Dr. Tobias Eberl, Dr. Maximilian Haag
a) Fremdnützige Treuhand
Rz. 384
Bei der fremdnützigen (uneigennützigen) Treuhand handelt der Treugeber zwar in eigenem Namen, wirtschaftlich aber im Interesse des Treugebers. Häufigste Form der der fremdnützigen Treuhand ist die sog. Verwaltungstreuhand, bei der ein Treuhänder nach dem Treuhandvertrag die Rechte aus dem Gesellschaftsanteil im Interesse des Treugebers ausüben soll. Auf der Grundlage eines Auftrags oder eines Geschäftsbesorgungsvertrages vermittelt der (weisungsabhängige) Treuhänder dem Treugeber eine wirtschaftliche Beteiligung an der Gesellschaft.
Hinweis
In der Praxis findet sich die Verwaltungstreuhand häufig bei Publikumstreuhandgesellschaften, bei denen zahlreiche Kapitalanleger anstelle von Kommanditanteilen Treuhandanteile zeichnen, sowie bei der sog. Strohmann-Gründung.
b) Eigennützige Treuhand
Rz. 385
Bei der eigennützigen Treuhand steht nicht das Interesse des Treugebers, sondern das Interesse des Treuhänders im Vordergrund. Die häufigste Form der eigennützigen Treuhand ist die sog. Sicherungstreuhand, bei der ein Gesellschaftsanteil zur Sicherung einer Forderung treuhänderisch an einen Gläubiger als Treuhänder abgetreten wird. Der Treuhänder verfolgt hier primär keine gemeinsamen mitunternehmerischen Interessen, vielmehr geht es ihm um die Verwendung der Beteiligung im eigenen Interesse als Kreditsicherungsmittel. Eine Sicherungstreuhand kann dabei nicht nur durch Übertragung des Treuguts vom Treuhänder auf den Treugeber entstehen, sondern auch dann, wenn die Gesellschafterstellung unmittelbar in der Person des Treuhänders begründet wird. Praktische Beispiele für die Sicherungstreuhand sind die Beteiligungsfinanzierung durch Dritte, denen der Gesellschaftsanteil zur Sicherheit übertragen wird, oder die lediglich treuhänderische Beteiligung eines Erwerbers bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung.
Rz. 386
Eine weitere Variante der eigennützigen Treuhand ist die Nutzungstreuhand, durch die dem Treuhänder, ähnlich einem Nießbraucher, ein Nutzungsrecht an dem Gesellschaftsanteil eingeräumt wird. Anders als beim Nießbrauch ist der Treuhänder jedoch nicht auf ein bloßes dinglich gesichertes Gewinnbeteiligungsrecht beschränkt, sondern aufgrund der Vollrechtsübertragung selbst Gesellschafter mit allen Rechten und Pflichten. Im Innenverhältnis ggü. dem Treugeber ist seine Stellung dann allerdings schuldrechtlich auf das vereinbarte Nutzungsrecht beschränkt.
c) Doppeltreuhand
Rz. 387
Eine sog. Doppeltreuhand liegt vor, wenn der Treuhänder den Gesellschaftsanteil entweder sowohl in eigenem als auch in fremdem Interesse oder im Interesse mehrerer Personen hält. Zum Schutze des Treugebers muss sich in diesem Fall allerdings aus der Treuhandvereinbarung klar ergeben, dass der Treuhänder nicht nur die Interessen dieses Treugebers, sondern auch eigene Interessen oder die Interessen Dritter wahrnimmt. Darüber hinaus sind standesrechtliche und gegebenenfalls sogar strafrechtliche (§ 356 StGB) Beschränkungen zu beachten.
Rz. 388
Praktische Anwendungsfälle für die Doppeltreuhand finden sich bei der Veräußerung von Geschäftsanteilen unter Einschaltung eines sog. Escrow Agent oder bei komplexeren Finanzierungsstrukturen, wie besicherten Konsortialverträgen. Beim Escrow Agent wird ein Gesellschaftsanteil vom Veräußerer zunächst auf einen Treuhänder übertragen, der den Anteil erst bei vollständiger Kaufpreiszahlung an den Erwerber überträgt, den hinterlegten Kaufpreis erst bei Übertragung des Gesellschaftsanteils an den Veräußerer ausschüttet oder als Sicherheit für Mängelansprüche hinterlegte Kaufpreisteile verwaltet.