Rz. 145

Die Abänderung einer nach dem HKÜ ergangenen Entscheidung ist nicht möglich.[474] § 1696 Abs. 1 BGB ist auch nicht analog anzuwenden.[475] Gegen eine analoge Anwendung Art. 19 HKÜ, wonach eine Rückführungsentscheidung gerade nicht als Sorgerechtsentscheidung anzusehen ist. Vielmehr soll die Entscheidung nach dem HKÜ lediglich den Zustand vor der Entführung wiederherstellen und nicht die Sorgerechtsentscheidung, die nach der Rückführung im Herkunftsstaat zu treffen ist, präjudizieren oder ersetzen.

 

Rz. 146

Bleibt freilich die Frage, wie nach Eintreten der Rechtskraft einer Entscheidung des HKÜ die Rückführung gestoppt werden kann, wenn tatsächliche Gründe nach Art. 13 HKÜ auftreten (andernfalls ist die Vollstreckung durchzuführen, da keine milderen Maßstäbe gelten können als im Erkenntnisverfahren).[476] Im Vollstreckungsverfahren nach § 44 IntFamRVG wird grundsätzlich keine Kindeswohlprüfung mehr vorgenommen. Hier überzeugt der Vorschlag von Roth,[477] eine Vollstreckungsgegenklage analog § 767 ZPO im Ausnahmefall zuzulassen, um materiell-rechtliche Einwendungen gegen die Vollstreckung geltend zu machen. Einen anderen Weg hat das OLG Stuttgart in einem Fall beschritten, in dem sich erst nach Rechtskraft der Rückführungsanordnung die Situation im Krisengebiet so verschärft hatte, dass es die Rückführung nunmehr für dem Kind unzumutbar hielt;[478] es hat den Wiederaufnahmeantrag des entführenden Elternteils abgelehnt, aber ausgesprochen, dass aus dem Rückführungsbeschluss keine Vollstreckung stattfinde.[479] Dogmatisch scheinen beide Wege gangbar.

[474] Roth, Kind-Prax 2000, 179; vgl. auch OLG Zweibrücken FamRZ 2003, 961.
[475] A.A. OLG Karlsruhe FamRZ 2000, 1428, aber abzulehnen, zumal in diesem Fall in der Vermutung einer Inhaftierung des Vaters kein Grund für eine Kindeswohlgefährdung i.S.d. Art. 13 HKÜ zu sehen war; offen lassend OLG Karlsruhe FamRZ 2012, 468.
[476] So zutreffend OLG Stuttgart OLGR 2007, 15, Anm. Völker, jurisPR-FamR 7/2007, Anm. 2.
[477] Roth, KindPrax, 2000, 179.
[478] Siehe dazu auch Schweizerisches Bundesgericht SJZ 2004, 420.
[479] OLG Stuttgart OLGR 2009, 401; ebenso OLG Hamburg FamRZ 2015, 64 (im entschiedenen Einzelfall aber nicht überzeugend; dagegen zu Recht auch Fahl, NZFam 2014, 845).

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