Rz. 6

Die Heilwesenversicherung deckt das Schadensrisiko des Behandlers im Sinne des § 630a BGB ab, also des Krankenhausträgers, des Arztes im Krankenhaus und in der niedergelassenen Praxis, aber auch des Psychotherapeuten, der Hebammen und des Heilpraktikers. Häufig wird auch der Einfachheit halber von der Arzthaftpflichtversicherung gesprochen. Die Haftpflichtversicherung des Arztes steht im Mittelpunkt der Erörterungen.

Die Heilwesenversicherung ist eine Schadenversicherung im Sinne des Kap. 2 des VVG in Form der Passivenversicherung, da sie das Risiko des einzelnen Versicherungsnehmers vor Belastung seines Vermögens mit Schadensersatzansprüchen eines Geschädigten deckt. Die Neufassung des § 102 Abs. 1 VVG unter Einbeziehung des Bediensteten als Drittversicherten zeigt, dass Schutzzweck einer Heilwesenversicherung auch der Schutz des einzelnen Bediensteten ist. Ärzte sind bei der Ausübung ihres Berufes einem erheblichen Haftungsrisiko ausgesetzt. Zum einen ist das Risiko eines Fehlschlages zwangsläufig Bestandteil der ärztlichen Behandlung, da trotz allen medizinischen Fortschrittes die Funktion des menschlichen Körpers nicht so gut bekannt ist, als dass alle Folgen eines Heileingriffes sicher vorherbestimmt werden könnten. Zum anderen bringt eine Beeinträchtigung der Gesundheit wegen der zentralen Bedeutung dieses Rechtsgutes häufig einen erheblichen materiellen Schaden für den Patienten oder Dritte, z.B. Unterhaltsberechtigte, mit sich. Diese Probleme sind dem Beruf des Arztes zu keiner Zeit fremd gewesen.

 

Rz. 7

Die erste Berufshaftpflichtversicherung der Ärzte wurde im Jahre 1887 gegründet.[3] Auch wenn die Arzthaftpflichtversicherung teilweise als nicht notwendig angesehen wurde, weil das zu versichernde Risiko des Arztes aus moralischen Gründen "schlichthin nicht versicherungsfähig" sei,[4] waren immerhin im Jahre 1901 bei dem 1875 gegründeten Allgemeinen Deutschen Versicherungsverein in Stuttgart bereits 6.500 Versicherungsverträge aus dem Bereich der Arzt- und Apothekerhaftpflicht abgeschlossen.[5] Trotz ihrer Bedeutung rückt die Arzthaftpflichtversicherung nur selten in das Blickfeld der Öffentlichkeit, so zumindest ansatzweise anlässlich der nach wie vor lebhaften Diskussion zum Stichwort "Kind als Schaden". In einer Entscheidung vom 18.6.2002 verurteilte der BGH eine Frauenärztin wegen fehlerhafter Ultraschalluntersuchung während der Schwangerschaft zur Zahlung des Unterhaltes für ein behindert geborenes Kind.[6] In der vorangegangenen mündlichen Verhandlung hatte der Rechtsanwalt des Kindes und der Eltern argumentiert, es gehe darum, wer einen solchen Schicksalsschlag finanziere: die Eltern, die Ärztin, die Gesellschaft oder die Versicherung der Ärztin.[7] Diese Fragestellung verkürzt, dass auch bei Eintritt einer Arzthaftpflichtversicherung die Kosten von Behandlungsfehlern indirekt von der Gesellschaft getragen werden, da die Versicherungsprämien der Ärzte und Krankenhausträger in die Heilbehandlungskosten einfließen. Das Patientenrechtegesetz, welches am 26.3.2013 in Kraft getreten ist, ändert und ergänzt als Artikelgesetz vor allem das Bürgerliche Gesetzbuch in den Vorschriften der §§ 630 a bis 630 h BGB. Kodifiziert ist hier allerdings nur das materielle Haftungsrecht; Regelungen zur Arzthaftpflichtversicherung enthalten die Vorschriften nicht. Aber Art. 4 c Patientenrechtegesetz ergänzt § 6 Abs. 1 der Bundesärzteordnung (BÄO). Nach § 6 Abs. 1 BÄO kann nunmehr das Ruhen der Approbation auch in dem Fall angeordnet werden, dass

Zitat

"5. sich ergibt, dass der Arzt nicht ausreichend gegen die sich aus seiner Berufsausübung ergebenden Haftpflichtgefahren versichert ist, sofern kraft Landesrechts oder kraft Standesrechts eine Pflicht zur Versicherung besteht."

Es wird Aufgabe der Ärztekammern sein, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Überwachung des Haftpflichtversicherungsschutzes zu überprüfen.

[3] Püster, Entwicklung der Arzthaftpflichtversicherung, Berlin-Heidelberg, S. 7.
[4] Vgl. Möhle, Die Haftpflichtversicherung im Heilwesen, Frankfurt/Main 1992, S. 9.
[5] Möhle, Die Haftpflichtversicherung im Heilwesen, Frankfurt/Main 1992, S. 8.
[7] FAZ vom 20.6.2002, S. 54.

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