Rz. 105

Reine Vermögensschäden, die weder durch Personen- noch durch Sachschäden entstanden sind, sind nach Ziff. 2.1 AHB gesondert zu versichern. Zusätzlich versicherbar ist z.B. das Abhandenkommen von Sachen, die Patienten und ihre Begleiter in die Praxis oder in das Krankenhaus eingebracht haben. Ausdrücklich ausgeschlossen sind regelmäßig Haftpflichtansprüche wegen Vermögensschäden z.B. durch Immissionen oder durch beratende Tätigkeit. Die übliche Versicherungssumme je Schadenereignis beträgt bei Vermögensschäden 100.000 EUR, bei doppelter Maximierung (1.3.6 (3) BBR).

 

Rz. 106

Für Haftpflichtansprüche, bei denen es sich um Unterhaltsansprüche gegen den Versicherungsnehmer in seiner Eigenschaft als Arzt wegen ungewollter Schwangerschaft bzw. wegen unterbliebenen Schwangerschaftsabbruches handelt, besteht laut BBR Versicherungsschutz nach Maßgabe der vereinbarten Versicherungssumme für Personenschäden (1.3.5 BBR). Anlass für diese Regelung war die höchstrichterliche Rechtsprechung zu Geburtsschäden. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH besteht für den Unterhaltsanspruch eines ungewollt geborenen Kindes eine Ersatzpflicht des Arztes bzw. Krankenhausträgers. Die Ersatzpflicht besteht bei fehlerhafter genetischer Beratung,[133] misslungener Sterilisation[134] und bei verhinderten oder fehlgeschlagenem, rechtmäßigem Schwangerschaftsabbruch.[135] Die Höhe des Ersatzanspruchs beläuft sich auf den doppelten Regelsatz abzüglich Kindergeld. Führt der Arztfehler zur Geburt eines behinderten Kindes, wird der volle Unterhaltsbedarf geschuldet. Der BGH argumentiert, dass nur der Unterhalt, nicht das Kind selbst als Schaden gewertet würden. Diese Rechtsprechung der Zivilgerichte ist nunmehr zumindest durch den Ersten Senat des BVerfG auch verfassungsrechtlich gebilligt worden.[136]

 

Rz. 107

Es liegt auf der Hand, dass die Deckungssummen für reine Vermögensschäden bei weitem nicht ausreichten, um möglicherweise für Jahrzehnte einen erhöhten Unterhaltsaufwand zu ersetzen. Durch Aufnahme der Unterhaltsklausel wird nunmehr ein ausreichender Deckungsschutz für dieses erhebliche Haftungsrisiko gewährleistet. Ungeachtet der weiter anhaltenden Diskussion um die Rechtsprechung zum "Kind als Schaden"[137] ist das Unterhaltsrisiko durch die Arzthaftpflichtversicherung somit heute abgedeckt – vorausgesetzt, die Haftungshöchstsumme für Personenschäden ist ausreichend bemessen.

[133] BGH NJW 1997, 1635 (1638); 1994, 788.
[134] BGH NJW 1995, 2409.
[136] BVerfG 1. Senat, NJW 1998, 519.
[137] BVerfG 2. Senat, NJW 1998, 523; Deutsch, NJW 1998, 510; Laufs, NJW 2001, 1757 (1762); Spickhoff, NJW 2002, 1758 (1764).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge