Martin Lindenau, Dominikus Arweiler
Rz. 88
Bei der Benennung mehrerer Bevollmächtigter ist mit größter Sorgfalt darauf zu achten, die Regelungen zur Vertretung durch den oder die Bevollmächtigten sowie ggf. die jeweils zugeordneten Kompetenzfelder klar zu definieren.
Hat der Vollmachtgeber mehrere Bevollmächtigte parallel eingesetzt, stellt sich die Frage, ob diese jeweils mit Einzelvertretungsbefugnis auszustatten sind (sog. Solidarvollmacht) oder demgegenüber ausschließlich gemeinschaftlich zur Vertretung berechtigt sein sollen. Von einer Gesamtvertretung ist im Einklang mit der herrschenden Meinung der Literatur grundsätzlich abzuraten, da in der Folge einer solchen Gestaltung das nicht hinnehmbare Risiko einer Blockade durch einen der gesamtvertretungsberechtigen Bevollmächtigten getragen werden müsste. Ungeachtet dessen kann, selbst bei übereinstimmendem Willen der Bevollmächtigten, bereits die räumliche Trennung der Aufenthaltsorte der Bevollmächtigten zu Verzögerungen führen. Der verfolgte Zweck in Gestalt des effektiven und unmittelbaren Übergangs von der Eigen- zur Fremdfürsorge gerät infolgedessen in Gefahr. Sofern eine gemeinschaftliche Vertretung aller Risiken zum Trotz gewünscht wird, sollte es den Bevollmächtigten im Innenverhältnis ermöglicht werden sich gegenseitig (privatschriftlich) Untervollmacht zu erteilen. Dieses Modell bietet sich an, wenn zwar gewünscht wird, dass sich die Bevollmächtigten grundsätzlich gegenseitig kontrollieren, aber gleichzeitig ein gewisses Maß an Flexibilität aufrechterhalten werden soll.
Rz. 89
Freilich ist auch die parallele Benennung mehrerer Personen als einzelvertretungsberechtigte Bevollmächtigte grundsätzlich zulässig. Diese Gestaltungsvariante hat gegenüber einer Kaskadengestaltung den Vorteil, dass der Eintritt des Ersatzfalles nicht nachgewiesen werden muss. Bei dieser Gestaltung sollte der Vollmachtgeber indes in den meisten Fällen unterschiedliche Bevollmächtigte für einzelne Aufgabengebiete/Handlungszuständigkeiten einsetzen, um konkurrierende Zuständigkeiten zu vermeiden.
Rz. 90
Grundsätzlich als sinnvoll anzusehen ist die Einsetzung eines oder mehrerer Ersatzbevollmächtigten, um ein Leerlaufen der Vorsorgevollmacht in dem Fall zu vermeiden, in welchem der Primärbevollmächtigte im Vorsorgefall das Amt nicht übernehmen kann oder will. In diesem Fall sollte im Innenverhältnis detailliert geregelt welchen, wann der Ersatzbevollmächtigte anstatt des Primärbevollmächtigten das Amt übernimmt. Bei mehreren Ersatzbevollmächtigten sollte eine Kaskade erkennbar sein, um nach dem Prinzip des sichersten Weges garantieren zu können, dass am Ende eine der benannten Personen in das Amt des Bevollmächtigten einrückt.
Rz. 91
Generell ist bei der Einsetzung mehrerer Bevollmächtigter darauf zu achten, dass sich deren Zahl in einem überschaubaren Rahmen hält und auch darauf, dass sich die Bevollmächtigten untereinander verstehen.
Rz. 92
Praxistipp
Um die Effektivität der Vollmacht nicht zu beeinträchtigen, ist es ratsam, sich auf einen Bevollmächtigten zu beschränken. Bei Vorsorgevollmachten gilt das Highlander-Prinzip: "Es kann nur einen geben".
Weitere Vertrauenspersonen können Ersatz- und Kontrollbevollmächtigte sein. Die gleichzeitige Bestimmung von mehreren Vertretern verlangt entweder, dass klare Aufgabenbereiche bestimmt werden oder dass ein System etabliert wird, das die Wahrnehmung der Aufgaben durch die Bevollmächtigten regelt. Sowohl die Gesamtvertretung als auch eine Vertretung durch den jeweils einzelnen Vertreter nach vorheriger Absprache oder Abstimmung mit den übrigen Vertretern verkomplizieren die Arbeit der Stellvertreter. Bei mehreren gleichzeitig zur Einzelvertretung berechtigten Personen drohen stets divergierende Entscheidungen und letztlich ein Leerlaufen der Vollmacht infolge von Blockaden und Rechtstreitigkeiten.