Rz. 90
Wird im streitigen Verfahren der Widerspruch gegen den Mahnbescheid zurückgenommen, was nach § 697 Abs. 4 ZPO bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung, allerdings nicht nach Erlass eines Versäumnisurteils, noch möglich ist, erlässt das Streitgericht den Vollstreckungsbescheid (§ 699 Abs. 1 S. 3 ZPO). Gebührenrechtlich wird die Sache dennoch in das Mahnverfahren "zurückversetzt", sodass der Anwalt die Gebühr der Nr. 3308 VV erhält. Die im streitigen Verfahren angefallene Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV oder Nr. 3101 VV bleibt dagegen bestehen.
Beispiel 58: Mahnverfahren mit Erlass des Vollstreckungsbescheids durch das Prozessgericht nach Rücknahme des Widerspruchs
Der Anwalt erhält den Auftrag für ein Mahnverfahren über 7.500,00 EUR. Der Antragsgegner legt fristgerecht Widerspruch ein. Nach Abgabe an das zuständige LG wird nach Anspruchsbegründung aber vor mündlicher Verhandlung der Widerspruch zurückgenommen. Das LG erlässt daraufhin antragsgemäß den Vollstreckungsbescheid.
Mit der Rücknahme des Widerspruchs wird die Sache wieder in das Mahnverfahren zurückversetzt, sodass dort wiederum die Vollstreckungsbescheidgebühr (Nr. 3308 VV) anfallen kann. Die im streitigen Verfahren verdienten Gebühren bleiben dagegen erhalten. Zu beachten ist allerdings die Anrechnung (Anm. zu Nr. 3305 VV).
I. |
Mahnverfahren |
1. |
1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3305 VV |
|
502,00 EUR |
|
(Wert: 7.500,00 EUR) |
|
|
2. |
0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3308 VV |
|
251,00 EUR |
|
(Wert: 7.500,00 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
773,00 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
146,87 EUR |
Gesamt |
|
919,87 EUR |
II. |
Streitiges Verfahren |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
652,60 EUR |
|
(Wert: 7.500,00 EUR) |
|
|
2. |
anzurechnen gem. Anm. zu Nr. 3305 VV, |
|
– 502,00 EUR |
|
1,0 aus 7.500,00 EUR |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
170,60 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
32,41 EUR |
Gesamt |
|
203,01 EUR |
Rz. 91
Vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber, ist dem Grunde nach ebenso zu rechnen. Für die Verfahrensgebühr der Nr. 3100 VV fällt die Erhöhung nach Nr. 1008 VV an, nicht aber für die spätere Vollstreckungsbescheidgebühr. Es greift auch hier der Ausschluss der Anm. S. 2 zu Nr. 3308 VV.
Beispiel 59: Mahnverfahren mit Erlass des Vollstreckungsbescheids durch das Prozessgericht nach Rücknahme des Widerspruchs, mehrere Auftraggeber
Der Anwalt erhält von zwei Gesamtgläubigern den Auftrag für ein Mahnverfahren über 7.500,00 EUR. Der Antragsgegner legt fristgerecht Widerspruch ein. Nach Abgabe an das zuständige LG wird vor mündlicher Verhandlung der Widerspruch zurückgenommen. Das LG erlässt daraufhin antragsgemäß den Vollstreckungsbescheid.
Mahnverfahrensgebühr (Nr. 3305 VV) und Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) erhöhen sich nach Nr. 1008 VV. Die Gebühr für den Vollstreckungsbescheid erhöht sich nicht (Anm. S. 2 zu Nr. 3308 VV).
I. |
Mahnverfahren |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nrn. 3305, 1008 VV |
|
652,60 EUR |
|
(Wert: 7.500,00 EUR) |
|
|
2. |
0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3308 VV |
|
251,00 EUR |
|
(Wert: 7.500,00 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
923,60 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
175,48 EUR |
Gesamt |
|
1.099,08 EUR |
II. |
Streitiges Verfahren |
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV |
|
803,20 EUR |
|
(Wert: 7.500,00 EUR) |
|
|
2. |
anzurechnen gem. Anm. zu Nr. 3305 VV, |
|
– 652,60 EUR |
|
1,3 aus 7.500,00 EUR |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
4. |
Zwischensumme |
170,60 EUR |
|
5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
32,41 EUR |
Gesamt |
|
203,01 EUR |
Rz. 92
Hatte der Mandant das Mahnverfahren selbst betrieben, ist dem Grunde nach ebenso zu rechnen. Es fällt jetzt lediglich keine Mahnverfahrensgebühr nach Nr. 3305 VV an, die folglich auch nicht anzurechnen ist.
Beispiel 60: Mahnverfahren mit Erlass des Vollstreckungsbescheids durch das Prozessgericht, Beauftragung des Anwalts erst im streitigen Verfahren
Der Antragsteller hatte selbst den Erlass eines Mahnbescheids über 7.500,00 EUR erwirkt. Der Antragsgegner hatte dagegen fristgerecht Widerspruch eingelegt. Nach Abgabe an das zuständige LG wird der Anwalt mit der Prozessführung beauftragt. Vor mündlicher Verhandlung nimmt der Beklagte den Widerspruch zurück. Das LG erlässt daraufhin auf Antrag des Anwalts den Vollstreckungsbescheid.
Der Anwalt erhält zunächst die Gebühren des streitigen Verfahrens. Anschließend wird das Verfahren in das Mahnverfahren "zurückversetzt". Die Mahnverfahrensgebühr der Nr. 3305 VV hat der Anwalt jedoch nicht verdient, sondern nur noch die Gebühr für den Antrag auf Erlass des Vollstreckungsbescheids (Nr. 3308 VV) nebst Auslagen. Eine Anrechnung findet nicht statt.
I. |
Streitiges Verfahren |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100 VV |
|
652,60 EUR |
|
(Wert: 7.500,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
672,60 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
127,79 EUR |
Gesamt |
|
800,39 EUR |
II. |
Mahnverfahren |
1. |
0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3308 VV |
|
251,00 EUR |
|
(Wert: 7.500,00 E... |