Dr. Tobias Eberl, Dr. Maximilian Haag
a) Allgemeines
Rz. 186
Nach Auflösung der Gesellschaft hat sich der Inhaber des Handelsgeschäfts mit dem stillen Gesellschafter auseinanderzusetzen und dessen Guthaben auszuzahlen (§ 235 Abs. 1 HGB). Die Auseinandersetzung dient dabei der Ermittlung, ob und ggf. in welcher Höhe dem stillen Gesellschafter (unter Berücksichtigung seiner Einlage und des laufenden Gewinns oder Verlusts) ein Zahlungsanspruch gegen den Geschäftsinhaber zusteht. Die Auseinandersetzung soll dabei unterschiedliche wechselseitige Ansprüche zusammenfassen und zu bloßen Rechnungsposten im Rahmen eines einheitlichen Auseinandersetzungsanspruchs machen. Da die stille Gesellschaft eine bloße Innengesellschaft ist und mangels gesamthänderisch gebundenem Gesellschaftsvermögen keine echte Vermögensauseinandersetzung stattfindet, sind die §§ 712 Abs. 1, 728, 728a BGB auf die typische stille Gesellschaft nicht anwendbar. Ihre Auflösung und Auseinandersetzung ist deshalb keine echte Liquidation, sondern ähnelt eher dem Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehenden Gesamthandsgesellschaft (wobei hier das Handelsgeschäft fortbesteht).
Rz. 187
Die Abwicklung der schuldrechtlichen Beziehungen zwischen Geschäftsinhaber und stillem Gesellschafter erfolgt nach einer auf den Auflösungsstichtag aufzustellenden Bilanz. Bei der typischen stillen Gesellschaft ist dies eine reine Erfolgsbilanz, bei der atypischen stillen Gesellschaft mit Vermögensbeteiligung des stillen Gesellschafters regelmäßig eine Vermögensbilanz.
b) Ermittlung der Auseinandersetzungsforderung
Rz. 188
Die Ermittlung der Auseinandersetzungsforderung ist ebenso wie die laufende Rechnungslegung eine Geschäftsführungsmaßnahme, die mangels anderweitiger Vereinbarung in den Pflichtenbereich des Geschäftsinhabers fällt. Der stille Gesellschafter hat grds. keinen Anspruch auf Mitwirkung bei der Berechnung seines Auseinandersetzungsguthabens. Ihm stehen allerdings die allgemeinen Informations- und Kontrollrechte zu.
Rz. 189
Da § 235 HGB allgemein als dispositiv angesehen wird, besteht für die Gesellschafter der stillen Gesellschaft ein erheblicher Spielraum für vertragliche Vereinbarungen zur Auseinandersetzung und insb. zur Berechnung der Auseinandersetzungsforderung. Grenze für vertragliche Modifikationen sind einerseits § 138 BGB, andererseits das Verbot unzulässiger Beschränkung des Kündigungsrechts (indem die Kündigung durch Herabsetzung des Auseinandersetzungsguthabens unattraktiv gemacht wird).
Rz. 190
Das Auseinandersetzungsguthaben ist unverzüglich nach Auflösung der Gesellschaft auf den Auflösungsstichtag zu berechnen. Die genaue Fristlänge ist ungeklärt. Vertretbar ist wohl, auf die Fristen zur Aufstellung des Jahresabschlusses des Geschäftsinhabers abzustellen. Die Abwicklung noch schwebender Geschäfte berechtigt den Geschäftsinhaber jedoch nicht, die Berechnung der Auseinandersetzungsforderung hinauszuzögern. Wird das Auseinandersetzungsguthaben nicht fristgemäß berechnet, kann der stille Gesellschafter auf Feststellung seines Auseinandersetzungsguthabens klagen.
c) Höhe des Auseinandersetzungsguthabens
aa) Grundsatz
Rz. 191
Die Höhe des Auseinandersetzungsguthabens hängt von der Höhe der Beteiligung des stillen Gesellschafters und der Höhe des Geschäftserfolgs ab.
Rz. 192
Die Höhe der Beteiligung bestimmt, wie hoch sein Anteil an den zu verteilenden Gewinnen und ggf. auch am Geschäftsvermögen der stillen Gesellschaft ist. Sie richtet sich regelmäßig entweder nach festen Beteiligungskonten oder nach variablen, die sich durch stehengelassene Gewinne oder Verluste im Verhältnis zur ursprünglichen Einlage verändern können. Maßgeblich hierfür ist der Gesellschaftsvertrag.
Rz. 193
Bei der Ermittlung der Höhe des Geschäftserfolgs ist zwischen typischer und atypischer stiller Gesellschaft zu unterscheiden.
Rz. 194
Bei der typischen stillen Gesellschaft wird das Auseinandersetzungsguthaben nach wohl herrschender Meinung durch eine Erfolgsbilanz auf den Tag der Auflösung der Gesellschaft ermittelt. Ausgangspunkt ist zunächst der Buchwert des Einlagekontos des stillen Gesellschafters in der Bilanz des Geschäftsinhabers. Werden für ihn mehrere Einlagekonten geführt (z.B. ein festes, auf dem die vertraglich vereinbarte Einlage gutgeschrieben wird und ein variables, auf dem die laufenden Gewinn- und Verlustanteile verbucht werden), ist ein ...