Dr. Tobias Eberl, Dr. Maximilian Haag
Rz. 34
Die Abgrenzung der stillen Gesellschaft von ähnlichen Rechtsverhältnissen bereitet in der Theorie keine großen Probleme, in der Praxis ist sie allerdings oft deutlich schwieriger, da die von den Parteien gewählte Bezeichnung häufig nicht mit dem eigentlich Gewollten übereinstimmt und auch das eigentlich Gewollte nicht immer ganz leicht zu bestimmen ist.
a) Personen- und Personenhandelsgesellschaften
aa) Personengesellschaften als Außengesellschaften
Rz. 35
Die stille Gesellschaft ist eine reine Innengesellschaft, bei der weder die Gesellschaft noch der stille Gesellschafter nach außen am Rechtsverkehr teilnehmen. Auch ein gesamthänderisch gebundenes Gesellschaftsvermögen besteht nicht. Dagegen nehmen bei einer GbR in Form einer Außengesellschaft die einzelnen Gesellschafter unmittelbar am Rechtsverkehr teil, indem sie nicht nur grds. zu Geschäftsführung und Vertretung berechtigt sind, sondern den Gesellschaftsgläubigern ggü. auch unmittelbar haften. Treten Gesellschafter einer Gesellschaft in dieser Eigenschaft unternehmerisch nach außen auf oder gehen die Parteien von einem echten gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögen aus, kann die Gesellschaft nicht als stille Gesellschaft qualifiziert werden.
bb) Personengesellschaften als Innengesellschaften
Rz. 36
Bei Personengesellschaften in Form einer Innengesellschaft fehlt es wie bei der stillen Gesellschaft an einem Auftreten nach außen. Die Abgrenzung kann deshalb nur anhand der einzelnen Tatbestandsmerkmale der §§ 230 ff. HGB erfolgen. Von besonderer Bedeutung ist hier insb., dass die stille Gesellschaft nur an einem Handelsgeschäft begründet werden kann. Ist das Unternehmen des Geschäftsinhabers kein Handelsgeschäft, liegt eine stille GbR vor (auf die die §§ 230 ff. HGB allerdings analog angewendet werden).
Rz. 37
Eine besondere Form der Innengesellschaft ist die Unterbeteiligung. Während die stille Gesellschaft eine Beteiligung an einem Handelsgeschäft bzw. Unternehmen ist, besteht eine Unterbeteiligung stets an einem Gesellschaftsanteil. Vertragspartner bei der stillen Gesellschaft ist deshalb der Geschäftsinhaber, d.h. der Träger des Unternehmens. Bei der Unterbeteiligung ist dies dagegen der einzelne Gesellschafter. Eine besondere Situation kann sich allerdings dann ergeben, wenn der Gegenstand des Handelsgeschäfts (oder eines abgrenzbaren Teils davon) das Halten von Gesellschaftsbeteiligungen ist, da die stille Gesellschaft in diesem Fall faktisch einer Unterbeteiligung gleicht. Für die Abgrenzung kommt es dann entscheidend auf den jeweiligen Parteiwillen an.
cc) Personenhandelsgesellschaften
Rz. 38
Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) und stille Gesellschaft unterscheiden sich durch eine Vielzahl objektiver Kriterien, die eine klare Abgrenzung ermöglichen. Hauptmerkmale sind auch hier wieder aufseiten der stillen Gesellschaft das Fehlen von Gesellschaftsvermögen, die Nichtteilnahme am Rechtsverkehr, das Betreiben der Geschäfte im eigenen Namen des Geschäftsinhabers und die fehlende Außenhaftung des stillen Gesellschafters, aufseiten der Personenhandelsgesellschaft der Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinsamer Firma und die Teilnahme der Gesellschafter und der Gesellschaft am Rechtsverkehr. Als Außengesellschaft verfügt eine Personenhandelsgesellschaft auch über ein eigenes Gesellschaftsvermögen. Anders als bei den Personenhandelsgesellschaften kann bei der stillen Gesellschaft die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters ausgeschlossen werden, sodass seine Einlage nicht am laufenden Verlust, sondern nur am Liquidationsverlust teilnimmt. Diese Unterschiede schlagen auf das Innenverhältnis der Gesellschaften durch. Die höhere Verantwortung der Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft erfordert deshalb auch weiter gehende Verwaltungs- und Mitwirkungsrechte, als sie einem stillen Gesellschafter zustehen.
Rz. 39
Wirtschaftlich sind sich Kommanditist und stiller Gesellschafter allerdings sehr ähnlich. Diese Ähnlichkeit ist bei atypischen Ausgestaltungen der stillen Gesellschaft besonders ausgeprägt, bei denen der stille Gesellschafter dem Kommanditisten im Hinblick auf Verwaltungsrechte und Vermögensbeteiligung weitgehend angenähert ist. Entscheidender Unterschied ist in diesen Fällen stets, dass die Rechte des stillen Gesellschafters rein schuldrechtlicher Natur sind, während die Berechtigung des Kommanditisten nach §§ 161 ff. HGB auch eine dingliche ist.