Prof. Karl-Otto Bergmann, Dr. Carolin Wever
Rz. 29
Krankenhausträger sind nicht zum Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung i.S.d. § 102 VVG für sich selbst und ihre Bediensteten verpflichtet. Selbst für Träger von großschadensträchtigen geburtshilflichen Abteilungen gilt keine Versicherungspflicht, geschweige denn eine Mindestversicherungssumme, während Träger von Hebammenschulen zugunsten ihrer Schülerinnen eine Haftpflichtversicherung abschließen müssen. Mangels Versicherungspflicht war in der Vergangenheit die Mehrzahl der ländereigenen Universitätskliniken nicht versichert, sondern regulierten etwaige Schäden aus dem Landeshaushalt. In Nordrhein-Westfalen hatte der Landesrechnungshof diese als "Selbstversicherung" bezeichnete Praxis kritisiert. Schadensersatzleistungen aus dem Haushalt konnten nämlich im Gegensatz zu Versicherungsaufwendungen nicht in die Kalkulation der Pflegesätze einbezogen werden. Seit dem 1.1.1990 verfügen nunmehr alle Universitätskliniken in Nordrhein-Westfalen über eine Betriebshaftpflichtversicherung. Andere Bundesländer sind nachgezogen.
Rz. 30
Soweit Krankenhausträger keine Heilwesenhaftpflichtversicherung abgeschlossen haben, müssen sie eine ähnliche Risikoabsicherung treffen oder eine Garantie bieten. Die – in anderen Bundesländern ähnliche – Regelung des § 34b KHGG NRW lautet:
Zitat
"Der Krankenhausträger bedarf einer Haftpflichtversicherung, einer Garantie oder einer ähnlichen Regelung, die im Hinblick auf ihren Zweck gleichwertig oder im Wesentlichen vergleichbar und nach Art und Umfang dem Risiko angemessen ist. Das Bestehen einer solchen Regelung ist der zuständigen Behörde auf Verlangen nachzuweisen."
Die Vorschrift des § 34b KHGG NRW ist so weit gefasst, dass auch alternative Deckungsmodelle wie z.B. Captives als "ähnliche Regelung" gewählt werden können.
Auch Selbstversicherungen mit Bildung von Schadensrückstellungen sind nach dem Wortlaut der Neuregelung nicht ausgeschlossen.
Rz. 31
Der Gesetzgeber schreibt nicht vor, dass jeder einzelne Arzt zusätzlich eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen muss, vielmehr sind die Berufspflichten gewahrt, wenn die dienstliche Tätigkeit des Arztes über die Mitversicherung in der Heilwesenversicherung gedeckt ist.
Dem Bediensteten des Krankenhausträgers steht im Schadenfall ein arbeitsrechtlicher Freistellungsanspruch aus innerbetrieblichem Schadenausgleich zu, auf den der Geschädigte im Falle der Titulierung seiner Forderung im Rahmen einer Forderungspfändung zugreifen könnte.
Im Rahmen des innerbetrieblichen Schadenausgleichs ist auch ein etwaiger Verzicht auf den Haftpflichtversicherungsschutz durch den Krankenhausträger zu berücksichtigen. Denn grundsätzlich trifft den Arbeitgeber im Verhältnis zum Arbeitnehmer die Obliegenheit, eine übliche und ihm zumutbare Versicherung abzuschließen. Fehlt eine solche Versicherung, die andernfalls den Schaden decken würde, fällt der Schaden im Innenverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien dem Arbeitgeber zur Last.
Im Endergebnis kann der Krankenhausträger mit dem Abschluss einer auf den Arbeitnehmer mitversichernden Heilwesenversicherung wirtschaftlich die Abwälzung des Gesamtschadens von Krankenhausträger und Arbeitnehmer auf den Haftpflichtversicherer bewirken.
Ein Gastarzt kann, auch wenn er selbst Arbeitnehmer eines anderen Krankenhausträgers ist, als Betriebsangehöriger des sich des Gastarztes bedienenden Krankenhausträgers von dessen Versicherungsschutz erfasst sein, wenn er mit Wissen und Wollen des Betriebsinhabers eine betriebsbezogene Tätigkeit ausübt und in den Betrieb des fremden Krankenhauses insoweit integriert ist. Zur Klarstellung: Der Krankenhausträger hat neben dem Behandlerrisiko eine große Anzahl weiterer Haftpflichtversicherungen abzuschließen, z.B. für zulassungspflichtige Kraftfahrzeuge, die Krankenhausapotheke, Technik, Cyberversicherungen etc.