Prof. Karl-Otto Bergmann, Dr. Carolin Wever
Rz. 63
Die Ärzte und Krankenhausträger können grundsätzlich frei entscheiden, bei welchem Versicherer sie eine Berufs- oder Betriebshaftpflichtversicherung abschließen. Tatsächlich stehen aber nicht alle Versicherungstypen allen Leistungserbringern offen.
a) Selbstversicherung
Rz. 64
Die öffentliche Hand praktiziert teilweise noch die Form der sog. Selbstversicherung, bei der in Wirklichkeit überhaupt kein Versicherungsschutz besteht. Haftpflichtansprüche werden aus den öffentlichen Haushalten beglichen. Nachdem aber selbst die Länder Betriebshaftpflichtversicherungen für die Universitätskliniken abgeschlossen haben, sind im Wesentlichen nur noch Landeskliniken und Bundeswehrkrankenhäuser, aber auch einige große kommunale Krankenhäuser ohne Versicherungsschutz.
Wegen der hohen Versicherungsprämien finden wir die Selbstversicherung in Form hoher Selbstbehalte oder Teilabsicherung nur des Hochrisikobereichs neuerdings auch bei privaten Krankenhauskonzernen.
Rz. 65
Eine Unterart der Selbstversicherung sind die Captives (Captive-Insurance-Companies), bei denen es sich um unternehmenseigene Versicherungsgesellschaften handelt, die die Risiken des Krankenhausträgers als Tochtergesellschaft versichern. Insoweit sind sie mit dem Mutterunternehmen verbunden (Captives). Auch hiervon erhoffen sich die Krankenhausträger stabile Prämien, verbunden mit einem Zugang zum Rückversicherungsmarkt, eine Risikominimierung und letztendlich eine Kostenreduktion, also letztlich Ersatz für geeigneten Versicherungsschutz. Der Anteil der Captives am weltweiten Versicherungsmarkt wird mit 40 % geschätzt, hat also erhebliche Bedeutung, während in Deutschland Captives kaum eine Rolle spielen.
b) Kommunale Haftpflichtversicherung
Rz. 66
Die als Eigenbetriebe der Kommunen und Landkreise oder als GmbH (in mehrheitlich kommunalem Besitz) geführten öffentlichen Krankenhäuser sind i.d.R. bei Kommunalversicherern betriebshaftpflichtversichert. Die Kommunalversicherer treten in unterschiedlichen Rechtsformen auf:
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Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (z.B. GVV-Kommunalversicherung VVaG in Köln); |
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Kommunaler Schadenausgleich (z.B. KSA Berlin, Bochum, Hannover und Kiel); |
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Versicherungsanstalt des öffentlichen Rechts (z.B. Versicherungskammer Bayern). |
Die Kommunalversicherer arbeiten ohne Gewinnerzielungsabsicht nach dem Umlageverfahren (KSA) bzw. dem Bedarfsdeckungsprinzip (GVV). Überschüsse werden nicht erzielt bzw. fließen an die Mitglieder zurück. Als Sicherheit dienen letztlich die kommunalen Haushalte. Privaten Klinikbetreibern und niedergelassenen Ärzten stehen die Kommunalversicherer nicht offen. Allerdings kann z.B. der angestellte Arzt eines bei dem GVV versicherten kommunalen Krankenhauses sein persönliches Haftpflichtrisiko auch dort abdecken. Zur Rückdeckung schließt auch der Kommunalversicherer Rückdeckungsverträge mit Rückversicherern ab. Die Satzungen und Verrechnungsgrundsätze der Kommunalen Schadenausgleiche bestimmen die Schadensregulierung.
c) Private Haftpflichtversicherung
Rz. 67
Die privaten Haftpflichtversicherer sind in der Rechtsform des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit (VVaG) oder der Aktiengesellschaft (AG) organisiert. Daneben gibt es auch Versicherungsanstalten des öffentlichen Rechts, die wie Privatversicherer am Markt auftreten (z.B. Provinzial-Versicherungen). Sie versichern die niedergelassenen Ärzte und die Krankenhäuser in rein privater oder teilweise privater Trägerschaft. Die Vermittlung der Versicherungen erfolgt häufig über Versicherungsmakler. So pflegen die kirchlichen Krankenhausträger häufig über die Ecclesia abzuschließen. Wegen der möglichen Unterschiede der Versicherungsbedingungen, z.B. Prämien und Deckungsschutz, treffen den Makler oder Rechtsanwalt bei der Abschlussberatung besondere Sorgfaltspflichten (siehe Rdn 134 f.).
d) Versicherungsumfang
Rz. 68
Der Umfang des Versicherungsschutzes hängt davon ab, für welche Personen welche Risiken mitversichert werden. Dies ist individuell vereinbar. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die bei der Betriebs- und Berufshaftpflichtversicherung üblichen Vereinbarungen, deren Inhalt durch das Versicherungsvertragsgesetz (VVG), die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) und die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Haftpflichtversicherung Ärzte, Medizinstudenten im praktischen Jahr, Zahnärzte (BBR) weitgehend typisiert ist. Durch die Novellierung des VVG, das in dieser Form zum 1.1.2008 in Kraft trat, haben sich auch im Bereich der Arzthaftpflichtversicherung einige Änderungen ergeben; dies bezieht sich zunächst auf die Beratungspflichten und das Zustandekommen des Vertrages sowie im weiteren auf die Obliegenheiten, die aus dem Versicherungsvertrag resultieren, und die Folgen einer Obliegenheitsverletzung. Hierauf wird im Einzelnen noch eingegangen.