Prof. Karl-Otto Bergmann, Dr. Carolin Wever
Rz. 34
Die allgemeine Betriebshaftpflicht baut auf den AHB auf und erfasst die spezifischen betrieblichen Haftungsrisiken, für weitere spezielle Haftungsbereiche hat die Versicherungswirtschaft spezifische Versicherungsprodukte entwickelt, z.B. Produkt- oder umweltschaftliche Bedingungen. Zur Beschreibung der möglichen Haftung in Ergänzung zu den AHB dienen die "Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen" (BB). Erforderlich für den Einschluss in die Betriebshaftpflichtversicherung des Arbeitgebers ist ein innerer ursächlicher Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb, so dass ein lediglich gelegentlich des Geschäftsbetriebes eintretender Haftpflichtumstand nicht in der Betriebshaftpflichtversicherung des Arbeitgebers versichert ist (vgl. BGH, VersR 1991, 293). Die Betriebsbezogenheit ist zu verneinen, wenn lediglich ein äußerer Zusammenhang zwischen Geschäftsbetrieb und der schadenstiftenden Tätigkeit vorliegt.
Aus der Haftpflichtversicherung des Arztes oder Krankenhausträgers erwirbt der Patient grundsätzlich keinen Direktanspruch gegen den Versicherer. Eine Ausnahme bilden die Probandenversicherung (siehe Rdn 33 f.) und die gesetzlichen Regeln des § 115 Abs. 1 Nr. 2 und 3 VVG n.F. Verletzt der Arzt bzw. Krankenhausträger seine Sorgfaltspflichten gegenüber dem Patienten, so haftet er dem Patienten aus bürgerlichem Vertrags- (§ 76 Abs. 4 SGB V, §§ 280, 276, 278 BGB) und/oder Deliktsrecht (§§ 823, 831 BGB). Der Versicherungsbedarf der Behandlerseite ist abhängig davon, für welche Pflichtverletzungen der einzelne Leistungserbringer jeweils haftet.
Rz. 35
Vertragliche und deliktische Haftung hat die Rechtsprechung im Arzthaftungsrecht bei den Anspruchsvoraussetzungen schon bisher praktisch einheitlich angewandt. An den Entlastungsbeweis nach § 831 BGB stellt der BGH die allgemein sehr hohen Anforderungen, so dass die Unterschiede zwischen § 278 BGB und § 831 BGB weitgehend aufgehoben sind. Durch die Schuldrechtsreform haben sich vertragliche und deliktische Haftung weiter angenähert. Der Entlastungsbeweis nach § 831 Abs. 1 S. 2 BGB nützt dem Geschäftsherrn bei gleichzeitiger vertraglicher Haftung über § 278 BGB nichts mehr. Das Patientenrechtegesetz mit dem Regelungswerk der §§ 630a bis 630h BGB regelt die Vertragspflichten der Behandler- und Patientenseite, wobei die Beweislastregelung des § 630h BGB auch für die deliktische Haftung gilt.
Rz. 36
Diese Haftungsregeln gelten auch für das medizinische Versorgungszentrum (siehe unten Rdn 50 f.) und die Integrierte Versorgung (siehe unten Rdn 56 f.).
Die Betriebshaftpflichtversicherung des Krankenhauses deckt nicht Haftpflichtansprüche aus Arbeitsunfällen im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß SGB VII, da insoweit der gesetzliche Unfallversicherungsschutz greift.
a) Krankenhausbehandlung
Rz. 37
Die konkrete Ausgestaltung des Behandlungsvertrages bestimmt, ob der Patient Ansprüche gegen den Arzt und/oder den Krankenhausträger geltend machen kann. Die Darstellung beschränkt sich an dieser Stelle bewusst auf die Grundzüge des Haftungsrechtes, soweit es nämlich den Versicherungsschutz betrifft.
aa) Totaler Krankenhausaufnahmevertrag
Rz. 38
Der totale Krankenhausaufnahmevertrag ist beim Kassenpatienten der Regelfall. Der Krankenhausträger schuldet danach eine umfassende Versorgung des Patienten. Wegen der zentralen Bedeutung der geschuldeten Heilbehandlung finden vorwiegend die Vorschriften des Dienstvertrages Anwendung. Der Krankenhausträger haftet vertraglich und deliktisch unmittelbar gegenüber dem Patienten, und zwar sowohl für eigenes Organisationsverschulden als auch für Pflichtverletzungen durch die Krankenhausmitarbeiter bis hin zum Chefarzt. Die Krankenhausmitarbeiter haften lediglich deliktisch für eigene Fehler.
bb) Totaler Krankenhausaufnahmevertrag mit Arztzusatzvertrag
Rz. 39
Beim totalen Krankenhausaufnahmevertrag mit Arztzusatzvertrag schließt der – i.d.R. selbstzahlende – Patient neben dem Krankenhausaufnahmevertrag zusätzlich einen Vertrag über die ärztliche Behandlung mit dem selbst liquidierenden Arzt. Die Konstruktion ist heute bei der Vereinbarung von Wahlleistungen die Regel. Für ärztliche Behandlungsfehler haften sowohl der Krankenhausträger als auch der Arzt gesamtschuldnerisch aus Vertrag. Die deliktische Haftung entspricht derjenigen beim totalen Krankenhausaufnahmevertrag.
cc) Gespaltener Arzt-Krankenhaus-Vertrag
Rz. 40
Beim gespaltenen Arzt-Krankenhaus-Vertrag vereinbart der Patient mit dem Krankenhausträger die Krankenhausversorgung und mit dem liquidationsberechtigten Arzt die ärztliche Behandlung. Ein typischer Anwendungsfall ist die Belegarztbehandlung. Vertraglich und deliktisch haften der (Beleg-)Arzt für die vereinbarte fachärztliche Leistung und der Krankenhausträ...