1. Grundsätze
Rz. 3
Die nach dem UmwG zu beurteilenden Vorgänge werden regelmäßig Betriebsübergänge darstellen. Die Regelung des § 35a Abs. 2 UmwG stellt insoweit klar, dass § 613a Abs. 1, 4 bis 6 BGB durch die Wirkungen der Eintragung einer Verschmelzung, Spaltung oder Vermögensübertragung unberührt bleiben. Der Verweis bezieht sich auf den Übergang der Arbeitsverhältnisse und deren inhaltlichen Bestandsschutz (Abs. 1), den Kündigungsschutz (Abs. 4) sowie die Regelungen zur Unterrichtung und zum Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer (Abs. 5 und 6). Mit der Vorschrift des § 35a Abs. 2 UmwG ist damit klargestellt, dass bei allen relevanten Umwandlungen von einer uneingeschränkten Anwendbarkeit des § 613a Abs. 1 und 4 bis 6 BGB auszugehen ist. Auch in Fällen der Gesamtrechtsnachfolge kommt damit § 613a BGB zur Anwendung und scheitert nicht an dem fehlenden Merkmal einer Übertragung "durch Rechtsgeschäft". Allerdings bedeutet dies nicht, dass die Rechtsfolgen des § 613a BGB nun in allen Fällen einer Unternehmensumwandlung automatisch eintreten. Vielmehr muss in jedem Fall gesondert geprüft werden, ob ein Betriebsübergang tatsächlich vorliegt, wenn auch im Wege der sog. Gesamtrechtsnachfolge. Es handelt sich damit also um eine Rechtsgrund- und nicht um eine Rechtsfolgenverweisung. Die Voraussetzungen des Betriebsübergangs, insbesondere der Übergang eines Betriebs und/oder Betriebsteils, bestimmen sich daher bei Unternehmensumwandlungen nach § 613a Abs. 1 S. 1 BGB, so dass auf diese Ausführungen umfassend verwiesen werden kann (vgl. § 10 Rdn 1 ff.).
2. Sonderfall: Widerspruch des Arbeitnehmers bei Verschmelzung/Aufspaltung
Rz. 4
Das von der Rechtsprechung entwickelte Widerspruchsrecht (dazu allg. vgl. § 10 Rdn 34 ff.) gilt grundsätzlich auch im Falle einer Umwandlung, § 35a Abs. 2 UmwG i.V.m. § 613a Abs. 6 BGB. Umstritten ist dabei jedoch im Einzelnen, ob dies auch im Falle einer Verschmelzung bzw. Aufspaltung gilt, denn für diesen Sonderfall der Umwandlung hört der bisherige Arbeitgeber auf zu existieren mit der weiteren Folge, dass ein nicht existenter Arbeitgeber auch nicht mehr kündigen kann. Aufgrund dieser schon ungewöhnlichen Konstellation werden in der arbeitsrechtlichen Literatur die unterschiedlichsten Ansichten vertreten. Nachdem höchstrichterliche Rechtsprechung dazu lange ausstand, hat das BAG entschieden, dass ein Widerspruchsrecht nicht besteht, wenn das Arbeitsverhältnis wegen gesellschaftsrechtlicher Gesamtrechtsnachfolge auf einen neuen Arbeitgeber übergegangen ist. Stattdessen soll dem Arbeitnehmer, der nicht bei dem neuen Arbeitgeber arbeiten will, ein außerordentliches Kündigungsrecht zustehen.
Rz. 5
Praxishinweis
Das europarechtlich vorgegebene Widerspruchsrecht wird man dem Arbeitnehmer auch in den Fällen der Verschmelzung bzw. Aufspaltung nicht aberkennen können. Widerspricht aber der Arbeitnehmer nach der Umwandlung, verbleibt sein Arbeitsverhältnis dennoch bei dem neuen Arbeitgeber und dieser ist dann zum Ausspruch einer betriebsbedingten ordentlichen Kündigung berechtigt; ein fristloses Kündigungsrecht besteht nicht. Weigert sich allerdings der Arbeitnehmer, für die Dauer der Kündigungsfrist bei dem neuen Arbeitgeber/Rechtsträger zu arbeiten, wird er regelmäßig seine Lohnansprüche nach § 615 S. 2 BGB verlieren. Umgekehrt hat selbstverständlich der Arbeitnehmer ein fristloses Lösungsrecht, denn eine Verpflichtung zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit einem fremden Rechtsträger besteht nicht.