Rz. 56
Formulierungsvorschläge: Keim/Lehmann/Kleensang, Beck’sches Formularbuch Erbrecht, C VI. 6 und 7; Braun, Nachlassplanung bei Problemkindern, § 3 Rn 340; Nieder/Kössinger, Handbuch der Testamentsgestaltung, § 14 Rn 79; Reimann/Bengel/Dietz/Sammet, Testament und Erbvertrag, Form. Teil B Rn 69; Langenfeld/Fröhler, Muster M 173 in 5. Kap. Rn 141.
a) Ausgangsfassung
Rz. 57
Die Urfassung des "Jastrow" verbindet die enterbende Komponente mit einer zuteilenden, um insbesondere für den zweiten Erbfall die Bemessungsgrundlage für den Pflichtteil des "illoyalen Kindes" zu senken. In der Urfassung erhielten die anderen Abkömmlinge, die nach Eintritt des ersten Erbfalls keinen Pflichtteil geltend machten, für den Fall, dass eines der anderen Kinder dies tut, ein sofort anfallendes Vermächtnis in Höhe ihres gesetzlichen Erbteils, das jedoch bis zum Ableben des Längerlebenden ohne oder mit Zinsen gestundet und dann erst fällig wird. Gegen die grundsätzliche Zulässigkeit und Wirksamkeit dieser Klausel bestehen keine durchgreifenden Bedenken; insbesondere handelt es sich um eine zulässige Potestativbedingung, die auch mit § 2065 BGB vereinbar ist und auch nicht gegen § 134 BGB oder § 138 BGB verstößt. Auch wenn dadurch mittelbar der Druck ausgeübt wird, den Pflichtteil beim Tod des Erstversterbenden nicht geltend zu machen, liegt darin keine sittenwidrige Benachteiligung des Pflichtteilsberechtigten. Dessen Interessen werden systemkonform durch § 2306 BGB geschützt. Da bei der Jastrow’schen Klausel die Position des Schlusserben durch die Geltendmachung des Pflichtteils nach dem erstversterbenden Elternteil auflösend bedingt ist, liegt ggf. eine aufschiebend bedingte Nacherbeneinsetzung vor, die eine Ausschlagung zur Pflichtteilserlangung nach § 2306 Abs. 1 BGB ermöglicht. Die zweifellos vorhandenen Schwächen des "Ur-Jastrow" führten aber zu Verbesserungsvorschlägen (siehe Rdn 58).
b) Weiterentwicklungen
Rz. 58
Folgende Nachteile führten zu Verbesserungsvorschlägen:
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Die mit dem ersten Todesfall entstehenden Vermächtnisse sind selbstständige Vermögenspositionen. Sie können daher auch an Familienfremde oder sonst nicht erwünschte Personen weitervererbt werden. Als Abhilfe wurde daher vorgeschlagen, sie auf den Eintritt des zweiten Erbfalls aufschiebend befristet zu vereinbaren und in Klarstellung zu § 2177 BGB anzuordnen, dass die Vermächtnisse nur dann anfallen, wenn die Bedachten den Zeitpunkt des Todes des letztversterbenden Elternteils auch erleben, und ihre Vererblichkeit und Übertragbarkeit auszuschließen. |
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Verstirbt aber dann bis zum Eintritt des zweiten Erbfalls eines der loyalen Kinder, so kommt dieser Bedingungsausfall dem Nachlass des erstversterbenden Ehegatten zugute, was aber gerade wieder zur ungewollten Erhöhung des Pflichtteils des illoyalen Kindes im zweiten Erbfall führt, da ein "Abzugsposten" wegfällt. Als Ausweg wurde daher vorgeschlagen, dass die Vermächtnisse nach Höhe und Berechtigten erst im zweiten Erbfall bestimmt werden sollen. Das führt zu dem "juristischen Paradoxon", dass es sich zwar um ein vom erstversterbenden Elternteil stammendes Vermächtnis handeln soll, damit es im zweiten Erbfall vorrangig bei der dann anstehenden Pflichtteilsberechnung abgezogen werden kann, seine genaue Höhe aber erst mit dem zweiten Erbfall festgelegt wird. |
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Werden die Vermächtnisse nicht auf das begrenzt, was beim Tod des Längerlebenden aus dem Nachlass des Erstversterbenden übrig ist (Vermächtniseinsetzung auf den Überrest), können die Vermächtnisnehmer zur Sicherung ihrer bedingten Ansprüche die Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung beantragen oder Schadensersatzansprüche geltend machen. |
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Nicht nur das den Pflichtteil fordernde Kind selbst, sondern wegen § 2069 BGB oder wegen ausdrücklich vorhandener Ersatzberufungen ist sein gesamter Stamm auf den Pflichtteil zu verweisen. |
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Aufnahme eines Änderungsvorbehalts, wonach der Längerlebende über den durch die Pflichtteilsgeltendmachung freiwerdenden Erbteil frei verfügen kann, also die sonst eintretende Anwachsung oder Ersatzberufung ausschließen, ja u.U. sogar de... |