Dr. Tobias Eberl, Dr. Maximilian Haag
Rz. 586
Besondere Bedeutung im Zusammenhang mit dem Ausscheiden von Gesellschaftern kommt der Festlegung der Abfindungsmodalitäten zu. Die unmittelbar fällige Verpflichtung, ein Abfindungsguthaben i.H.d. Verkehrswertes der Beteiligung (§ 728 BGB) auszuzahlen, würde die Pool-Gesellschaft sehr oft vor unüberwindbare Liquiditätsschwierigkeiten stellen. Es müssen daher im Vorfeld klare Regelungen getroffen werden, die vor einer überhöhten und zumeist der Höhe nach ungewissen Belastung schützen. Üblich ist die Aufnahme von Abfindungsklauseln in den Gesellschaftsvertrag, welche die Höhe der Abfindung sowie die Zahlungsweise festlegen (vgl. hierzu ausf. § 9 Rdn 864 ff.).
Rz. 587
Eine Abfindung zum Verkehrswert, also auf der Grundlage des vollen wirtschaftlichen Wertes der Beteiligung, wird regelmäßig nur für den Fall des freiwilligen Ausscheidens (z.B. aufgrund einer berechtigten Kündigung) vorgesehen. Zur Wertermittlung werden i.d.R. anerkannte Bewertungsmethoden herangezogen, etwa das standardisierte Ertragswertverfahren nach IDW S1 (vgl. hierzu § 9 Rdn 943). Soweit in Gesellschaftsverträgen zur Ermittlung des Verkehrswertes einer Beteiligung bislang auf das sog. Stuttgarter Verfahren Bezug genommen wurde, welches zuletzt zur Ermittlung des "gemeinen Wertes" für Zwecke der Erbschaftsteuer diente, ist zu beachten, dass dieses mit Inkrafttreten der Reform des Erbschaftssteuerrechts zum 1.1.2009 durch das sog. "vereinfachte Ertragswertverfahren" (§§ 199 ff. BewG) abgelöst worden ist.
Rz. 588
I.Ü. wird die zu gewährende Abfindung üblicherweise auf ein unterhalb des Verkehrswertes liegendes Maß begrenzt. Hierzu wurde zur Wertermittlung bislang häufig bewusst auf das Stuttgarter Verfahren verwiesen, da bei Anwendung dieser Methode meist nicht der tatsächliche Verkehrswert erreicht wird. I.Ü. ist es üblich, eine Abfindung zum Buchwert (jedoch begrenzt auf den Verkehrswert) oder zu einem oberhalb des Buchwertes liegenden Bruchteil des Verkehrswertes zu gewähren. Buchwertklauseln werden allerdings nur dann als zulässig erachtet, wenn im Zeitpunkt ihrer Vereinbarung kein grobes Missverhältnis zwischen Buch- und Verkehrswert besteht. Entsteht ein solches nachträglich, kommt eine Anpassung der Abfindung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung oder nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Betracht (vgl. hierzu ausf. § 9 Rdn 875).
Rz. 589
Zur Vermeidung einer erheblichen finanziellen Belastung der Gesellschaft sollte zudem festgelegt werden, dass die Abfindung in Raten und ohne Sicherheitsleistung, möglichst über mehrere Jahre, ausgezahlt werden kann. Das Datum der ersten Ratenzahlung sollte 4 bis 6 Monate nach der Kündigung liegen. Ferner kann vorgesehen werden, dass die Gesellschaft den Abfindungsanspruch durch Sachauskehrungen erfüllen kann, wobei im Fall einer Pool-Gesellschaft möglichst nicht Anteile an der Hauptgesellschaft an den ausscheidenden Gesellschafter ausgekehrt werden sollten.
Rz. 590
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Muster 11.21: Abfindungsklausel Personengesellschaft
(1) Das Abfindungsguthaben entspricht vorbehaltlich des Absatzes (2) grds. dem Verkehrswert der Beteiligung des jeweiligen Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen.
(2) Im Fall des Ausschlusses eines Gesellschafters beschränkt sich dessen Abfindungsguthaben auf den Buchwert seiner Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, höchstens jedoch auf deren Verkehrswert. Sollte im Einzelfall festgestellt werden, dass die Abfindungsregelung als zu niedrig, rechtsunwirksam oder unzumutbar anzusehen ist, so ist die niedrigste zulässige Abfindung zu gewähren.
(3) Das Auseinandersetzungsguthaben ist in fünf Jahresraten gleicher Höhe auszuzahlen; die erste Rate ist zum Ende des sechsten Monats nach dem Ausscheiden zur Zahlung fällig. Der jeweils ausstehende Saldo ist ab dem Tag des Ausscheidens mit zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz i.S.v. § 247 BGB zu verzinsen; die Zinsen sind mit den jeweiligen Auszahlungsraten fällig. Ein Anspruch auf Sicherheitsleistung besteht nicht.
(4) Die Gesellschaft ist berechtigt, das Auseinandersetzungsguthaben ganz oder teilweise vorzeitig zu zahlen. Statt einer Geldzahlung kann die Gesellschaft auch von ihr gehaltene Beteiligungen und sonstige Kapitalanlagewerte als Abfindung gewähren.
Rz. 591
Eine gütliche Einigung über die Abfindung kann angesichts des großen Konfliktpotenzials schwierig sein. Eine Schätzung kann erfolgen (§ 728 Abs. 2 BGB), jedoch wird regelmäßig ein Sachverständigengutachten erforderlich sein. Um die Neutralität des Gutachters zu gewährleisten, kann z.B. ein durch die Industrie- und Handelskammer bestimmter Sachverständiger den Beteiligungswert verbindlich feststellen, wenn es zu keiner Einigung kommt.