a) Allgemeine Sterbetafel
Rz. 43
Bei der Berechnung des Barwertes einer Rente ist die Allgemeine Sterbetafel, die vom Statistischen Bundesamt erhoben und herausgegeben wird, zu beachten. Es ist eine neue Sterbetafel zugrunde zu legen.
Tabelle 1 (siehe Anhang 15, vgl. § 14 Rdn 19) enthält die durchschnittliche Lebenserwartung für Frauen und Männer aus der Sterbetafel 2008/2010. Die Sterbetafel weist als wichtigsten Wert qx aus. Das ist die Sterbewahrscheinlichkeit vom Alter x bis x + 1.
Beispiel
Für das vollendete Alter 47 Jahre Mann beträgt der Wert qx 0,99665447.
Die Sterbetafel enthält weiterhin den wichtigen Wert ex. Das ist die durchschnittliche Lebenserwartung im Alter x in Jahren.
Beispiel
ex für Mann vollendetes Alter 47 Jahre beträgt 32,19 Jahre (vgl. Tabelle 1, Anhang 15, vgl. § 14 Rdn 19).
b) Zahlungsweise
Rz. 44
Es gibt für Renten verschiedene Zahlungsweisen. Die Zahlungsart wirkt sich gering auf die Höhe des Kapitalisierungsfaktors aus. Gegenüber anderen Einflüssen (z.B. Kapitalzinssatz, Rentendynamik) tritt die Auswirkung der Zahlungsweise zurück. Die Zahlungsart kann im Rahmen von § 287 ZPO vernachlässigt werden. Es ist also unerheblich, ob eine Tabelle jährlich, monatlich oder vierteljährlich vorschüssige Werte berechnet.
Rz. 45
Merke
Die Renten wegen Körperverletzung oder Tötung aus unerlaubter Handlung oder aus Gefährdungshaftung sind für drei Monate im Voraus zu zahlen (§§ 843, 760 BGB).
Rz. 46
Tabelle 2 (Anlage 15 siehe § 14 Rdn 20) enthält die Faktoren der Werte für monatlich vorschüssig zahlbare Renten. Die Faktoren lassen sich jedoch auch umrechnen. Es gelten folgende Reduktionsfaktoren, Zinsfuß/vierteljährlich vorschüssig:
- 1,0 |
0,999163 |
+ 1,0 |
1,000829 |
+ 2,0 |
1,001660 |
+ 2,5 |
1,002060 |
+ 3,0 |
1,002463 |
+ 3,5 |
1,002868 |
+ 4,0 |
1,003270 |
+ 5,0 |
1,004069 |
+ 5,5 |
1,004465 |
Beispiel
Umrechnungsfaktor für Zeitrente
Wie lautet der Faktor F einer vierteljährlich vorschüssig zu zahlenden Zeitrente mit einer Laufzeit von 20 Jahren, Zinssatz + 5?
F = Faktor Zeitrente, monatlich vorschüssig, Jahre 20, Zinssatz + 5, Faktor 12,797 (vgl. Tabelle 2, siehe § 14 Rdn 20) mal Korrekturwert auf vierteljährlich vorschüssig
= 12,797 × 1,004069 = 12,849
c) Rentenarten
Rz. 47
Es gibt zwei Rentenarten.
▪ |
Leibrenten, auch Mortalitätsrenten genannt: Sie laufen so lange, wie eine Person lebt. Sie enden mit dem statistisch zu erwartenden Tod. |
▪ |
Zeitrenten: Bei ihnen ist die Rentendauer im Voraus bestimmt. |
Rz. 48
Gewöhnlich wird eine Leibrente mit dem Leben einer einzigen Person verknüpft. Das nennt man einfache Rente oder Rente auf ein Leben. Eine Rente kann auf das Leben mehrerer Personen gestellt sein. Das wird als Verbindungsrente bezeichnet. Eine Rente, die mit dem Tod der ersten Person endet, heißt Rente auf das kürzere Leben. Daneben gibt es auch die Rente auf das längere Leben. Beispiel: Der Getötete hätte während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens für seine Ehefrau auch für die Zeit nach seinem Tode gesorgt. Durch den vorzeitigen Unfalltod ist er hieran gehindert. Dieser erst nach dem mutmaßlichen Tode des Getöteten eintretende Schaden ist der Witwe zu erstatten.
d) Reduzierter Kapitalmarktzinsfuß
Rz. 49
Beachte
Je niedriger der Kapitalmarktzinsfuß ist, je höher ist der Barwert.
Der Berechtigte darf das Kapital nicht in den Sparstrumpf stecken, sondern er muss es – gedanklich betrachtet – verzinslich anlegen. Welchen Zinsfuß hat der Berechtigte auf dem Kapitalmarkt zu erzielen? Zu empfehlen ist, von der Umlaufrendite der börsennotierten Wertpapiere auszugehen. Die Umlaufrendite ist in den letzten Jahren ständig gesunken und liegt gegenwärtig bereits im negativen Bereich.
Rz. 50
Allenfalls könnte man sich am Garantiezins im Bereich der Lebensversicherung orientieren. Dieser beträgt zurzeit 0,9 %, eine weitere Absenkung auf 0,5 % steht im Raum. Argument: Warum soll man vom Geschädigten mehr verlangen als vom Profi-Anleger Lebensversicherer?
Rz. 51
Der BGH (Urt. v. 8.1.1981, zfs 1981, 105) fordert eine Reduzierung des Kapitalmarktzinses. Zum einen um die Verwaltungskosten des Kapitals. Sie betragen etwa 1 bis 2 %. Zum anderen geht der BGH davon aus, dass die Erträgnisse aus Kapital zu versteuern sind. Man kann die ab 1.1.2009 geltende Abgeltungssteuer von 25 % ansetzen. Der angenommene Kapitalmarktzinsfuß ist zunächst um die Verwaltungskosten zu reduzieren. Werden 0,5 % angenommen, verbleiben 4 %. Diese 4 % sind um Steuern auf Zinsen zu verringern. Bei einem Steuersatz von 25 % verbleiben als reduzierter Kapitalmarktzinsfuß 3 %. Das LG Stuttgart (DAR 2007, 467) macht zum reduzierten Kapitalmarktzins beachtliche Ausführungen, die einer Prüfung im Rahmen von § 287 ZPO standhalten:
Rz. 52
Zitat
Soweit in Rechtsprechung (BGH NJW 1981, 818; OLG Stuttgart VersR 1998, 366) und Literatur (Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 10. Aufl., S. 285; Böhme/Biela, Kraftverkehrs-Haftpflichtschäden, 23. Aufl., D 325 ff.) vertreten wird, in der Praxis sei eine Abzinsung in Höhe von 5 Prozent – 5,5 Prozent üblich, kann dem nicht gefolgt werden. Die Höhe des Abzinsungsfußes richtet sich nach den tatsächlichen Erträgen, die der Geschäd...