Rz. 25

Nach ganz überwiegender Meinung kann Gegenstand eines beschränkten Pflichtteilsverzichts sein:[36]

ein Bruchteil des ideellen Pflichtteils;
der Pflichtteilsrestanspruch nach § 2305 BGB (bei Erbeinsetzung) bzw. nach § 2307 BGB (Vermächtnis);
der Pflichtteilsergänzungsanspruch nach §§ 2325 ff. BGB, was aber den Ausgleichspflichtteil (§ 2316 BGB), der auch durch die lebzeitige Zuwendung entstehen kann, unberührt lässt, da es sich beim Pflichtteilsergänzungsanspruch um eine besondere Form des Pflichtteilsanspruchs handelt;
ein sog. gegenständlich beschränkter Pflichtteilsverzicht, dass ein bestimmter Gegenstand oder auch Sachinbegriff des Nachlasses (etwa ein bestimmter Betrieb, privilegierter Erwerb eines Ehegatten i.S.v. § 1374 Abs. 2 BGB) bei der späteren Berechnung des Pflichtteilsanspruchs wertmäßig als nicht zum Nachlass gehörend anzusehen ist. Dies ist nach ganz h.M. möglich.[37] Gerade bei der Sicherung der Unternehmensnachfolge ist dies ein ganz wichtiges Gestaltungsmittel;[38]
die Festlegung eines bestimmten Bewertungsverfahrens für den Pflichtteil, wodurch sich für die Wertbestimmung gegenüber dem sonst zu ermittelnden Wert (§§ 2311, 2312 BGB) ein für den Pflichtteilsberechtigten ungünstigerer ergibt, so dass etwa eine Gesellschaftsbeteiligung nur zum Buchwert anzusetzen ist.[39] Da § 2311 Abs. 2 S. 2 BGB nur einseitige Festlegungen durch den Erblasser verbietet, steht diese Norm dieser Gestaltung nicht entgegen;[40]
die Beschränkung auf einen bestimmten Höchstbetrag. Hier ist allerdings immer an die Notwendigkeit einer Wertsicherungsklausel zu denken;
die Hinnahme von Beschränkungen und Beschwerungen i.S.v. § 2306 BGB, wodurch bewirkt wird, dass § 2306 BGB nicht gilt.[41] Nach der Neufassung dieser Vorschrift führt dies dazu, dass auch bei Zuwendung eines beschränkten oder beschwerten Erbteils die Ausschlagung nicht zur Erlangung des Pflichtteils führt. Nach dem früheren Recht war ein solcher Pflichtteilsverzicht insbesondere bei der Falllage von § 2306 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. (hinterlassener Erbteil nicht größer als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils) von besonderer Bedeutung, da sonst in diesen Fällen automatisch die angeordneten Beschränkungen und Beschwerungen (wie Testamentsvollstreckung, Vermächtnisse, Auflage und Nacherbschaft) wegfielen und dadurch der erbrechtliche Gestaltungsspielraum sehr stark reduziert wurde;
eine nachträgliche Anrechnung einer bislang nicht anrechnungspflichtigen Zuwendung auf den Pflichtteil,[42] etwa wenn die erforderliche Anrechnungsbestimmung nicht spätestens im Zeitpunkt der Zuwendung dem Empfänger gegenüber erklärt wurde, oder die Begründung einer Anrechnungspflicht für die von einem Dritten stammende Zuwendung;[43]
die Vereinbarung über die Stundung oder die Ratenzahlung des späteren Pflichtteilsanspruchs;[44]
Herausnahme bislang ausgleichungspflichtiger Zuwendungen (§ 2316 BGB) an andere Abkömmlinge aus der Pflichtteilsberechnung; denn wegen der zwingend eintretenden Auswirkungen einer ausgleichspflichtigen Zuwendung auf das Pflichtteilsrecht (§ 2316 Abs. 3 BGB) kann die sich aus einer Ausgleichspflicht nach § 2050 BGB für die anderen Pflichtteilsberechtigten ergebende Erhöhung nicht einseitig wieder vom Erblasser beseitigt werden.[45]

Formulierungsvorschläge: Für den gegenständlich beschränkten Pflichtteilsverzicht: Brambring/Mutter/Mutter, Beck’sches Formularbuch Erbrecht, G. III. 10 (Unternehmensbeteiligung); Münchener Vertragshandbuch/Otto, Bürgerliches Recht, VI/2, Form. XVI.1; Langenfeld/Fröhler, Testamentsgestaltung, Kap 2. Rn 179 ff. und für alle vorstehenden Fälle siehe J. Mayer, ZEV 2000, 263.

 

Rz. 26

Hinsichtlich der richtigen Formulierung des gegenständlich beschränkten Pflichtteilsverzichts, insbesondere wenn das Objekt des beschränkten Verzichts noch im Eigentum des Erblassers verbleibt, ist noch vieles offen. Hierzu wurde der Vorschlag gemacht, auch Verbindlichkeiten von der Berechnung des Pflichtteils auszunehmen, die den Gegenstand des beschränkten Pflichtteilsverzichts betreffen.[46] Hiergegen äußert Frenz[47] Bedenken. Dies führe zu einer Verzerrung der Pflichtteilsberechnung, weil die herausgenommenen Gegenstände nach dem Verkehrswert im Zeitpunkt des Erbfalls berechnet würden, während die Höhe der Verbindlichkeiten marktunabhängig sei. Jedoch erscheint es nicht hinnehmbar, dass der Pflichtteilsberechtigte auch noch die nachteiligen Folgen für die Fehlspekulation zu tragen hat, dass der Erblasser sein Vermögen zu seinen Lebzeiten derart schlecht anlegte, dass die Verbindlichkeiten den Wert seiner Vermögensanlage überschreiten. Daher wird auch aus gutem Grund bei der Vereinbarung einer modifizierten Zugewinngemeinschaft so verfahren, dass auch die Verbindlichkeiten des vom Ausgleich ausgenommenen Vermögens nicht in den Zugewinnausgleich einbezogen werden dürfen.

[36] Siehe auch J. Mayer, ZEV 2000, 263; Weidlich, NotBZ 2009, 149, 155 f.; Staudinger/Schotten, § 2346 Rn 48 ff. m.w.N.; MüKo-BGB/Wegerhoff, § 2346 Rn 20; Soerg...

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