Rz. 46
Die einfache Pflichtteilsklausel bezweckt nur die vorstehend beschriebene Abschreckungswirkung (siehe Rdn 42 f.). Sie kommt in verschiedenen Formen vor und kann auch nur abgeschwächt dahingehend formuliert werden, dass lediglich eine Anrechnung auf den Erbteil im Schlusserbfall erfolgen soll.
a) Einfache Anrechnungsklausel
Rz. 47
Durch die einfache Anrechnungsklausel wird bestimmt, dass der Abkömmling, der beim Ableben des erstversterbenden Ehegatten seinen Pflichtteilsanspruch verlangt hat, sich den erlangten Wert im Schlusserbfall auf seinen Erbteil oder das sonst ihm letztwillig Zugewandte anrechnen lassen muss. Dabei handelt es sich um ein Vermächtnis des längerlebenden Ehegatten zugunsten derjenigen Kinder, die einen Anspruch im ersten Todesfall nicht geltend gemacht haben, mit dem der seinen Pflichtteil im ersten Erbfall geltend machende Abkömmling belastet wird.
Rz. 48
Sie bewirkt, dass im Schlusserbfall bei der Verteilung des Vermögens den übrigen Abkömmlingen ein wirtschaftlicher Vorteil eingeräumt wird. Bei der Gestaltung ist jedoch darauf zu achten, dass eine entsprechende Geldwertanpassung vorgesehen wird, die den wirtschaftlichen Vorteil ausgleicht, der dadurch entsteht, dass der Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteil bereits mehrere Jahre zuvor erlangt hat und mit ihm wirtschaften konnte. Zugleich setzt das Pflichtteilsrecht des von der Anrechnung betroffenen Abkömmlings dieser Pflichtteilsklausel ihrerseits Grenzen. Da die Anrechnungsanordnung ein Vermächtnis zugunsten der anderen Abkömmlinge darstellt, mit der er belastet wird, greift zu seinen Gunsten § 2306 BGB ein. Daher hat er die Möglichkeit, den durch das Vermächtnis belasteten Erbteil auszuschlagen und einen ungekürzten Pflichtteilsanspruch am Nachlass des Letztversterbenden geltend zu machen. Dies wird für ihn insbesondere dann interessant sein, wenn der Vermächtnisanspruch aufgrund des höheren Nachlasses des Erstversterbenden eine bestimmte Größe erreicht und durch einen eventuell nicht so hohen Nachlass des Zweitversterbenden nicht ausgeglichen werden kann.
b) Ausschlussklausel
Rz. 49
Die wohl am meisten verwendete Pflichtteilsklausel ist die sog. Ausschlussklausel. Durch diese wird derjenige Abkömmling, der im ersten Erbfall seinen Pflichtteilsanspruch verlangt hat, von der Schlusserbfolge nach dem Längerlebenden der Eltern ausgeschlossen. Sie soll also in erster Linie eine Abschreckungswirkung entfalten. Dabei kann man weiter danach unterscheiden, ob die enterbende Wirkung automatisch mit der Pflichtteilsgeltendmachung oder dem sonstigen zu sanktionierenden Verhalten des illoyalen Kindes eintritt oder nur eine spätere enterbende Verfügung des Längerlebenden der Eltern ermöglicht wird.
aa) Automatische Ausschlussklausel
Rz. 50
Hier tritt die enterbende Wirkung automatisch mit dem Pflichtteilsverlangen oder dem sonstigen zu sanktionierenden Verhalten des Pflichtteilsberechtigten ein. Aus dieser Automatik können sich aber auch erhebliche Gefahren ergeben:
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Es ist klar zu formulieren, welches Verhalten des Pflichtteilsberechtigten zum Wegfall seiner Erbenstellung führt. |
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Ist die enterbende Wirkung bereits einmal eingetreten, so kann diese auch im Einverständnis mit den Abkömmlingen u.U. nicht wieder rückgängig gemacht werden, wenn der Anteil des illoyalen Abkömmlings den anderen Schlusserben oder Ersatzerben bindend zufällt. Eine solche bindende Automatik verhindert, dass der Längerlebende individuell auf die entsprechende Lebenssituation reagieren kann. So kann z.B. die Pflichtteilsgeltendmachung im ersten Erbfall aus erbschaftsteuerlichen Gründen bei großen Nachlässen im Interesse der ganzen Familie gewünscht sein. |
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Bei der Schlusserbenstellung treten erhebliche konstruktive Schwierigkeiten ein, falls zu diesem Zeitpunkt die Pflichtteilsgeltendmachung nach dem Erstversterbenden noch möglich ist (also bis zum Verzicht oder zur Verjährung). In diesem Fall sind die Abkömmlinge zunächst nur (konstruktive) Vorerben, die anderen, möglicherweise loyalen Kinder Nacherben. Erst mit endgültigem Bedingungseintritt oder -ausfall steht die Erbfolge endgültig fest. |
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Sofern Grundbesitz zum Nachlass der Ehegatten gehört, wird die Nachweiswirkung eines beurkundeten Testaments oder Erbvertrags gemäß § 35 Abs. 1 S. 2 GBO beeinträchtigt. Das Grundbuchamt wird in einem solchen Fall regelmäßig in Ergänzung zur eröffneten Verfügung eine eidesstattliche Versicherung der Erben oder sogar einen Erbschein verlangen, um auszuschließen, dass im ersten Todesfall ein Pflichtteilsanspruch geltend gemacht wurde. |
Rz. 51
Der Vorteil automatisch wirkender Ausschlussklauseln kann dagegen darin bestehen, dass
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dem Längerlebenden gerade kein Entscheidungsspielraum gegeben wird, insbesondere wenn der längerlebende Ehegatte labil und leicht beeinflussbar erscheint; |
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der letzte Wille beider Ehegatten durchgesetzt wird, wenn der Längerlebende nach einem ... |