Dr. Tobias Eberl, Dr. Maximilian Haag
Rz. 3
Zivilrechtlich gibt es zahlreiche Gestaltungsüberlegungen, die einen Anwendungsbereich für die stille Gesellschaft eröffnen.
Rz. 4
Ausgangspunkt ist zunächst der Begriff "stille Gesellschaft", der auf das wesentliche Motiv der Geheimhaltung hindeutet. Sowohl aufseiten des stillen Gesellschafters als auch aufseiten des Geschäftsinhabers kann ein Interesse daran bestehen, dass die Beteiligung des stillen Gesellschafters am Handelsgeschäft nicht nach außen bekannt wird, bspw. um externen Finanzbedarf des Geschäftsinhabers zu verbergen. Bestimmten Personen kann auch wegen ihres Berufes oder ihrer gesellschaftlichen Stellung das Betreiben eines Handelsgewerbes verboten sein; eine atypische stille Gesellschaft bietet dann die Möglichkeit, den Geschäftsinhaber nur als Strohmann einzusetzen und sich weitgehende Leitungsbefugnisse und die wirtschaftliche Inhaberschaft vorzubehalten. In anderen Fällen, bspw. bei Apotheken, ist eine Beteiligung von Mitgesellschaftern im Wege einer Außengesellschaft auch gesetzlich unzulässig.
Rz. 5
Die stille Gesellschaft bietet weiter den Vorteil, dass einerseits der stille Gesellschafter tatsächlich Gesellschafter und nicht bloß Gläubiger ist, andererseits aber die Gesellschafterstellung sowie alle daran anknüpfenden Rechte und Pflichten weitgehend frei ausgestaltet werden können. Dies ist gerade bei Unternehmensbeteiligungen ein wichtiges Kriterium. Je nach Interessenschwerpunkt lassen sich durch die stille Gesellschaft Kapitalbeteiligungen mit mehr oder weniger starken Mitwirkungs- und Kontrollrechten für die Investoren konstruieren. Die Investoren erhalten dabei regelmäßig eine höhere Verzinsung ihres Kapitals als bei vielen klassischen Anlagetypen, gleichzeitig kann eine stille Beteiligung mit angemessenen Kontroll-, Mitwirkungs- und Auflösungsrechten aber eine verhältnismäßig gute Absicherung bieten.
Rz. 6
Da sich das Verlustrisiko auf das eingesetzte Kapital beschränken lässt, ist die stille Gesellschaft für den Gesellschafter auch eine Möglichkeit, sich aus der aktiven Geschäftstätigkeit zurückzuziehen, das Kapital bei angemessener Gewinnbeteiligung aber noch bei der Gesellschaft zu belassen. Anders als bei einer KG kann die stille Einlage auch leichter aus dem Handelsgeschäft wieder abgezogen werden (wegen Einlagenrückgewähr ohne Haftungsrisiko).
Rz. 7
Schließlich eröffnet eine Behandlung des durch die stille Beteiligung zugeführten Kapitals als Eigenkapital zusätzliche Finanzierungsspielräume. Staatliche Fördergelder werden deshalb häufig als stille Beteiligungen gewährt. Bei Kreditinstituten führt die Ausweitung der Eigenkapitalquote auch zu einer Ausweitung der Kreditvergabemöglichkeiten.
Rz. 8
Die stille Gesellschaft ist darüber hinaus vergleichsweise einfach zu handhaben, sie kann meist formlos begründet und übertragen werden, Beurkundungs- oder Anmeldungspflichten bestehen nur in Ausnahmefällen. Überhaupt enthält das Gesetz nur wenige zwingende Verfahrensvorschriften und eröffnet damit zahlreiche individuelle Gestaltungsmöglichkeiten.
Rz. 9
Beliebt ist die stille Beteiligung auch als Familiengesellschaft und im Rahmen der Unternehmensnachfolge bzw. vorweggenommenen Erbfolge, insb. aufgrund der Trennung zwischen vermögensmäßiger Beteiligung und Geschäftsführung. Der Geschäftsinhaber kann seine Kinder oder Familienmitglieder bereits wirtschaftlich am Vermögen seines Geschäfts beteiligen, ohne die Leitung aufgeben oder übertragen zu müssen. Sollen nach dem Tod des Geschäftsinhabers nur bestimmte Nachkommen die Geschäftsführung des vererbten Unternehmens übernehmen, die übrigen Erben aber vermögensmäßig nicht benachteiligt werden, bietet sich auch hier die Einräumung stiller Beteiligungen an, die dann getrennt vom Unternehmen vererblich sind. Dem Einsatz der stillen Gesellschaft sind damit nur durch die Fantasie der Beteiligten und Berater Grenzen gesetzt.