Prof. Karl-Otto Bergmann, Dr. Carolin Wever
Rz. 37
Die konkrete Ausgestaltung des Behandlungsvertrages bestimmt, ob der Patient Ansprüche gegen den Arzt und/oder den Krankenhausträger geltend machen kann. Die Darstellung beschränkt sich an dieser Stelle bewusst auf die Grundzüge des Haftungsrechtes, soweit es nämlich den Versicherungsschutz betrifft.
aa) Totaler Krankenhausaufnahmevertrag
Rz. 38
Der totale Krankenhausaufnahmevertrag ist beim Kassenpatienten der Regelfall. Der Krankenhausträger schuldet danach eine umfassende Versorgung des Patienten. Wegen der zentralen Bedeutung der geschuldeten Heilbehandlung finden vorwiegend die Vorschriften des Dienstvertrages Anwendung. Der Krankenhausträger haftet vertraglich und deliktisch unmittelbar gegenüber dem Patienten, und zwar sowohl für eigenes Organisationsverschulden als auch für Pflichtverletzungen durch die Krankenhausmitarbeiter bis hin zum Chefarzt. Die Krankenhausmitarbeiter haften lediglich deliktisch für eigene Fehler.
bb) Totaler Krankenhausaufnahmevertrag mit Arztzusatzvertrag
Rz. 39
Beim totalen Krankenhausaufnahmevertrag mit Arztzusatzvertrag schließt der – i.d.R. selbstzahlende – Patient neben dem Krankenhausaufnahmevertrag zusätzlich einen Vertrag über die ärztliche Behandlung mit dem selbst liquidierenden Arzt. Die Konstruktion ist heute bei der Vereinbarung von Wahlleistungen die Regel. Für ärztliche Behandlungsfehler haften sowohl der Krankenhausträger als auch der Arzt gesamtschuldnerisch aus Vertrag. Die deliktische Haftung entspricht derjenigen beim totalen Krankenhausaufnahmevertrag.
cc) Gespaltener Arzt-Krankenhaus-Vertrag
Rz. 40
Beim gespaltenen Arzt-Krankenhaus-Vertrag vereinbart der Patient mit dem Krankenhausträger die Krankenhausversorgung und mit dem liquidationsberechtigten Arzt die ärztliche Behandlung. Ein typischer Anwendungsfall ist die Belegarztbehandlung. Vertraglich und deliktisch haften der (Beleg-)Arzt für die vereinbarte fachärztliche Leistung und der Krankenhausträger für die Unterbringung, Pflege und die sonstige ärztliche Betreuung. Der Träger eines Belegkrankenhauses hat für die Fehler seines Personals einzustehen, solange diese nicht wegen einer besonderen ärztlichen Weisungskompetenz oder Übernahme der Geburtsleitung durch den Belegarzt diesem zugerechnet werden können. Nach Hinzuziehung eines Belegarztes zur Geburt untersteht die Hebamme seinem Weisungsrecht. Fehler der Hebamme sind dann dem Belegarzt zuzurechnen. Die eigene deliktische Haftung der Krankenhausmitarbeiter bleibt unberührt.
dd) Krankenhausambulanz
Rz. 41
Bei der ambulanten Behandlung im Krankenhaus ist zwischen sog. Chefarztambulanz (§ 116 SGB V), Notfallambulanz und ambulanten Operationen zu unterscheiden. Grundsätzlich bestehen bei einer ambulanten Behandlung nur vertragliche Beziehungen zu dem die Ambulanz betreibenden Chefarzt, selbst wenn die Behandlung tatsächlich durch einen nachgeordneten Arzt ausgeführt wird. Die Haftungsverteilung zwischen Arzt und Krankenhausträger entspricht dann der beim gespaltenen Arzt-Krankenhaus-Vertrag (vgl. Rdn 40). Dabei ist unbeachtlich, ob sich der Privatpatient tatsächlich Vorstellungen macht, wer sein Vertragspartner im Krankenhaus sein würde. Eine Ausnahme von dem Grundsatz der alleinigen Vertragsbeziehung zum Chefarzt der Ambulanz ist nur für den Fall zuzulassen, dass die ambulante Behandlung lediglich der Vorbereitung einer stationären Aufnahme dient und dabei eine Entscheidung zugunsten einer stationären Aufnahme fällt. Ist die Behandlung aber in selbstständige Abschnitte aufzuspalten, richtet sich die haftungsrechtliche Zuordnung danach, in Wahrnehmung welcher Tätigkeit der Behandler fehlerhaft gehandelt hat. Bei ambulanten Operationen nach § 115b SGB V ist dagegen Vertragspartner des Patienten allein der Krankenhausträger. Auch bei Behandlungen im Rahmen sog. Institutsambulanzen i.S.v. §§ 117–119 SGB V kommt ein Krankenhausvertrag zustande. Ansonsten kann der Krankenhausträger die ambulante Behandlung eines Kassenpatienten vertraglich nur dann übernehmen, wenn es sich um einen Notfall handelt und dafür weder ein Kassenarzt noch ein an der kassenärztlichen Versorgung beteiligter Chefarzt zur Verfügung stehen. Ein Vertrag kommt in diesem Fall wiederum nur mit dem Krankenhausträger zustande. Die Krankenhausmitarbeiter haften für schuldhafte Pflichtverletzungen nur deliktisch.
ee) Hoheitliches Handeln
Rz. 42
Verletzt ein beamteter Arzt fahrlässig seine Dienstpflichten, tritt beim totalen...