Rz. 49
Die wohl am meisten verwendete Pflichtteilsklausel ist die sog. Ausschlussklausel. Durch diese wird derjenige Abkömmling, der im ersten Erbfall seinen Pflichtteilsanspruch verlangt hat, von der Schlusserbfolge nach dem Längerlebenden der Eltern ausgeschlossen. Sie soll also in erster Linie eine Abschreckungswirkung entfalten. Dabei kann man weiter danach unterscheiden, ob die enterbende Wirkung automatisch mit der Pflichtteilsgeltendmachung oder dem sonstigen zu sanktionierenden Verhalten des illoyalen Kindes eintritt oder nur eine spätere enterbende Verfügung des Längerlebenden der Eltern ermöglicht wird.
aa) Automatische Ausschlussklausel
Rz. 50
Hier tritt die enterbende Wirkung automatisch mit dem Pflichtteilsverlangen oder dem sonstigen zu sanktionierenden Verhalten des Pflichtteilsberechtigten ein. Aus dieser Automatik können sich aber auch erhebliche Gefahren ergeben:
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Es ist klar zu formulieren, welches Verhalten des Pflichtteilsberechtigten zum Wegfall seiner Erbenstellung führt. |
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Ist die enterbende Wirkung bereits einmal eingetreten, so kann diese auch im Einverständnis mit den Abkömmlingen u.U. nicht wieder rückgängig gemacht werden, wenn der Anteil des illoyalen Abkömmlings den anderen Schlusserben oder Ersatzerben bindend zufällt. Eine solche bindende Automatik verhindert, dass der Längerlebende individuell auf die entsprechende Lebenssituation reagieren kann. So kann z.B. die Pflichtteilsgeltendmachung im ersten Erbfall aus erbschaftsteuerlichen Gründen bei großen Nachlässen im Interesse der ganzen Familie gewünscht sein. |
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Bei der Schlusserbenstellung treten erhebliche konstruktive Schwierigkeiten ein, falls zu diesem Zeitpunkt die Pflichtteilsgeltendmachung nach dem Erstversterbenden noch möglich ist (also bis zum Verzicht oder zur Verjährung). In diesem Fall sind die Abkömmlinge zunächst nur (konstruktive) Vorerben, die anderen, möglicherweise loyalen Kinder Nacherben. Erst mit endgültigem Bedingungseintritt oder -ausfall steht die Erbfolge endgültig fest. |
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Sofern Grundbesitz zum Nachlass der Ehegatten gehört, wird die Nachweiswirkung eines beurkundeten Testaments oder Erbvertrags gemäß § 35 Abs. 1 S. 2 GBO beeinträchtigt. Das Grundbuchamt wird in einem solchen Fall regelmäßig in Ergänzung zur eröffneten Verfügung eine eidesstattliche Versicherung der Erben oder sogar einen Erbschein verlangen, um auszuschließen, dass im ersten Todesfall ein Pflichtteilsanspruch geltend gemacht wurde. |
Rz. 51
Der Vorteil automatisch wirkender Ausschlussklauseln kann dagegen darin bestehen, dass
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dem Längerlebenden gerade kein Entscheidungsspielraum gegeben wird, insbesondere wenn der längerlebende Ehegatte labil und leicht beeinflussbar erscheint; |
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der letzte Wille beider Ehegatten durchgesetzt wird, wenn der Längerlebende nach einem Pflichtteilsverlangen eines Kindes nicht mehr zum Testieren kommt, etwa bei einem testierunfähigen Erblasser. |
Rz. 52
Auf alle Fälle sollten Tatbestand und Rechtsfolgen möglichst klar und konkret abgefasst werden. Hinsichtlich der Voraussetzungen sollte bedacht werden, dass
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der Pflichtteilsanspruch auch von Dritten geltend gemacht werden kann, die ihn nach Eintritt des ersten Erbfalls vom Pflichtteilsberechtigten geerbt oder als Sozialhilfeträger übergeleitet haben, weshalb klargestellt werden sollte, dass in solchen Fällen dies nicht zu Lasten des Pflichtteilsberechtigten im zweiten Erbfall gehen darf; |
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in steuerlicher Hinsicht u.U. die Geltendmachung des Pflichtteils zu einer erheblichen Entlastung bei der Erbschaftsteuer führen und damit mitunter auch im Interesse des längerlebenden Ehegatten liegen kann; |
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das Eingreifen einer solchen Klausel nach h.M. das Vorliegen eines (ungeschriebenen) subjektiven Tatbestandsmerkmals voraussetzt. Daher sollte die Bezeichnung "Strafklausel" vermieden werden, ansonsten besteht die Gefahr, dass die gewünschte Sanktion erst bei einem "bewussten" oder gar erst "böswilligen Auflehnen" eintritt. |
Rz. 53
Als Tatbestandsvoraussetzungen für das Eingreifen einer Pflichtteilsklausel werden dabei in der Praxis verschiedene Formulierungen diskutiert. Schlagwortartig kann man dabei mit Braun wie folgt unterscheiden:
"Verlangen des Pflichtteils" u.U. ergänzt um die Wendung: "gegen den Willen des überlebenden Ehegatten" |
Auch bei notariell beurkundeten Verfügungen von Todes wegen nach der Rspr. auslegungsbedürftig. Ist gemeint:
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Auskunftsverlangen? |
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Geltendmachung des Wertermittlungsanspruchs? |
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einfache Zahlungsaufforderung? |
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die Mahnung? |
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das Geltendmachen von Sicherungsrechten? |
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erst Rechtshängigmachen des Pflichtteilsanspruchs? |
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"Verlangen und erhalten" |
Birgt die Gefahr einer einseitigen Bevorzugung bestimmter Abkömmlinge, wenn der Überlebende von sich aus – d.h. ohne vorheriges Verlangen – einen Abkömmling auszahlt. |
"Verlangen oder erhalten" |
Schließt eine einvernehmliche Pflichtteilserfüllung zur Ausnutzung erbschaftsteuerlicher Vorteile aus, da dies zum Ausschluss im Schlusserbfall führen würde. |
"Anspru... |