Rz. 148

Sowohl echte Gegenleistungen, aber auch übernommene Lasten und gemachte Auflagen schließen nach zutreffender Meinung in Höhe ihres Wertes eine objektive Bereicherung des Zuwendungsempfängers aus (ausführlich siehe § 7 Rdn 28 ff.).[281] Gemischte Schenkungen sind nur hinsichtlich ihres Schenkungsteils ergänzungspflichtig.[282] Gerade im Bereich der vorweggenommenen Erbfolge, insbesondere bei den traditionellen Übergaben im landwirtschaftlichen oder gewerblichen Bereich, findet sich eine ganze Reihe von Versorgungsrechten, die dem Übergeber für die Übergabe zugesagt werden. Durch entsprechende Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung kann daher die Unentgeltlichkeit und damit der Schenkungsteil oftmals ganz erheblich reduziert werden.

Abbildung: Gegenleistungen und Höhe des Pflichtteilsergänzungsanspruchs

 

Rz. 149

Entgeltlichkeit kann aber auch dann vorliegen, wenn das Rechtsgeschäft keine Gegenleistung im Rechtssinne vorsieht, also die Zuwendungsurkunde keine gegenläufige Leistungsverpflichtung des Erwerbers enthält. Der BGH hat ausdrücklich nochmals betont, dass es auch genügt, wenn die Zuwendung Geschäftsgrundlage für eine gleichwertige Leistung des Empfängers ist, also eine "kausale Verknüpfung" vorliegt.[283] Entsprechend den allgemeinen Grundsätzen kann daher eine die Schenkung schon objektiv ausschließende Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung wie folgt erfolgen:[284]

Synallagmatische Verknüpfung: Hier besteht eine echte Gegenleistungspflicht, die i.d.R. durch einen gegenseitigen Vertrag begründet wird.
Konditionale Verknüpfung mit einer Gegenleistung: Hier wird mit der eigenen Leistung eine Gegenleistung des Zuwendungsempfängers erstrebt. Wie beim Synallagma besteht eine finale Bindung. Da aber auf die Erbringung der Leistung des anderen kein einklagbarer Rechtsanspruch besteht, wird deren Erbringung zur Wirksamkeitsbedingung für die eigene Leistungspflicht gemacht.[285]
Kausale Verknüpfung: Die Bewirkung der erstrebten Gegenleistung wird hier nicht zur Wirksamkeitsbedingung, sondern nur zur Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) für die eigene Leistung gemacht. Hierunter fallen die gerade im familiären Bereich nicht so seltenen Vorleistungs- und Veranlassungsfälle.

Abbildung: Leistungsverknüpfungen

 

Rz. 150

Die Abgrenzung zwischen den einzelnen Verknüpfungen ist zumindest in der Praxis schwierig, primär aber für die Anspruchsgrundlage bei der Rückabwicklung bedeutsam. Gleichsam ein Schulfall für die Arten der Leistungsverknüpfungen ist der vom OLG Düsseldorf entschiedene Fall:[286] Hier wurde keine ausdrückliche zukünftige Pflegeverpflichtung vereinbart (wäre Synallagma), sondern die Übertragung erfolgte ausdrücklich "mit Rücksicht auf die in der Vergangenheit erbrachten Pflegeleistungen" (kausale Verknüpfung) und weiter "mit Rücksicht auf künftige Pflegeleistungen" (konditionale Zuwendung), was das Gericht als ausreichend ansah und daher zur Verringerung des Schenkungswertes führte.

 

Rz. 151

Ein Problem aus der Sicht des Erwerbers ist bei solchen konditionalen Verknüpfungen, dass hier ein Rückforderungsrecht des Veräußerers wegen Zweckverfehlung besteht (§ 812 Abs. 1 S. 1, 2. Fall BGB), wenn der dadurch verfolgte Zweck nicht erreicht wird. Es ist daher auch und gerade hier eine klare Beschreibung der verknüpften Leistungen erforderlich, um die Zuwendung bestandsfest zu machen. Der sicherste Weg ist jedoch, wenn ein Gegenleistungsverhältnis (Synallagma) begründet wird. Unabhängig von der bei Grundstücksgeschäften ohnehin bestehenden Beurkundungspflicht (§ 311b Abs. 1 BGB) ist es den Vertragsteilen daher dringend zu empfehlen, alle tatsächlich vereinbarten Leistungen auch in die Urkunde aufzunehmen, denn andernfalls ist nicht gewährleistet, dass diese auch mindernd in Ansatz gebracht werden.[287]

 

Rz. 152

Zu weit reichend und für die Kautelarpraxis nicht gesichert ist die Auffassung, wonach auch gegenläufige Leistungen nichtvermögensrechtlicher Art die Unentgeltlichkeit ausschließen können.[288]

[281] Vgl. BGH FamRZ 2002, 883, 884; BGHZ 107, 156, 159 ff. (Pflegeverpflichtung als Auflage).
[282] Siehe etwa BGHZ 59, 132, 136 = NJW 1972, 1709, 1710; OLG Koblenz OLGR 2005, 113; OLG Düsseldorf MittRhNotK 2000, 208, 209; Cornelius, Pflichtteilsergänzungsanspruch, Rn 138 ff. mit Berechnungsbeispielen.
[284] Vgl. etwa MüKo-BGB/Koch, § 516 Rn 27 ff.
[285] MüKo-BGB/Koch, § 516 Rn 27 mit Beispielen, der betont, dass diese Fälle in der Praxis selten sind.
[286] OLG Düsseldorf DNotZ 1996, 652 (zu einem Sozialhilferegress nach § 528 BGB).
[287] Vgl. dazu den Fall von BGH NJW 1998, 537 = ZEV 1998, 73 zu einem Sozialhilferegress, bei dem die vom Erwerber freiwillig erbrachten Pflegeleistungen nicht mindernd berücksichtigt wurden.
[288] So offenbar Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 37 X 2 a; ausdrücklich Otta, Vorausleistungen, S. 64 m.w.N.; für nur eingeschränkte Berücksichtigungsfähigkeit dagegen etwa im Kontext mit § 528 BGB J. Mayer, DNotZ 1996, 604, 616.

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