A. Einführung
Rz. 1
Der Begriff der Unternehmensumwandlung stammt aus dem Umwandlungsgesetz (UmwG), das am 1.1.1995 in Kraft getreten und zuletzt zum 1.3.2023 an die Vorgaben der europäischen Richtlinie 2019/2121 (Umwandlungsrichtlinie) angepasst worden ist. Das UmwG ist in erster Linie ein gesellschaftsrechtliches Gesetz. Es regelt Strukturänderungen am Unternehmen, nicht im Unternehmen. Im Grundsatz gelten auch bei der Unternehmensumwandlung die allgemeinen arbeitsrechtlichen Regeln. Dennoch berührt auch das Umwandlungsrecht die arbeitsrechtliche Stellung der Arbeitnehmer und der Betriebsvertretungen. In das UmwG wurden deshalb zunächst in den §§ 322 bis 324 Vorschriften aufgenommen, die die arbeitsrechtliche und kündigungsrechtliche Stellung der betroffenen Arbeitnehmer regeln sollen. Seit der Novellierung des UmwG zum 1.3.2023 finden sich diese Regelungen nunmehr in §§ 35a, 132 UmwG. § 35a UmwG überführt dabei in Abs. 1 ohne inhaltliche Änderungen die Bestimmungen des § 323 Abs. 2 UmwG und in Abs. 2 die Vorschrift des § 324 UmwG. Ebenfalls ohne inhaltliche Änderungen überführt § 132 Abs. 1 UmwG den früheren § 322 UmwG. § 132 Abs. 2 UmwG bildet den ehemaligen § 323 Abs. 1 UmwG inhaltlich unverändert ab. Soweit in diesen Vorschriften spezielle Abweichungen von den allgemeinen Regeln des Kündigungsschutzrechts normiert sind, werden diese nachfolgend dargestellt. Dabei kann, da der Gesetzgeber mit der Neuregelung keine inhaltliche Änderung bezweckt hat, auf die bestehende Rechtsprechung und Literatur zurückgegriffen werden. Für die gesellschaftsrechtliche Bedeutung des Umwandlungsrechts selbst muss hingegen auf die Spezialliteratur verwiesen werden.
B. Arten der Umwandlung
Rz. 2
Dem UmwG liegt ein Numerus clausus der Umwandlungsarten zugrunde. Es gilt daher die in § 1 UmwG aufgeführte abschließende Aufzählung, nämlich:
C. Kündigungsschutz bei Umwandlungen
I. Umwandlungsrecht und Betriebsübergang
1. Grundsätze
Rz. 3
Die nach dem UmwG zu beurteilenden Vorgänge werden regelmäßig Betriebsübergänge darstellen. Die Regelung des § 35a Abs. 2 UmwG stellt insoweit klar, dass § 613a Abs. 1, 4 bis 6 BGB durch die Wirkungen der Eintragung einer Verschmelzung, Spaltung oder Vermögensübertragung unberührt bleiben. Der Verweis bezieht sich auf den Übergang der Arbeitsverhältnisse und deren inhaltlichen Bestandsschutz (Abs. 1), den Kündigungsschutz (Abs. 4) sowie die Regelungen zur Unterrichtung und zum Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer (Abs. 5 und 6). Mit der Vorschrift des § 35a Abs. 2 UmwG ist damit klargestellt, dass bei allen relevanten Umwandlungen von einer uneingeschränkten Anwendbarkeit des § 613a Abs. 1 und 4 bis 6 BGB auszugehen ist. Auch in Fällen der Gesamtrechtsnachfolge kommt damit § 613a BGB zur Anwendung und scheitert nicht an dem fehlenden Merkmal einer Übertragung "durch Rechtsgeschäft". Allerdings bedeutet dies nicht, dass die Rechtsfolgen des § 613a BGB nun in allen Fällen einer Unternehmensumwandlung automatisch eintreten. Vielmehr muss in jedem Fall gesondert geprüft werden, ob ein Betriebsübergang tatsächlich vorliegt, wenn auch im Wege der sog. Gesamtrechtsnachfolge. Es handelt sich damit also um eine Rechtsgrund- und nicht um eine Rechtsfolgenverweisung. Die Voraussetzungen des Betriebsübergangs, insbesondere der Übergang eines Betriebs und/oder Betriebsteils, bestimmen sich daher bei Unternehmensumwandlungen nach § 613a Abs. 1 S. 1 BGB, so dass auf diese Ausführungen umfassend verwiesen werden kann (vgl. § 10 Rdn 1 ff.).
2. Sonderfall: Widerspruch des Arbeitnehmers bei Verschmelzung/Aufspaltung
Rz. 4
Das von der Rechtsprechung entwickelte Widerspruchsrecht (dazu allg. vgl. § 10 Rdn 34 ff.) gilt grundsätzlich auch im Falle einer Umwandlung, § 35a Abs. 2 UmwG i.V.m. § 613a Abs. 6 BGB. Umstritten ist dabei jedoch im Einzelnen, ob dies auch im Falle einer Verschmelzung bzw. Aufspaltung gilt, denn für diesen Sonderfall der Umwandlung hört der bisherige Arbeitgeber auf zu existieren mit der weiteren Folge, dass ein nicht existenter Arbeitgeber auch nicht mehr kündigen kann. Aufgrund dieser schon ungewöhnlichen Konstellation werden in der arbeitsrechtlichen Literatur die unterschiedlichsten Ansichten vertreten. Nachdem höchstrichterliche Rechtsprechung dazu lange ausstand, hat das BAG entschieden, dass ein Widerspruchsrecht nicht besteht, wenn das Arbeitsverhältnis wegen ge...