Dr. Tobias Eberl, Dr. Maximilian Haag
a) Kündigung
aa) Ordentliche Kündigung
Rz. 171
Nach § 234 Abs. 1 HGB i.V.m. § 132 Abs. 1 HGB ist eine auf unbestimmte Zeit eingegangene stille Gesellschaft ordentlich kündbar. Die Kündigungsfrist beträgt 6 Monate zum Ende eines Geschäftsjahres. Eine stille Gesellschaft ist allerdings nicht schon immer dann auf unbestimmte Dauer eingegangen, wenn im Gesellschaftsvertrag kein Endzeitpunkt festgelegt ist, da sich eine zeitliche Begrenzung bspw. auch aus dem Gesellschaftszweck der Gesellschaft ergeben kann. Wird eine auf bestimmte Zeit abgeschlossene stille Gesellschaft nach Ablauf dieser Zeit mangels Kündigung fortgesetzt, fehlt es zukünftig an einer unbestimmten Dauer, wenn die Fortsetzung jeweils nur für einen festgesetzten Zeitraum erfolgt.
Rz. 172
Das ordentliche Kündigungsrecht ist wegen § 234 HGB dann ausgeschlossen, wenn die Gesellschaft auf bestimmte Zeit eingegangen ist.
Hinweis
Das Kündigungsrecht darf aber nicht faktisch auf unbegrenzte Zeit ausgeschlossen werden, indem die stille Gesellschaft bspw. auf 300 Jahre abgeschlossen wird (auch wenn sie formal in diesem Fall nicht auf unbestimmte Zeit eingegangen wäre). In der Rspr. wurden bisher Vertragsbindungen von 30 Jahren anerkannt, soweit nicht weitere vertragliche Klauseln (z.B. Ausschluss der Auszahlung des Gewinnanteils) oder sonstige Umstände auch diese 30 Jahre unzumutbar machen oder die Laufzeit der Gesellschaft der Lebenserwartung des stillen Gesellschafters nahe kommt oder diese sogar übersteigt.
Rz. 173
Das ordentliche Kündigungsrecht kann – ebenso wie die Kündigungsfristen – durch den Gesellschaftsvertrag modifiziert werden, ein vollständiger Ausschluss ist jedoch unzulässig. Auch hier haben sich die Gerichte nicht auf eine formale Betrachtungsweise beschränkt, sondern Umgehungsversuche durch eine wirtschaftliche Betrachtung zu verhindern versucht.
Rz. 174
Die Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige und formlose Willenserklärung und kann deshalb nicht einseitig zurückgenommen werden. Schuldrechtlich können sich die Parteien aber so stellen, als ob eine Kündigung nicht stattgefunden hat.
Rz. 175
Das Kündigungsrecht unterliegt den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten. Die Kündigung ist daher insb. nach § 234 Abs. 1 HGB i.V.m. § 132 Abs. 5 HGB unzulässig, wenn sie zur Unzeit ausgesprochen wird. Etwas anderes kann bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gelten (§ 132 Abs. 2 HGB). Besonderheiten gelten bei der Kündigung in einer Publikumsgesellschaft.
bb) Außerordentliche Kündigung
Rz. 176
Nach § 234 Abs. 1 HGB i.V.m. § 132 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 HGB kann eine stille Gesellschaft, unabhängig davon, ob sie auf unbestimmte oder bestimmte Zeit eingegangen ist, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ohne Einhaltung einer Frist außerordentlich gekündigt werden. Dies gilt bereits vor Invollzugsetzung der Gesellschaft. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung kann im Gesellschaftsvertrag wegen § 132 Abs. 6 HGB nicht ausgeschlossen werden, ebenso ist eine unangemessene Erschwerung dieses Rechts unzulässig.
Rz. 177
Ein wichtiger Grund ist dann gegeben, wenn die Fortsetzung der stillen Gesellschaft dem kündigenden Gesellschafter unter Berücksichtigung der Interessen der Mitgesellschafter unzumutbar geworden ist. Dies ist in einer Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen. In jedem Fall ist die fristlose Kündigung aber stets ultima ratio, die durch ein milderes, aber gleich wirksames Mittel verdrängt wird.
Rz. 178
Das Vorliegen eines wichtigen Grundes hat der Kündigende zu beweisen. Was ein wichtiger Grund ist, kann bspw. im Gesellschaftsvertrag geregelt werden. In Lit. und Rspr. werden darüber hinaus eine Vielzahl weiterer Einzelfälle angeführt.
Beispiele
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Störung des Vertrauensverhältnisses, |
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Verletzung oder Unmöglichkeit einer Beitragspflicht, |
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Verletzung von wesentlichen Geschäftsführungspflichten, |
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wesentliche Änderung der Grundlagen oder der Rechtsform des Unternehmens, |
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missbräuchliche oder zweckfremde Verwendung der Vermögenseinlage, |
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dauernde Unrentabilität oder Einstellung des Geschäftsbetriebs. |
Rz. 179
Ist ein wichtiger Grund nicht gegeben, kann eine unwirksame außerordentliche Kündigung regelmäßig nach § 140 BGB in eine ordentliche Kü...