Prof. Karl-Otto Bergmann, Dr. Carolin Wever
Rz. 186
Wie in den USA setzen auch deutsche Kliniken und Versicherer zunehmend auf Prävention durch Risk-Management, das neben der Verhütung von Haftpflichtfällen auch wertvolle Beiträge zum Qualitätsmanagement beisteuern und durch Schnittstellenmanagement die Effizienz der Behandlungsabläufe steigern kann. Von einigen Versicherern wird mittlerweile ein aktives Risk-Management von den Haftpflichtversicherern als Voraussetzung für die Gewährung von Versicherungsschutz gefordert. Deshalb hat der Gesetzgeber im Patientenrechtegesetz die weitere Entwicklung des Risikomanagements dem gemeinsamen Bundesausschuss übertragen, der Richtlinien für das CIRS-System (Critical Incident Reporting System) erlassen hat (siehe Rdn 197 f.).
Rz. 187
In den USA sind Risk-Management-Maßnahmen nach den Versichererkrisen von 1969 und 1974 seit langem etabliert. Problembewusstsein wurde zum Teil mit erheblichen Captives oder Selbstbehalten (500.000 USD und mehr) geschaffen. Risk-Management ist für amerikanische Versicherer, die zum Teil eigene Early-Warning-Systems und Risk-Management-Manuals entwickelt haben, Zeichnungsvoraussetzung.
Rz. 188
Zum Risikomanagement sollte auch die ständige Zusammenarbeit mit dem Versicherer gehören. So gehört die möglichst vollständige Sammlung und Evaluierung der Behandlungsfehlervorwürfe zu einer gerade für den Versicherungsnehmer wichtigen Risikominimierung. Auch der Versicherer kann im Rahmen des Risikomanagements darauf hinwirken, einen defizitären Schadensverlauf zu vermeiden und das Risiko auch auf Dauer versicherbar zu halten.
Es spricht Einiges dafür, dass ein dauerhaftes Risikomanagement in Zukunft Zeichnungsvoraussetzung für den Abschluss von Heilwesenversicherungen sein wird. Dies scheint jedenfalls ein Mittel, die bisher ständig steigenden Prämien in der Heilwesenversicherung angemessen zu begrenzen. Andererseits wird man auch in Zukunft mit höheren Selbstbehalten arbeiten, um eine wirtschaftliche Begrenzung der Prämie durchzusetzen. Gesetzliche Haftungsbegrenzungen wie nunmehr die sozialrechtliche Begrenzung der Haftung selbstständiger Hebammen erscheinen nur im begrenztem Umfange möglich.
1. Bestandteile eines funktionierenden Risk-Managements
Rz. 189
Qualitäts- und Risk-Management hat die Verbesserung der medizinischen Behandlung zum Ziel. Es hat gegenüber den anderen Bereichen des Qualitätsmanagements den Vorteil, dass Ergebnisse, zum Beispiel in Form von Schadensquoten oder Schadensaufwendungen, messbar sind.
Ziel der Einführung des Risk-Managements soll es sein, Haftungsrisiken im ärztlichen und nichtärztlichen Bereich zu vermeiden und Versicherungsprämien zu minimieren.
Rz. 190
Ansatzpunkte lassen sich durch die Kontrolle der Struktur- und der Prozessqualität finden. Bei einer hohen Struktur- und Prozessqualität kommt es automatisch zu einer hohen Ergebnisqualität. Gegenstand der hierbei beabsichtigten Qualitätssicherung sind die Erfassung, die Darstellung, die Beurteilung und die Sicherung der Produktqualität einer Klinik oder Praxis. Risk-Management kann als System nur dann funktionieren, wenn es alle vertretenen Berufsgruppen (z.B. Ärzte, Pflege, Verwaltung etc.) einbezieht. Sein Zweck ist nicht die Kontrolle der einzelnen Mitarbeiter, sondern die Ausschaltung von Risikofaktoren, um eine wirtschaftliche und qualitativ hochwertige Krankenhausbehandlung zu ermöglichen. Versäumnisse und Fehler der Vergangenheit müssen ohne Schuldzuweisungen für einzelne Berufsgruppen durch eine saubere Recherche und Ursachenforschung erfasst werden. Risk-Management kann nur funktionieren, wenn es von sämtlichen Beteiligten gelebt, d.h. verinnerlicht und akzeptiert wird, es kann nicht angeordnet werden.
2. Kosten-Nutzen-Bilanz
Rz. 191
Begrifflich bedeutet Risk-Management zwar zunächst nur die Vermeidung von unnötigen Haftungsfällen, gleichzeitig bedeutet ein im Sinne einer kontinuierlichen Qualitätsverbesserung verstandenes Risk-Management aber auch eine immense Effektivitätssteigerung und Kostensenkung. Regresse von Patienten, Sozialversicherungsträgem und privaten Krankenversicherungen beeinflussen die Kosten. Die Kosten einer angemessenen Haftpflichtversicherung sind pflegesatz-relevant. Für Schadensaufwendungen von Krankenhäu...