgt die Vollmachtserteilung durch den Vollmachtgeber mit Rechtsbindungswillen, soll die Ausübung der Vollmacht jedoch unentgeltlich erfolgen, so ist in der Regel von einem Auftragsverhältnis auszugehen (§ 662 BGB). Schwierig ist insoweit jedoch die Feststellung, ob ein Rechtsbindungswille gegeben war.
Rz. 25
Nach der hier vertretenen Auffassung ist bei einer unentgeltlichen Bevollmächtigung im Zusammenhang mit einer Vorsorgevollmacht in der Regel ein Rechtsbindungswille des Vollmachtgebers anzunehmen, da die Vorsorgevollmacht neben der Vermeidung einer Betreuerbestellung weitreichende Befugnisse zur Wahrnehmung finanzieller und persönlicher Interessen beinhaltet und auf einen längeren Zeitraum ausgelegt ist. Die häufig für die Annahme einer Gefälligkeit angeführte Vertrauens- und Nähebeziehung zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten ist gerade kein Argument, auf welches die Verneinung des Rechtsbindungswillens gestützt werden kann, da diese bei der überwiegenden Zahl der Vorsorgevollmachten vorzufinden ist (siehe Rdn 37 ff.).
Rz. 26
Das Fehlen eines Rechtsbindungswillens seitens des Vollmachtgebers muss insoweit in besonderem Maße zum Ausdruck kommen, damit ein Auftragsverhältnis verneint werden kann. Lediglich dann, wenn im Einzelfall besondere Anhaltspunkte dafür bestehen, dass kein Rechtsbindungswille seitens des Vollmachtgebers gegeben ist, kommt die Annahme einer bloßen Gefälligkeit (siehe Rdn 48 ff.) in Betracht.
Rz. 27
Folge des Auftragsverhältnisses sind die weitreichenden Auskunfts- und Rechenschaftspflichten des Bevollmächtigten gegenüber dem Vollmachtgeber nach §§ 666 Var. 2 und 3, 259 BGB, welche auch für etwaige spätere Erben von Bedeutung sein können und einen Rückgriff auf § 242 BGB, zur Geltendmachung von Auskunftsansprüchen, entbehrlich werden lassen (§ 22 Rdn 2 ff.). Weniger bedeutungsvoll sind im Zusammenhang mit Vorsorgevollmachten die ebenfalls bestehenden Benachrichtigungspflichten, § 666 Var. 1 BGB. Hinzu kommen weiter die gesetzlich normierten Herausgabepflichten nach § 667 BGB und der Haftungsmaßstab nach § 276 Abs. 1 BGB (§ 22 Rdn 35 ff.). Eine analoge Anwendung der Haftungserleichterungen, die für andere Rechtsverhältnisse greifen, bei welchen eine Unentgeltlichkeit einer Leistung Gegenstand ist (§§ 521, 599, 690 BGB), besteht nicht. Dem Vollmachtgeber bleibt es jedoch freigestellt, im Rahmen der Ausgestaltung des Grundverhältnisses eine Haftungserleichterung zu gewähren.
Rz. 28
Im Gegenzug erhält der Bevollmächtigte einen Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß § 670 BGB (§ 21 Rdn 12).
Rz. 29
Das Merkmal der Unentgeltlichkeit kann insbesondere aufgrund während der Auftragsdauer vereinbarter Vergütungen entfallen, was zu einer Änderung der Vertragstypus führt. Eine Zahlung nach Abschluss des Auftrages kann jedoch ausnahmsweise als gesondertes Rechtsverhältnis zu werten sein, beispielsweise als belohnende Schenkung.