I. Einseitiger Widerruf
Rz. 22
Der Widerruf einer Verwahrungsanweisung bedarf nach §§ 57 Abs. 4, 60 Abs. 1 BeurkG der Schriftform. Auch ein mündlich erklärter Widerruf kann zu beachten sein. Dies ist der Fall, wenn deutlich wird, dass der Notar, falls er die Verwahrungsanweisung befolgt, an einer unerlaubten oder unredlichen Zweckverfolgung mitwirkt oder wenn einem Auftraggeber durch die Auszahlung ein erkennbar unwiederbringlicher Schaden droht (§ 61 BeurkG).
Rz. 23
Der Treuhandauftrag einer finanzierenden Gläubigerin ist einseitig, sodass er bis zu seiner Erledigung frei widerrufen oder auch abgeändert werden darf. Der Widerruf kann jedoch für die Zeit ausgeschlossen sein, für die die Gläubigerin erklärte, sich bis zu dem bestimmten Datum an den Treuhandauftrag zu halten. Der Notar muss deshalb sorgfältig prüfen, ob die Zeitspanne, für die sich die Gläubigerin gebunden hat, genügt, um den Treuhandauftrag erledigen zu können. Reicht die Frist nicht aus, sollte frühzeitig auf eine Fristverlängerung hingewirkt und das Vorgehen zunächst mit dem Käufer abgestimmt werden.
II. Einvernehmlicher Widerruf
Rz. 24
Der Widerruf eines mehrseitigen Treuhandverhältnisses darf nur beachtet werden, soweit er durch alle Anweisenden erfolgt ist (§ 60 Abs. 2 BeurkG). Erfolgt ein Widerruf erstens einseitig oder zweitens auch durch alle Anweisenden als mehrseitiger Widerruf, darf der Notar ihn nicht beachten. Dann sind die Beteiligten zu benachrichtigen (§ 57 Abs. 3 S. 2 BeurkG). Eine Rückzahlung des vorzeitig eingezahlten Kaufpreises an den Käufer ist z.B. unzulässig, solange nicht Vorleistungen, die der Verkäufer im Vertrauen auf die Endgültigkeit der Einzahlung erbracht hat, wieder zurück abgewickelt sind. Nach Eintritt der Bindungswirkung sind grundsätzlich schuldrechtliche Einreden wie Aufrechnung, Zurückbehaltungsrecht, Minderungsrecht oder Leistungsverweigerungsrecht unbeachtlich, wenn nicht ein Fall i.S.d. § 61 BeurkG vorliegt.
III. Verbot der Auszahlung von Amts wegen
Rz. 25
Erkennt der Notar nachträglich, dass er durch die Auszahlung des verwahrten Kaufpreises an der Vollendung eines verbotenen oder unredlichen Zwecks mitwirken würde, hat er von der Auszahlung abzusehen (§ 61 Abs. 1 BeurkG). Eine amtliche Pflicht entsprechend zu ermitteln, trifft den Notar grundsätzlich nicht.
Nur wenn konkrete Verdachtsgründe vorliegen, muss der Notar ihnen nachgehen und den Beteiligten Gelegenheit geben, sie auszuräumen. Die finanzierenden und/oder abzulösenden Gläubiger sind zu unterrichten, soweit deren Treuhandauflagen noch nicht erfüllt wurden. Insoweit ist die Verschwiegenheitspflicht gem. § 18 BNotO eingeschränkt. Ein Zweck, der zwar nicht verboten, aber mit der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist, schließt die Mitwirkung des Notars aus, weil bereits eine solche Mitwirkung des Notars zur Vollendung eines unredlichen Zwecks ein schwerwiegendes Dienstvergehen darstellt.